Tim Goss & Paddy Lowe: Technischer Hintergrund zum McLaren MP4-25

, 30.01.2010

Chef-Ingenieur Tim Goss und Ingenieurs-Direktor Paddy Lowe sprechen im Team-Interview über die technischen Hintergründe des McLaren MP4-25.

Der MP4-25 sieht sehr anders aus als das Auto des Vorjahres - was sind die prinzipiellen Änderungen?

Tim Goss: Nach der Klarstellung bezüglich der Interpretation der Unterboden-Regeln im Vorjahr, wurde das Auto 2010 entworfen, um die aerodynamischen Vorteile, die durch den Unterboden gewonnen werden können, besser auszunutzen. Diese Interpretation führte dazu, dass wir das Layout des Hecks ändern mussten. Das Auto ist aufgrund des größeren Tanks länger als voriges Jahr und wir haben das Chassis und die Verkleidung niedriger gemacht. Das Entfernen von KERS hat Möglichkeiten beim internen Layout und der Gewichtsverteilung eröffnet. Es ist eine ziemlich andere Aerodynamik als voriges Jahr.

Die Rückenflosse, die die Motorabdeckung mit dem Heckflügel verbindet, ist sehr auffällig - was ist ihr Zweck?

Tim Goss: Die Auswirkung des größeren Benzintanks war, dass wir einige der Interna des Autos neu positionieren mussten. Ein Ergebnis davon war die Entscheidung, einige Teile des Kühlsystems zentral ins Heck des Autos zu verlegen. Die Rückenflosse ist teilweise dazu da, um die zusätzlichen Kühlleitungen zu beherbergen und teilweise eine logische Entwicklung des Hochabtriebs-Flügels, den wir voriges Jahr in Monaco hatten. Der bringt den Luftfluss effektiver an das obere Element des Heckflügels. Es sind beides recht einfache Lösungen, aber sie sind recht nett.

Was hat das Team auf menschlicher Seite während der vergangenen zwölf Monate über sich gelernt?

Paddy Lowe: Ich denke, wir haben gelernt, dass wir als Team effektiv arbeiten und bei Erfolg und Misserfolg zusammenhalten. Ich glaube, eine der besten Sachen am vorigen Jahr war die Tatsache, dass ich zu keinem Zeitpunkt im ganzen Team, seien es Anteilseigner, Sponsoren, der Teamchef, das Management oder die Leute der Nachtschicht, jemanden getroffen habe, der einem anderen die Schuld gab. Das war eine sehr ermutigende Situation und sprach Bände über den Teamgeist, der hier herrscht."

Sehen wir uns die Regeln 2010 an. Am wichtigsten ist das Verbot des Nachtankens - wie hat dies das Packaging des neuen Autos beeinflusst?

Tim Goss: Es war in jedem Fall eine große Herausforderung, doppelt so viel Benzin im Auto unterzubringen, denn man will die Länge des Chassis nicht zu sehr erhöhen und man will auch die Aerodynamik nicht zu sehr beeinflussen, indem das Auto zu breit wird. Man muss die Kühler in die Seitenkästen einpassen, also ist man eingeschränkt, wie weit man das Chassis pushen kann.

Wie habt ihr das gelöst?

Tim Goss: Letztendlich haben wir entschieden, die Aerodynamik des Autos nicht zu schädigen und schafften durch eine Überarbeitung des Kühlsystem-Layouts und des Elektronik-Pakets Platz für den größeren Tank, während die aerodynamische Philosophie der Verkleidung beibehalten wurde.

Die Fahrer werden beim Start der Rennen doppelt so viel Benzin im Auto haben wie voriges Jahr, wie wird sich das auf das Handling und die Balance auswirken?

Paddy Lowe: Das größte Problem ist das enorme Gewicht des Benzins - dadurch wird der Bremsweg klarerweise viel größer. Wenn man mit viel Benzin fährt, stellt das große Anforderungen an die Bremsen - und das bedeutet, man muss die Bremsscheiben und Sättel so entwerfen, dass sie das aushalten. Durch den schmaleren Vorderreifen verliert man Grip, was die fundamentale Balance des Autos verändert. Wir haben also auf die Gewichtsverteilung, die Aero-Balance und die mechanische Balance geschaut, um zu kompensieren, dass sich die Grip-Balance nach hinten verschiebt.

Ist davon auszugehen, dass das Tankverbot und seine Auswirkungen auf die Reifen und die Balance das Racing 2010 verbessern?

Tim Goss: Es könnte die Show etwas besser machen, ja. Früher wusste man, wann jeder stoppen und nachtanken würde, also hat jedes Team seine Strategien darauf ausgelegt, Autos während der Stopps zu überholen. Dieses Jahr hat sich geändert, dass wir nicht wissen, wann die Leute stoppen werden. Das einzige, was die Pflichtstopps der Fahrer nun beeinflusst, ist die Tatsache, dass sie den Option- und den Prime-Reifen fahren müssen. Die Strategie-Entscheidungen werden also weniger vorhersagbar sein und es wird etwas komplizierter. Die Rennen könnten einen oder zwei Stints, frühe oder späte Stopps haben. Es wird das Racing sicher fordernder und interessanter machen - und hoffentlich wird es zu mehr Überholmanövern auf der Strecke und weniger Überholmanövern während der Boxenstopps führen.

Zum Abschluss, was steht auf der Arbeitsliste für die vier wichtigen Tests vor der Saison?

Paddy Lowe: Zunächst wird es am wichtigsten sein, sicherzustellen, dass das Auto robust ist. So ziemlich alles am Auto hat sich verändert, es gibt nur wenig, das gleich geblieben ist, wir wollen also sicherstellen, dass wir beim ersten Rennen absolut zuverlässig sind. Anfang 2009 gab es Teams, die stärker waren als wir, aber wir konnten immer noch einige Punkte mitnehmen, weil wir zuverlässiger waren. Diese Tests werden sich darum drehen, die Haltbarkeit des Autos zu sichern und uns genug Zeit zu geben, Probleme zu lösen, die auftauchen. Außerdem wollen wir den neuen Reifen genau verstehen, wie er sich abnutzt, wie lange er hält und wie man am meisten herausholt. Abgesehen davon wird es um Leistungs-Entwicklung gehen."

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