Vettel angefressen: "Gurke" lahmt und Strategie versagt

, 09.06.2014

Der Red-Bull-Star macht aus seinem Frust wegen eines Autos, mit dem Überholen beinahe ein Tabu war, keinen Hehl - Vettel verhinderte Horrorcrash mit Blitzreaktion

Bei Red Bull lagen Freud und Leid beim Kanada-Grand-Prix am Sonntag dicht beieinander. Einerseits jubelte Daniel Ricciardo über seinen ersten Formel-1-Sieg, andererseits hatte Sebastian Vettel in die sprichwörtliche Zitrone gebissen. Der Heppenheimer hätte zu gerne die Mercedes-Blöße genutzt und erstmals in der Saison 2014 gewonnen, doch ein auf den Geraden indiskutabel langsamer RB10 sowie mangelnde Kreativität und Risikofreude bei der Strategie ließen das nicht zu. Im Interview sucht Vettel auch nach Positivem.

Frage: "Sebastian, um mit dem Positiven zu beginnen: Wie war dein Start?"

Sebastian Vettel: "Ich kam perfekt weg. Ich glaube, ich habe gut reagiert und hatte dann ein bisschen Glück in der ersten Kurve. Da haben sich die zwei (Rosberg und Hamilton; Anm. d. Red.) arg bekämpft. Ich konnte dann an Lewis vorbeigehen, aber es war klar, dass ich ihn nicht halten kann. Man hat es zu Anfang des Rennens gesehen, wie er auf der Geraden vorbeigeschossen ist, obwohl er eigentlich ziemlich weit weg war."

"Entschuldigung, man muss ja mal sagen, dass da mit unserer Gurke auf der Geraden nichts geht. Es ist frustrierend, wenn man 50 Runden hinterherfährt, sich die Zähne ausbeißt, sich versucht, irgendetwas Cleveres zu überlegen, sich zurückfallen lässt, die Reifen schont, sich dann wieder herankämpft - und das aber alles nichts bringt, weil die Power fehlt. Obwohl der Sieg in Reichweite war."

Gute Miene machen und Ricciardo den Feiertrag nicht vermiesen

Frage: "Hast du einfach zu viel Zeit hinter Nico Hülkenberg verloren?"

Vettel: "Natürlich. Letzten Endes war mein Rennen war zu diesem Zeitpunkt vorbei. Wir kamen nicht vorbei, das hat man gesehen. Ohne die Probleme von Force India wären wir auch zum Ende nicht vorbeigekommen. Das ist natürlich schade, denn ich hatte mir gewünscht, dass uns etwas Cleveres mit der Strategie einfällt. Aber das war nicht der Fall. So habe ich dann noch eine Position mehr verloren und Glück gehabt, dass mich Felipe nicht noch rausgekegelt hat."

Frage: "Du hast Daniel Ricciardo fair zum Sieg gratuliert. Wie schwer fällt das?"

Vettel: "Ich bin natürlich sehr angefressen, weil die Strategie mich über das Knie gelegt hat. Für ihn ist es natürlich ein fantastischer Tag. Ich glaube, es bringt nichts, in diesem Moment mit einem nicht so gut aufgelegten Gesicht herumzulaufen. Keine Frage, dass mich das anfrisst, denn um Zweiter oder Dritter zu werden bin ich nicht da. Gerade an Tagen, wo mehr drin ist. Für ihn ist es klasse, dass das so aufgegangen ist, Sergio (Perez; Anm. d. Red.) zum richtigen Zeitpunkt noch die Probleme auf der Bremse hatte und er vorbeikonnte. Es ist sein Tag und es wäre absolut nicht angebracht, wenn man seinen Tag nicht so schön gestaltet. Er wird gut schlafen in dieser Nacht. Oder sagen wir lieber: morgen früh."

Selbst mit DRS noch zu langsam

Frage: "Warum hast du es dann doch noch vorbei an Perez geschafft?"

Vettel: "Sergio hat sehr früh gebremst. Sie hatten Probleme mit der Bremse. Es wurde hinten raus immer schlimmer, deshalb hatte ich überhaupt erst die Chance. Man hat es ja gesehen: Wir konnten deutlich schneller gehen, Daniel war ruckzuck weg. Genauso hat Felipe (Massa; Anm. d. Red.) uns alle in wenigen Runden eingeholt. Das Tempo der Force India im Rennen war generell schlecht, aber sie haben das gut gemacht und gut verteidigt. Wir hatten keinen Dampf, um vorbeizukommen."

"Für mich hat es dann Gott sei Dank auch noch gereicht. Ich kam gut aus der letzten Kurve heraus, er hat sich verbremst. Wir waren dann Seite an Seite. Sobald ich aus dem Windschatten herausgezogen bin, Flügel auf, Vollgas, maximale Leistungsstufe - da habe ich mich gewundert, wieso er angefangen hat, wieder an mir vorbeizuziehen. Das ist dann frustrierend. Sein Heckflügel ist zu, meiner ist auf. Das sollte schon gut zehn bis 15 Kilometer pro Stunde ausmachen. Selbst dann ist es sehr, sehr schwierig für uns. Vorher habe ich mein Rennen verloren und den Sieg hergeschenkt, weil uns - was die Strategie angeht - nichts Cleveres eingefallen ist. Da hätten wir besser reagieren können."

Da kam plötzlich ein Massa geflogen

Frage: "Was hättest du bei der Strategie anders gemacht?"

Vettel: "Weiß ich nicht, ich stehe ja nicht am Kommandostand und weiß nicht, was um mich herum los ist. Es ist einfach, jetzt zu sagen, wir hätten etwas anders machen müssen. Aber vielleicht gab es dafür ja gar keinen Spielraum. Wir hätten mehr Risiko nehmen können, den die Reifen waren nicht das Problem. Einige Jungs sind mit ordentlichen Rundenzeiten lange gefahren, zum Beispiel Hülkenberg."

Frage: "Kannst du uns beschreiben, was zum Schluss mit Perez und Massa passiert ist?"

Vettel: "Ich kam an ihm vorbei und dann auf dem Weg hin zu Kurve eins sah ich, dass sie sehr dicht beieinander waren. Ich sah etwas Weißes im Spiegel anrauschen und in letzter Sekunde reagierte ich und öffnete die Lenkung. Ich bin nach rechts gefahren und Felipe flog durch die Luft an mir vorbei. Irgendwie war das surreal, aber ich hatte Glück, dass er mich bei diesem Zwischenfall nicht getroffen hat und ich ihn rechtzeitig gesehen habe."

Frage: "Was nimmst du Positives mit?"

Vettel: "Es ist eines der beiden Rennen, in denen wir keine Probleme hatten. Es gibt einiges Positives: Es ist ein Riesentag für uns. Nach dem miserablen Winter so zurückzukommen und direkt da zu sein, wenn die Mercedes mal patzen, ist sehr, sehr gut. Aber als Rennfahrer will man gewinnen und wenn man die Chance dazu hat, dann ist man nicht ganz zufrieden."

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