Valtteri Bottas stellt sich auf Mercedes ein: Warum der Finne doch mehr lernen musste als er gedacht hätte und wo er sich nach der ersten Testwoche sieht
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Es war der Moment der Wahrheit für Valtteri Bottas: Der Finne nahm diese Woche die operative Arbeit für Mercedes auf der Strecke auf. Zuvor hatte sich der Neuzugang bereits wochenlang mit seinem neuen Formel-1-Team in Brackley vertraut gemacht. Und er gibt zu, dass es ihn etwas überrascht habe: "Das Team zu wechseln ist eine größere Sache als ich gedacht hätte. Es gibt so viel zu lernen. Aber es ist keine Hürde, die man nicht nehmen könnte."
Die Umstellung ist mitnichten nur der Sprung von einem ins andere Auto. Bottas tauchte in eine neue Welt ein. "Man muss erst einmal lernen, wie das Team an die Sache herangeht", beschreibt er den Lernprozess. "Das geht bei simplen Dingen wie Briefings, Ingenieursmeetings und Checklisten los. Dann wie man das Auto abstimmt - es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, wie man an die Sache herangeht." Mit der neuen Philosophie konnte sich Bottas bereits in Simulator vertraut machen.
Damit endet es jedoch nicht, wie er weiter beschreibt: "Schließlich das Auto selbst: Man muss verstehen, was genau was bewirkt und wie sich eine Sache auf die andere auswirkt. Dazu die ganzen Möglichkeiten, das Fahrverhalten mit Knöpfen am Lenkrad verändern zu können. Die Kommunikation auf der Strecke mit dem Team zu perfektionieren erfordert ebenfalls ein bisschen Zeit."
Endlich wieder siegen
"Wenn man das alles zusammennimmt und dabei noch versucht, sich was weiß ich wie viele Hundert Namen einzuprägen, dann merkt man schon, dass man einiges zu tun hat", fügt der 27-Jährige hinzu. Die Eingewöhnung bei Mercedes braucht Zeit. Da war es Bottas sogar ganz recht, dass Lewis Hamilton schon am Donnerstagvormittag dem Finnen ungeplant das Cockpit wieder überließ. "Ich fühle mich jede Runde besser im Auto", sagt er zufrieden. "Ich mache gute Fortschritte, aber habe noch reichlich Arbeit vor mir."
Zumindest am morgendlichen Frühstückstisch fühle er sich mittlerweile wohl, grinst der GP3-Meister von 2011. "Aber zum ersten Mal als Team an der Strecke zu arbeiten ist schon anders. Ich lerne ziemlich viel. Alles geht in die richtige Richtung. Ich fühle mich immer mehr als Teil des Teams." In der zweiten Testwoche steht nun Detailarbeit auf dem Programm. Vor dem Großen Preis von Australien wird sich Bottas noch einmal in der Fabrik mit den Ingenieuren treffen. "Ich bin zuversichtlich, dass ich bis dahin vollständig Teil des Teams sein werde", glaubt er.
Erstmals wird Valtteri Bottas in dieser Saison in der Formel 1 über dauerhaft siegfähiges Material verfügen. Sein letzter Sieg in einem offiziellen Autorennen liegt bereits fünfeinhalb Jahre zurück: Am 25. September 2011 gewann er bei einem Gaststart in der britischen Formel-3-Meisterschaft ein Rennen in Donington. "Ich will definitiv gewinnen, deshalb bin ich ja hier", macht er kein Geheimnis aus seinen Ambitionen. Aber ich mache mir keinen zusätzlichen Druck. In der Formel 1 ist es enorm schwierig, Rennen zu gewinnen. Man benötigt das richtige Material und das richtige Team."
Das hat er nun. Doch mit Lewis Hamilton hat er auch den wohl unangenehmsten Teamkollegen, den die Formel 1 aktuell im Portfolio hat, an seiner Seite. Von Nico Rosberg, der den Briten vergangene Saison bezwingen konnte, braucht er keine Tipps erwarten, das hat der zurückgetretene Weltmeister schon klargemacht. Auch als Rosberg bei den Testfahrten in der Mercedes-Garage verweilte, gab es keine Ratschläge, wie Bottas erzählt: "Es war nur ein kurzes Gespräch, das ist alles."