Mark Webber schlägt im Qualifyingduell in Abu Dhabi seinen Red-Bull-Teamkollegen Sebastian Vettel - Mercedes in Reihe zwei vor Nico Hülkenberg
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Die Frage in der Qualifikation zum Grand Prix von Abu Dhabi lautete nach den Erkenntnissen aus den Trainings eigentlich: Vettel oder Hamilton? Die Antwort nach der Zeitenjagd: Webber! Der Australier düpierte seinen Red-Bull-Teamkollegen und die beiden Mercedes-Piloten in letzter Sekunde des Qualifyings mit einer perfekten Runde. In 1:39.957 Minuten verdrängte Mark Webber den viermaligen Champion um rund eine Zehntelsekunde von der Spitze.
"Ich habe alles versucht, aber es hat eben nicht für die Pole gereicht", bilanziert Vettel nach dem verlorenen Duell auf dem Yas-Marina-Circuit. Dem Weltmeister unterlief im ersten Sektor ein kleiner Fehler, der womöglich im engen Wettkampf entscheidend war. "Ich habe es in der ersten Kurve verloren. Sorry, Jungs", funkte der Heppenheimer seiner Mannschaft auf der Ausrollrunde zu. "Bei mir läuft es an diesem Wochenende bisher alles richtig rund. Es war eine tolle Runde auf einer Strecke, wo sonst nicht immer alles gut für mich lief", sagt Polemann Webber.
Über weite Strecken des Qualifyings sah es nach guten Chancen für die Silberpfeile aus, doch im entscheidenden Q3 holte Red Bull plötzlich die große Keule heraus. Zunächst knallte Sebastian Vettel eine Runde in 1:40.075 Minuten auf die Bahn und zog damit den Mercedes-Piloten den Zahn, später schlug Webber zu. Nico Rosberg (3./1:40.419 Minuten) konnte im letzten Versuch nicht mehr entscheidend zulegen, Lewis Hamilton (4./1:40.501) verabschiedete sich in den letzten Sekunden mit einem Dreher im dritten Sektor.
Mercedes zufrieden mit Startreihe zwei
"Ich bin glücklich mit dem Resultat, völlig Ordnung. Der dritte Platz und damit 'Best of the Rest', was für das Wochenende unser Ziel gewesen ist - und das wird es auch morgen sein", fasst Nico Rosberg nach Rang drei zusammen. Der Deutsche hat somit einmal mehr eine Marke im teaminternen Duell gegen Lewis Hamilton setzen können. "Es war schön, die Red Bull im Qualifying ein bisschen zu ärgern, aber am Ende waren sie einfach zu schnell. Sie sind unschlagbar im Moment", so Rosberg.
"Solide, zufrieden", so formuliert Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff seine Bilanz bei 'Sky'. "Es hat in Q2 zwischenzeitlich so ausgesehen, als könnten wir es schaffen. Aber wenn man es nicht ins Ziel bringt, dann kann man es nicht schaffen", so der Österreicher mit Blick auf den Hamilton-Fehler im entscheidenden Angriff. "Ich fuhr durch die Schikane und als ich beschleunigte, flog ich ab. Ich hatte noch versucht, gegenzulenken, aber der Wagen hatte sich schon verselbstständigt", beschreibt Hamilton nach Rang vier.
Hinter den vier Topleuten platzierte sich Kimi Räikkönen (5./1:40.542), der im vergangenen Jahr in Abu Dhabi siegreich gewesen war. "Nicht so schlecht", so der kurze Kommentar. Der Finne dürfte aus der dritten Startreihe zu den Siegfavoriten zählen, denn sein Renntempo am Freitag im Training war beeindruckend. Sollte der Lotus mit nur einem Stopp über die 55 Runden kommen - wovon auszugehen ist -, dann hat Raikkönen auch am Sonntag beste Aussichten auf einen Erfolg. Sein Teamkollege Romain Grosjean wurde Siebter.
Zwischen den beiden starken Lotus ließ einmal mehr Nico Hülkenberg (6./1:40.576) aufhorchen. Der Emmericher presste seinen Sauber komplett aus, war am Ende nur denkbar knapp hinter Räikkönen und Hamilton. "Die Runde war wirklich Arsch auf Eimer. Viel besser geht es nicht mit meinem Auto", freut sich Hülkenberg, der nach wie vor um seine Zukunft in der Formel 1 kämpft. "Wir hatten das ganze Wochenende über Top-10-Material, und ich erwarte eigentlich, dass wir das morgen fortsetzen."
Hülkenberg stark, Ferrari überhaupt nicht
Der "Hülk" orientiert sich angesichts des guten Top-Speeds seines Saubers sogar eher nach vorne als nach hinten - auch wenn von dort nicht nur Gefahr vom Grosjean-Lotus droht. Ferrari wird am Sonntag alles daran setzen, im Schatten der gigantischen "Ferrari-World" in Abu Dhabi ein Glanzlicht zu setzen. Die Aussichten sind allerdings nicht allzu gut. Felipe Massa (8.) und Fernando Alonso (11.) konnten im Qualifying kaum Eindruck machen.
"Wir waren schon das gesamte Wochenende über nicht konkurrenzfähig - und zwar beide Ferrari. Im Qualifying war es das gleiche", zuckt Alonso entnervt mit den Schultern. In Q2 kämpfte er im Duell gegen Massa um den Einzug in die Top-10. Der Brasilianer behielt die Oberhand, weil Alonso bei seinen Runden kleine Fehler unterliefen. "Wir haben in diesem Jahr aber manchmal gesehen, dass ein Start außerhalb der Top10 besser ist, weil man neue Reifen hat. Hoffentlich ist das auch morgen so", sagt der Spanier.
Auf dem Weg zu Punkten müsste Alonso überholen - was in Abu Dhabi trotz zweier DRS-Zonen nicht allzu leicht ist. Vor ihm werden sich Sergio Perez (9./McLaren) und der starke Daniel Ricciardo (10./Toro Rosso) breit machen. Beide Autos sind schnell auf den zwei langen Geraden, was die Arbeit für Alonso zusätzlich erschweren dürfte. Große Enttäuschungen am Samstag erlebten Jenson Button (13./McLaren), dessen Wagen im Qualifying plötzlich wenig Grip aufbaute, und Adrian Sutil. "Absolut unfahrbar" sei sein Force India, klagt Sutil nach Rang 18 in der Qualifikation.
Das Rennen am Sonntag dürfte unter ähnlichen Bedingungen stattfinden wie das Qualifying am Samstag und das zweite Freie Training am Freitag. Dort war zu erkennen, dass Red Bull und Lotus womöglich das beste Tempo über die Distanz haben. "Generell ist unsere Form sehr stark und das müssen wir morgen Abend umsetzen. Natürlich will ich ein sehr gutes Ergebnis holen", sagt Polemann Webber. Vettel dürfte unterdessen auf einen besseren Start spekulieren - es wäre nicht das erste Mal. Und Mercedes? "Ich will Red Bull am Start ärgern, aber es wird sehr, sehr schwer", schätzt Rosberg die Lage realistisch ein.