Red Bull lud 100 Vettel-Fans in den Fan-Flieger zum Showrun in die Steiermark ein - 'Motorsport-Total.com'-Redakteur Dominik Sharaf war mit an Bord
© Foto: Red Bull
04.59 Uhr, Kreisstadt Heppenheim - pardon, Kreisch-Stadt Vettelheim, wie es auf den zahlreichen gelben Spezial-Ortsschildern steht, die die Fans des Dreifachweltmeisters mitgebracht haben. Es ist noch stockfinster, die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Trotz Anreisestrapazen kocht die Stimmung im von Red Bull vor dem auf dem Europaplatz aufgestellten Festzelt. Eingefunden haben sich 50 Mitglieder des Ersten Sebastian Vettel Fanclubs und 50 Gewinner, die für ein besonders kreatives Fanfoto prämiert wurden.
Gestärkt mit einer gewissen Energybrause in silber-blauem Blechkleid und einem Frühstückspaket geht es in den Bus in Richtung Frankfurter Flughafen. Als der den Motor um fünf Uhr anlässt, ist Karina aus dem Münsterland schon seit vier Stunden auf den Beinen. Die Strapazen nimmt sie gerne auf sich, schließlich sind Gelegenheiten, ihrem Idol nahe zu kommen, selten. "Für Sebastian?", fragt sie beinahe ungläubig, "für den stehe ich gerne auf". Und dann noch Jet-Set-Leben schnuppern.
Stimmung wie im Motodrom
Denn in der Mainmetropole angekommen ist Schlange stehen für den Flieger überflüssig. Es geht in einer eigens gecharterten Maschine Richtung Graz - ganz nach dem Motto: Red Bull verleiht Flügel, im wahrsten Sinne des Wortes. Kaum im Airbus A321 angekommen, machen die Vettel-Jünger die Kabine stimmungstechnisch zum Hockenheimer Motodrom. Nach jeder Ansage des Piloten ertönt die Luftdruck-Fanfare als Ausdruck der Vorfreude: "Tröööööt!". Und nochmal zur Sicherheit "Tröt-Tröt".
Dass die Tragflächen enteist werden, um - wie der Pilot mitteilt - die Aerodynamik zu verbessern, führt zu weiteren Begeisterungsstürmen. Nur Torsten aus Heppenheim hat es sich nicht freudestrahlend in seinem Sitz bequem gemacht. Er kaut Fingernägel. "Für diesen Trip habe ich mir vorgenommen, meine Flugangst zu überwinden", erklärt er tapfer. Um es vorweg zu nehmen: es gelingt ihm. "Vettel versetzt eben Berge", schallt es drei Reihen weiter hinten. "Tröööööt!" - ist doch klar.
Wunderheilmittel Vettel
Keine Medikamente, keine Psychotricks aus dem Internet: Torsten setzt auf Vettel als Motivation. Obwohl er seit über sechs Jahren keine Maschine mehr betreten hat, klappt es einigermaßen beschwerdefrei. Dabei - und das gibt er beinahe etwas beschämt zu - ist er normalerweise als Lokführer im ICE mit 300 Kilometern pro Stunde unterwegs. Als eingefleischter Formel-1-Fan, der seit 17 Jahren - selbstverständlich auf Straße und Schiene - nach Monaco fährt, würde er für die Königsklasse schon so einiges anstellen.
09.05 Uhr, Graz: Das Wetter ist frostig, die Stimmung nicht. Angeführt von der blauen Armada geht es in vier Reisebusse Richtung Innenstadt. Klar, dass die Stimmung kurz vor dem Siedepunkt ist. Dazu trägt auch bei, dass auf dem Laufband des Flughafenturms bei der Ankunft des Red-Bull-Fliegers eine eigene Vettel-Botschaft eingespielt wird. Der Einzug der Fans in die Grazer Innenstadt fällt lautstark bis triumphal aus. Die Heppenheimer mischen die noch stimmungstaube Steiermark auf.
Der Bettwäsche sein Dank
12.21 Uhr: Lange mussten sie in der Kälte ausharren, dann geht es endlich los. Vettel dreht direkt vor seinen Heppenheimer Fans die ersten Donuts. Florians Augen beginnen zu leuchten. Er ist gemeinsam mit Mutter Manuela in den Fan-Flieger gestiegen, die für ihn das Gewinnerfoto geschossen hat: Ein RB8 aus Red-Bull-Bettwäsche und einem Playstation-Lenkrad, mit ihm am Steuer. "Beeindruckend", staunt der Abiturient, der zum ersten Mal einen Formel-1-Rennwagen in Action erlebt.
Anschließend nimmt sich der von einer Medienmeute umringte Vettel besonders viel Zeit, um Autogramme für die Heppenheimer zu schreiben. Als er sich auf der kleinen Showbühne für die Unterstützung aus seiner Heimatstadt bedankt, kommt auch die Druckluft-Fanfare wieder zum Einsatz, die durch den Renault-V8 zwischenzeitlich zum Verstummen gezwungen wurde: "Tröööööt!" Und natürlich ab in die Höhe mit den gelben Ortsschildern. Graz? Nein, Heppenheim. Pardon, Vettelheim.
Bis zum vierten WM-Titel
16.09 Uhr, zurück am Flughafen: Das Norbert-Vettel-Zitat von 2010, das auf vielen T-Shirts der Mitglieder prangt, hat heute mehrfache Bedeutung: "Mer häwese ferdisch gemoacht." Denn so eine Reise schlaucht den lautstärksten Vettel-Fan. In der Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle ist es deutlich stiller als noch am frühen Morgen. Karina aus dem Münsterland dünkt schon, dass sie noch vier Stunden Auto fahren muss. Aber man hört es nicht zum ersten Mal: "Für Sebastian?" Antwort obsolet.
Kurzfristige Abhilfe für gravitationsanfällige Augenlieder verschaffen weitere Dosen der landestypischen Getränkespezialität und - rund eine Flugstunde später - die Abschiedsdurchsage aus dem Cockpit: "Wir würden uns freuen, sie im kommenden Jahr zum vierten WM-Titel für Herrn Vettel wieder an Bord begrüßen zu dürfen." Wiedergutmachung war es, hatte der Co-Pilot zuvor noch im Rahmen der Bundesliga-Ergebnisse unsanft auf die 0:4-Pleite der Frankfurter Eintracht vom Vortag hingewiesen.
Herzenswunsch Fantreffen
Darauf ein kräftiges "Tröööööt!". Und was ist mit Torsten, dem Vettel-Fan mit der Flugangst? Hat er sein Idol seine kleine Phobie geheilt? "Mal schauen", antwortet er zaghaft auf die Frage, ob er wieder einsteigen würde. "Für Sebastian aber auf jeden Fall." Dieter, der Vettel aus nächster Nähe erleben durfte, ist begeistert: "Der Junge ist ein Spitzensportler, aber noch immer so bodenständig", sagt der Heppenheimer, der selbst zweifacher Weltrekord-Halter im Rollschnelllauf war.
Was bleibt, sind fantastische Erinnerungen an eine Welt, die sich den Vettel-Fans wohl nicht mehr so oft im Leben öffnen wird. Morgens rein in den Privatflieger, Formel 1 schauen, dann wieder zurück. Frank, stellvertretender Vorsitzender des Fanclubs ist dankbar für die einmalige Gelegenheit. Und weil ja bald Weihnachten ist, nutzt er die Gelegenheit, einen kleinen Wunsch zu äußern. "So ein Fantreffen mit Sebastian, das wär' schon was", erklärt. Ein energiegeladenes "Tröööööt!" zum Abschied - und ab ins Bett.