Besser geht's nicht: Sebastian Vettel fährt in beiden Sessions in Melbourne Bestzeit und beendet den Freitag vor Webber - Mercedes trotz Problemen vielversprechend
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Einen Auftakt nach Maß erlebte Titelverteidiger Sebastian Vettel heute beim Saisonauftakt in Australien: Bestzeit im ersten und im zweiten Freien Training, damit klarerweise auch Tagesbestzeit, noch dazu ausgerechnet vor dem eigenen Teamkollegen Mark Webber - Red Bull, das ist nach dieser dominanten Vorstellung klar, hat bei den verhaltenen Wintertests noch bei weitem nicht gezeigt, was der neue RB9 wirklich kann. Aber die Konkurrenz ist nicht fernab von Gut und Böse, sondern Red Bull, zumindest was die Zeiten angeht, auf den Fersen.
"Natürlich ist es das erste Rennen auf der ersten Strecke - es muss nicht bedeuten, dass es das ganze Jahr so sein wird. Trotzdem: Es ist überzeugend, wie sie angefangen haben", analysiert Experte Marc Surer. Dabei war Vettels dritter und schnellster Run in der Session nicht einmal reibungslos, denn mit Supersoft-Pirellis musste er die erste Runde abbrechen, was normalerweise einen Abbau der Performance zur Folge hat. Aber der Deutsche legte eine langsame Runde ein und attackierte noch einmal, stellte eine Bestzeit von 1:25.908 Minuten auf.
Red Bull meldete am Funk KERS-Probleme und zu wenig Grip von den Reifen, aber das störte Vettel nicht. Teamkollege Webber hatte auf seine Bestzeit 0,264 Sekunden Rückstand und tat sich mit der Heimstrecke im Albert Park, die ihm noch selten entgegengekommen ist, wieder einmal recht schwer. Konkret schlichen sich zwei kleinere Fahrfehler ein - bis er kurz vor Schluss an gleicher Stelle sogar einen richtigen Dreher hinlegte, der jedoch ohne nennenswerte Folgen blieb.
Mercedes erster Red-Bull-Verfolger
"Ich denke, es war mit Sicherheit ein guter Tag für uns", zieht Vettel eine erste Zwischenbilanz. "Wir wissen jetzt ein bisschen mehr. Es schaut nicht so schlecht aus, allzu viel lässt sich aber noch nicht sagen. Es ist erst Freitag und ich glaube, man darf den Freitag generell nie überbewerten - auch wenn es der erste Freitag des Jahres ist. Es ist aber besser, so dazustehen als irgendwo im Mittelfeld. Ich bin ziemlich zufrieden mit dem Auto. Es macht Spaß. Passt ganz gut!"
Erster Verfolger des Red-Bull-Duos war diesmal ein Mercedes: Nico Rosberg (+0,414) wurde Dritter, Lewis Hamilton (+0,864) nach zwischenzeitlicher Bestzeit Siebter. Hamilton machte lange einen sehr starken Eindruck, setzte dann aber seinen ersten Supersoft-Run nicht optimal um und rutschte ein paar Minuten vor dem Ende sogar noch in die Barrieren. Weitere zwei Runden später, noch während der Hamilton-Gelbphase, rollte auch Rosberg aus - Verdacht auf Getriebeschaden, daher stellte er den Motor ab.
Zumindest war Mercedes schnell unterwegs, was nicht alle Mitfavoriten von sich behaupten können. McLaren zum Beispiel brachte heute kein Auto in die Top 10. "Der McLaren sieht nach wie vor schön aus", findet Surer, "aber leider ist er nicht schnell. Es ist schon bedenklich, wenn man mit leichtem Auto keine Chance hat. Jenson Button sagt, er hat noch kein Gefühl für das Auto. Mir scheint, dass die Ingenieure auch noch keins haben, so wie die hinterherfahren."
Vettel deutlich verbessert, Button deutlich verschlechtert
Interessantes Detail am Rande: Während Vettel heute um fast vier Sekunden schneller war als am Melbourne-Freitag 2012, war Button um gut sieben Zehntelsekunden langsamer. Der Vorjahressieger des Grand Prix von Australien landete mit 2,368 Sekunden Rückstand auf dem elften, Sergio Perez gar nur auf dem 13. Rang - dabei spulten die beiden alleine am Nachmittag 63 Runden ohne von außen ersichtliche technische Probleme ab. Allerdings klagte Button zwischendurch über zu wenig Grip.
Im Vergleich zur ersten Session konnten sich die beiden Lotus-Piloten steigern und die Plätze vier und fünf für sich beanspruchen, mit 0,5 beziehungsweise 0,8 Sekunden Rückstand - aber noch vor Fernando Alonso (Ferrari/+0,840), der diesmal zwar um eine Zehntelsekunde schneller war als Teamkollege Felipe Massa (8.), aber auf den sechsten Platz zurückfiel. Mittendrin statt nur dabei auch Adrian Sutil: Neunter auf Force India, eineinhalb Sekunden Rückstand, Paul di Resta (12./+2,403) zweimal klar geschlagen - ein unerwartet starkes Comeback.
Mit Nico Hülkenberg (Sauber/+2,279) landete auch der vierte Deutsche in den Top 10, und es gewannen heute auch alle Deutschen ihre direkten Stallduelle. Außerhalb der Top 10 bildete sich ein im Vergleich zum Vorjahr kaum verändertes Mittelfeld mit Teams wie Sauber, Toro Rosso und Williams, noch vor den Nachzügler-Rennställen Marussia und Caterham, die wohl auch 2013 die "rote Laterne" der Formel 1 nicht abgeben werden.
Alle Deutschen Sieger in ihrem Stallduell
Schnellster Rookie war Esteban Gutierrez (Sauber) als 15., am meisten beeindrucken konnte von den Neulingen aber Jules Bianchi, Nachfolger von Timo Glock bei Marussia: Der Franzose aus dem Ferrari-Kader blieb nur drei Zehntelsekunden hinter Valtteri Bottas im Williams, wurde 19. und hängte beide Caterhams ebenso ab wie seinen Teamkollegen Max Chilton, dem er rund eine Sekunde aufbrummte. Außerdem überzeugte Bianchi mit seinen präzisen und zumeist logischen Feedback-Aussagen am Boxenfunk.
Caterham scheint den Verlust von Routinier Heikki Kovalainen indes nicht allzu gut verdaut zu haben, denn erstmals ist das Team - zumindest vorerst - klares Schlusslicht in der Formel 1. Giedo van der Garde rutschte noch dazu schon nach einer halben Stunde von der Strecke: "Ich hatte in Kurve drei leicht blockierende Hinterräder", so der Niederländer. "Leider verlor ich dann das Heck und ich rutschte in den Kies." Daher blieb ihm unterm Strich nur der 22. und letzte Platz, sechseinhalb Sekunden hinter der Bestzeit.