Tilke über seine Strecken: "Sind nicht alle gleich"

, 14.11.2012

Der Streckenarchitekt spricht über die Besonderheiten der neuen Bahn in Austin und erklärt, warum sein Büro immer wieder Formel-1-Pisten bauen darf

Der Circuit of The Americas (CoTA) wird über die Maßen gelobt, ehe darauf überhaupt eine offizielle Formel-1-Session gestartet worden ist. Jüngstes Beispiel: In Köln wurde die Strecke bei den Professional Motorsport World Expo Awards kürzlich als Motorsport-Anlage des Jahres ausgezeichnet. Für das US-amerikanische Prestigeprojekt zeichnet ein Deutscher verantwortlich: Hermann Tilke hat mit seinem Architekturbüro schon 65 Rennstrecken auf der ganzen Welt entworfen.

In Texas soll ein weiteres Meisterwerk entstanden sein. "Natürlich wollten wir etwas Besonderes machen, was man ja immer wieder versucht", sagt er der 'dpa'. Das Spezielle an dem 5,516 Kilometer langen Kurs in Austin ist sein Charakter als Berg- und Talbahn. "Wir haben jeden Hügel ausgenutzt, es geht andauernd berghoch und bergrunter", erklärt Tilke und geht ins Detail: "Es gibt schnelle Kurvenkombinationen, die über diese Hügel führen. Das macht es besonders interessant."

Schwierig, die Fahrer in Fehler zu verleiten

Insgesamt warten auf die Piloten Höhenunterschiede von insgesamt 31 Metern, die steilsten Rampen haben eine Neigung von 14,6 Prozent. Auch die Kölner Juroren loben den CoTA wegen seiner "topographischen Herausforderung", der großen Tribünen und dem Bemühen um Sicherheit. Wie immer ging es für Tilke darum, den Formel-1-Assen einer Herausforderung zu bieten, sie zu Fehlern zu verleiten. "Es ist schon eine der schwierigen Strecken", weiß der Aachener.

Er schränkt jedoch ein: "Das ist natürlich relativ, weil die Fahrer eben Vollprofis sind und das sehr schnell lernen." Patzer als nur im Freien Training? Tilke hofft, dass der eine oder andere Fallstrick auch noch in Qualifying und Rennen wirkt: "Es ist leicht, Fehler zu machen, und schwierig, das Auto so abzustimmen, dass es für die ganze Strecke passt", gibt er zu bedenken. Die Formel 1 jedenfalls zählt seit vielen Jahren auf den Aachener, der sich das Vertrauen von Projektinitiatoren auf der ganzen Welt so erklärt: "Wir haben eben viel Erfahrung."

Nicht alle Tilke-Strecken sind gleich

Der Name Tilke steht in der Branche für Verlässlichkeit, schließlich toleriert ein fixer Renntermin keine Verschiebungen im Zeitplan: "Das soll nicht arrogant klingen, aber wir machen vielleicht die wenigsten Fehler und bringen die verschiedenen Interessen am besten zusammen." Und trotz aller Erfahrung am Reißbrett und in Dutzenden Ländern auf der ganzen Welt gibt es dann doch noch Dinge, die Tilke und seine Mitarbeiter überraschen.

"Im Simulator haben wir festgestellt, dass man im kurvigen letzten Abschnitt sogar noch einmal überholen kann. Komischerweise, denn nach der Theorie dürfte das nicht klappen", wundert sich der Architekt im Gespräch mit 'Auto Bild motorsport'. Dass viele Fans seine Entwürfe als monoton, einfallslos und charakterlos kritisieren, geht an Tilke nicht spurlos vorbei. "Wir beschäftigen uns mit aller Kritik", sagt der 57-Jährige und wehrt sich: "Das mit der Gleichheit stimmt nicht."

Nächster Halt Sotschi

Tilke hat Verständnis dafür, dass TV-Zuschauer die Sache so bewerten: "Vielleicht sieht es von Außen so aus, aber wenn man mal die Fahrer fragt, dann ist das ganz anders." Bestimmte Elemente wie eine lange Gerade kämen immer wieder vor. Dann könne man aber nicht sagen, dass die Strecke, die folgt, auch gleich sei. "Und dass alle unsere Strecken Auslaufzonen und Sicherheitstechnik haben, daran kann man nichts machen. Niemand will doch eine Strecke, die über die Maßen gefährlich ist."

Damit am Wochenende in Austin alles glatt geht, ist ein 20-köpfiges Team mit Ingenieuren und Architekten vor Ort, um als Stand-By-Mannschaft im Notfall eingreifen zu können. Tilke ist derweil schon dabei, das nächste Projekt unter die Zeichenkohle zu nehmen: "Wir sind an Sotschi dran, die Strecke ist im Bau", spricht er über den vielleicht ersten russischen Formel-1-Kurs. "Es ist im Zeitplan, alles gut. Wir müssen für 2014 fertig sein. Ob das Rennen dann im Kalender ist, entscheiden andere."

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