Renault hat im Winter hart gearbeitet, um die Lücke zu Mercedes zu schließen - Doch wie nah werden Red Bull und Toro Rosso wirklich an den Silberpfeilen dran sein?
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Die ersten Testfahrten des Jahres 2014 waren für alle Renault-Teams ein echter Schock. Es waren keine kleinen Feuerchen, mit denen der französische Hersteller zu kämpfen hatte - Es war eher ein Flächenbrand. Immer wieder blieben die Autos von Red Bull, Toro Rosso, Lotus und Caterham liegen. Ein Szenario, dass sich auch später während der Saison noch mehrmals wiederholte. 2015 will Renault nun endlich wieder in die Erfolgsspur zurückkehren.
Doch Renaults Probleme beschränkten sich im vergangenen Jahr nicht nur auf die Zuverlässigkeit. Immer wieder war aus der Red-Bull-Ecke zu hören, dass der Antrieb schlicht und ergreifend zu wenig Leistung habe. Bis zu 75 PS mehr soll das Aggregat von Klassenprimus Mercedes 2014 geliefert haben. Im Winter hatten die Franzosen nun die Möglichkeit, an dieser Schwäche zu arbeiten. Doch wo steht Renault 2015 wirklich?
"Es hängt davon ab, wo die anderen sind, welchen Schritt zum Beispiel Mercedes gemacht hat", erklärt Toro-Rosso-Teamchef Franz Tost, der ganz genau weiß, dass nicht nur die Franzosen während des Winters fleißig an ihrem Motor gebastelt haben. "Mir müssen abwarten und ich denke, dass es zwei oder drei Rennen dauern wird, bis wir ein klares Bild bekommen", so der Österreicher, der Renault allerdings einen "Schritt nach vorne" bestätigt.
Renault in einer "viel besseren Position"
"Ich bin ziemlich optimistisch, was die Arbeit von Renault angeht, denn am Mittwoch brachten wir das Auto zum ersten Mal auf die Strecke. Heutzutage nennt man das einen 'Filmtag'. Wir sind ohne Probleme 96 Kilometer gefahren. Das war ein großer Schritt nach vorne. Ich hoffe, dass wir hier einen guten Test haben werden und der Antrieb ihn übersteht. Wir vertrauen Renault und den Rest müssen wir abwarten", so Tost in Jerez.
"Wir sind jetzt in einer viel besseren Position als im vergangenen Jahr - zum Glück", bestätigt auch James Key, Technikchef der "kleinen Bullen", und ergänzt: "Sie haben gesagt, dass sie über den Winter große Fortschritte machen. Und mit der geklärten Homologation wird da noch etwas kommen. Aber so ist es auch bei Ferrari und Mercedes. Ich schätze, es kommt darauf an, wie gut Mercedes es gemacht hat. Sie hatten den Vorteil, dass sie in einer stabilen Position waren. Sie mussten nicht solche Brände bekämpfen, wie der Rest von uns."
Zum Vergleich: Beim Saisonauftakt in Melbourne sahen 2014 immerhin sechs von acht Mercedes-Autos die Zielflagge, bei Renault waren es lediglich die beiden Toro Rossos. Lotus und Caterham erlebten jeweils einen Doppelausfall, bei Red Bull schied Sebastian Vettel bereits in der dritten Runde aus, Daniel Ricciardo wurde nach dem Rennen disqualifiziert. Zwar fielen damals nicht alle Piloten wegen des Antriebs aus, trotzdem lassen sich die Kinderkrankheiten des Renault-Turbos nicht wegdiskutieren.
Neue Partnerschaft lässt hoffen
2015 soll zumindest diese Schwäche ausgemerzt werden. Dazu arbeiten Renault und Red Bull beziehungsweise Toro Rosso Hand in Hand. Im Hinblick auf die Kühlvoraussetzungen des neuen STR10 verrät Key beispielsweise: "Wir haben ungefähr den gleichen Raum zur Verfügung, dennoch gibt es mit Sicherheit ein paar Verbesserungen. Das Design des Auspuffs wurde nach den gegebenen Möglichkeiten über den Winter getunt, man hat jetzt auch variable Ansaugtrichter."
"Wir können jetzt auch die Energiespeicher besser verpacken. Das erhöht auch die Zuverlässigkeit. Das verschafft auch Renault weniger Kopfschmerzen in vielen Bereichen", so Key. Ein Vorteil dürfte auch sein, dass sich Renault 2015 voll auf die beiden Bullen-Teams konzentrieren kann. Hatte man 2014 noch vier Kunden, die alle eine eigene Spezifikation des Motors erhielten, sind es in diesem Jahr nur noch zwei.
Lotus geht 2015 mit Mercedes-Antrieben an den Start und Caterham hat derweil ganz andere Probleme, als sich nach einem passenden Motor umzusehen. Key begrüßt diesen Umstand und antwortet auf die Frage, ob das die Situation verbessern werde: "Ja, das denke ich schon. Wir können Lösungen schneller finden, und Renault muss sich nicht mehr so breit gefächert aufstellen."
Was bringt die Zukunft?
"Das war im vergangenen Jahr vielleicht auch ein Problem. Zudem gibt es zwischen uns, Red Bull und Renault ordentliche Gespräche über die Installation der Power-Unit. Es ist mehr eine Partnerschaft als eine Kundenverbindung." Somit dürften auch die Zeiten vorbei sein, in denen Red Bull immer wieder Giftpfeile in Richtung der Franzosen schickte. 2014 gab es sogar zwischenzeitlich Gerüchte darüber, dass die Bullen Renault aufgrund der zahlreichen Probleme verklagen könnten.
All diese Querelen sollen 2015 der Vergangenheit angehören. Offen bleibt allerdings die Frage, wie Red Bull reagieren wird, wenn Mercedes auch in der neuen Saison ähnlichen dominant sein wird. Denn auch die Silberpfeile waren im Winter nicht untätig und haben an ihrem Motor ebenfalls nachgebessert. Und dann ist da ja auch noch Ferrari, das mit Sebastian Vettel ebenfalls eine neue Ära einleiten will. Sein Schicksal hat Renault also nicht nur in der eigenen Hand.