"Unwahrscheinlich blöd": Scharfe Kritik an Grosjean

, 02.09.2012

"Wie dumm ist der wirklich?", fragt sich Niki Lauda und steht mit seiner Kritik am für ein Rennen gesperrten Romain Grosjean keineswegs alleine da

Die Geldstrafe in der Höhe von 50.000 Euro muss Romain Grosjean möglicherweise sogar aus eigener Tasche zahlen, aber viel mehr weh tut dem Lotus-Piloten sicher, dass er in einer Woche beim Grand Prix von Italien Zuschauen muss. Diese Strafe sprachen die FIA-Rennkommissare Yves Bacquelaine, Steve Chopping, Garry Connelly und Eliseo Salazar aus, nachdem Grosjean heute in Spa-Francorchamps eine folgenschwere Startkollision verursacht hatte.

Anschließend brach eine Welle der Kritik auf den 26-jährigen Franzosen hernieder. Am deutlichsten wurde Niki Lauda: "Der ist talentiert, aber manchmal unwahrscheinlich blöd", schimpft der dreimalige Weltmeister bei 'RTL'. "Seine Aktion ist auf Grund der Gefährlichkeit und all dem, was hätte passieren können, das Ärgste, was ich je gesehen habe." Im 'ORF' fielen ihm nur die Worte "verantwortungslos" und "gefährlich" ein, um Grosjeans Verhalten zu beschreiben.

Als der dann in einem eingespielten 'RTL'-Interview keinerlei Schuld auf sich nehmen wollte, platzte Lauda noch einmal richtig der Kragen: "Er zeigt keine Einsicht. Es war alles Pech, er ist froh, dass niemandem etwas passiert ist. Also wie dumm ist der wirklich?" Später entschuldigte sich Grosjean dann sehr wohl: "Ich habe einen Fehler gemacht und mich mit dem Abstand zu Lewis verschätzt. Ich war mir sicher, mich vor ihm zu befinden. Ein kleiner Fehler, der in einem großen Unfall geendet ist."

Siebenter Zwischenfall im zwölften Rennen

Doch Lauda findet die Sperre für Monza, wo wahrscheinlich Testfahrer Jerome D'Ambrosio zum Einsatz kommen wird, durchaus gerechtfertigt: "Der macht das zum siebenten Mal in dem Jahr. In Monte Carlo war es ähnlich am Start. Aber für die Gefahr, der er Alonso in dem Fall ausgesetzt hat, gehört er in meinen Augen gesperrt. Von alleine kommt er nicht drauf, weil der Kopf nicht gescheit genug ist. Diese Aktion war ein heller Wahnsinn."

"Hamilton kann überhaupt nichts dafür - der ist so weit er konnte nach rechts gefahren", nimmt Lauda den McLaren-Star in Schutz. "Aber Grosjean schiebt, schiebt, schiebt weiter, bis die Kollision da war. Er müsste schon mitdenken und wissen, dass man, wenn man beschleunigt, auch wieder abbremsen muss, denn da kommt die erste Kurve. Und da er es wiederholt macht, verstehe ich den Typen nicht mehr."

Grosjean zeigt Einsicht

Dass er schon siebenmal in Zwischenfälle verwickelt war, ist Grosjean bewusst: "Das ist zu viel, das weiß ich", gesteht er. "Einige waren nicht mein Fehler, andere hingegen schon. Manche haben mit mangelnder Erfahrung zu tun, mache sind einfach Fehler. Jetzt ist es an der Zeit, damit aufzuhören." Wegen der Sperre hat der vorjährige GP2-Champion nun genug Zeit, über seine Fehler nachzudenken - und sich zu überlegen, was er anders machen muss, wenn er in Singapur zurückkehrt.

Felipe Massa empfindet die Strafe als richtig, um quasi einen Schuss vor den Bug zu setzen: "Man sollte keine Strafe aussprechen, ohne eine Grund dafür zu haben. Aber es bewegt die Fahrer dazu, zu verstehen, zu lernen und die Regeln zu befolgen." Lotus-Teamchef Eric Boullier hingegen findet: "Maldonado hat auch oft Unfälle gebaut. Es war vielleicht nicht immer in der ersten Kurve, aber sehr häufig. Da scheint die Strafe für Romain doch ziemlich hart."

Lauda widerspricht: "Wenn man das genau beobachtet ist über Alonso der Heckflügel von Grosjean drübergeflogen, um Zentimeter am Kopf vorbei. Wäre dem was passiert, hätten jetzt alle gejammert. Gott sei Dank ist nichts passiert, aber nichtsdestotrotz ist er alleine schuld. Mit diesem riskanten Fahren zerstört er sein eigenes Rennen und das Rennen der anderen. Das ist vollkommen sinnlos. So kann man in der Formel 1 nie reüssieren."

Rückendeckung vom McLaren-Sportchef

Die Kommissare begründen die Sperre unter anderem damit, dass bei dem Unfall andere Fahrer einer Verletzungsgefahr ausgesetzt und WM-Anwärter aus dem Rennen befördert wurden. Doch selbst bei McLaren empfindet man das Strafmaß als drakonisch, denn: "Wahrscheinlich hat er Lewis nicht gesehen. Ich bin mir nicht sicher, was er überhaupt gesehen hat. Normalerweise ist er doch ein guter Fahrer", sagt etwa Sportchef Sam Michael.

Eine Meinung, die der ehemalige Formel-1-Pilot Martin Brundle nur bedingt teilt: "Wir haben das schon zuvor von Romain gesehen, mit seiner Aggressivität. Er hat nicht dieses Gespür dafür, wo sich andere Autos befinden", kritisiert der heutige TV-Experte. "Wenn man so startet, muss man aber wissen, wo die anderen sind. Er muss auch irgendetwas gemerkt haben, sonst wäre er nicht nach innen gezogen. So sehe ich das."

Auch Surer übt Kritik

"Es fällt auf, dass Grosjean sehr oft in Unfälle involviert ist", sagt Experte Marc Surer. "Dieses Mal war es sowas von eindeutig und auch unnötig. Es war ja nicht so, dass er irgendwie eingeklemmt war, sondern er fuhr einfach rüber und hat den anderen gerammt. Wahrscheinlich hat er gedacht, schon an Hamilton vorbei zu sein und wollte ihm die Tür zu machen, damit er ihn nicht wieder ausbremsen kann. Es war unnötig, vor der ersten Kurve schon eine Kollision auszulösen."

Gut möglich, dass nun wieder die Diskussion über geschlossene Cockpits aufkommen wird - die FIA hat in diese Richtung bereits Untersuchungen angestellt, sogar schon Tests mit Cockpit-Schutzkuppeln durchgeführt. Aber Lauda ist ein strikter Gegner von solchen Maßnahmen: "Du kannst aus dem Grund keine geschlossenen Cockpits machen - so kann man nicht Formel 1 fahren. Das wird nie passieren", betont er im 'ORF'.

Vielmehr vertritt der Österreicher den Standpunkt, dass sich die routinierteren Fahrerkollegen Grosjean innerhalb der GPDA zur Brust nehmen sollten: "Man muss die, die sowas verursachen, jetzt einmal bestrafen und mit denen ein ernstes Wort reden. Das sollten auch die anderen Fahrer tun - das wird einmal das Erste, was passiert. Hamilton hat's vielleicht schon gemacht, aber so kann der Typ nicht weiterfahren", sagt Lauda.

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