Mercedes-Teamchef Toto Wolff würde es am liebsten bei den aktuellen Formel-1-Regeln belassen, sieht sich aber dennoch gut gewappnet - Risiko der Langeweile
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Nicht nur auf der Strecke sind sich die Protagonisten der Formel 1 2016 selten einig. Auch hinter den Kulissen wird seit geraumer Zeit debattiert. Zankapfel sind die geplanten Regeländerungen ab der kommenden Saison. Sie sollen die Königsklasse schneller und spektakulärer machen. Doch insbesondere an letzterem hegen viele Fahrer und Teamchefs ihre Zweifel. Einige ziehen die Notwendigkeit neuer Regeln nach den bisherigen Rennen - mit jeder Menge Action und Überholmanövern - in Zweifel.
"Je länger die Regeln so bleiben, desto enger rückt das Feld zusammen. Die Performance wird sich angleichen", sagt etwa Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Er hat natürlich leicht reden, schließlich stand sein Pilot Nico Rosberg bisher bei allen Rennen ganz oben auf dem Treppchen. Der Leidensdruck bei den Silberpfeilen, die Formel-1-Regularien anzupassen, ist entsprechend gering. Wolff weiß: "Andere glauben, wir wollen die Regeln so belassen, weil wir damit sehr gut zurecht kommen."
Doch der Motorsportchef beschwichtigt, das Gegenteil sei der Fall. "Wenn es Regeländerungen gibt, sind wir bereit dafür und werden uns mit unserer Struktur, die wir haben, daran anpassen können", ist sich Wolff sicher. Demnach könnte Mercedes nur noch dominanter werden und sich an der Gemengelage in der Formel 1 nicht viel ändern. So wendet der Mercedes-Teamchef gegen die geplanten Regeln selbst ein: "Wir sehen das Risiko, dass die Rennen eher langweiliger werden."
Neue Formel-1-Regeln 2017 für noch mehr Langeweile?
Zwar seien die Autos größer und spektakulärer, gibt Wolff zu - "Ich könnte mich hinter dem Diffuser verstecken!" Sie hätten mehr Abtrieb und seien deutlicher schneller, vor allem in Kurven. Doch genau darin liege auch die Krux. "Unglücklicherweise gibt es hinter dem Auto starke Luftverwirbelungen, die das Problem, das wir in diesem Jahr haben, noch verschärfen", erklärt er. "Du näherst dich dem Vordermann, verlierst Abtrieb, dein Reifen beginnt zu rutschen und letztlich kannst du nicht überholen."
Bedenken, dass das Reglement für 2017 Überholmanöver erschwert statt sie zu befördern, hatten zahlreiche Fahrer und Teamchefs geäußert. Doch auf eine neue, verbesserte Version der Aerodynamikregeln konnte sich die Formel-1-Kommission zuletzt nicht einigen. Aller Voraussicht nach wird der Vorschlag von McLaren umgesetzt werden. Er war bereits am 4. März vom Motorsport-Weltrat abgesegnet worden. Mercedes' Begehren, bei den aktuell gültigen Regeln zu bleiben, scheiterte.
"Mal sehen, ob das alles nächstes Jahr wirklich passiert. Ich hätte es vorgezogen, dort zu bleiben, wo wir sind", stellt Wolff klar und fügt an: "Es ist kein wissenschaftlicher Forschritt, aber wir müssen es nehmen, wie es ist." Ob sich die Aerodynamik-Regeln für 2017 bewähren werden, hängt nun vor allem von Reifenhersteller Pirelli ab, der sicherstellen muss, dass die Pneus für die kommende Formel-1-Saison hitzebeständiger sind und das von vielen befürchtete Überholproblem so minimieren.
Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery weiß, dass das Feld wieder näher zusammenrücken muss: "Es gibt immer noch ziemlich große Lücke bei der Performance der Autos im Vorderfeld. Zweieinhalb Sekunden Unterschied zwischen den ersten Zehn ist immens", sagt der Brite. "In der V8-Ära hatten wir eine Sekunde Unterschied zwischen den 18 Autos in Q2." Demgegenüber sei es zwischen den Top 4 spannender geworden: "Diese Gruppe ist ähnlich stark. Es ist fast wie ein Rennen im Rennen."