Vettel: "Ich mag das Wort dominant nicht"

, 17.09.2013

Der Heppenheimer berichtet über seine aktuelle Saison und erklärt, was ihm 2014 fehlen wird - Stewart: Vettel und Red Bull führen eine "beispielhafte Ehe"

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel schickt sich an, seinen vierten Weltmeistertitel in Folge einzufahren, betont jedoch, in diesem Zusammenhang nicht von Dominanz sprechen zu wollen. Laut dem ehemaligen Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart kann sich der 26-Jährige bei diesem Vorhaben nur noch selber schlagen. Vettel blickt jedoch lieber über den Tellerrand hinaus und schielt auf kommende Saison, in der er den positiven Druck von seinem Noch-Teamkollege Mark Webber vermissen werde.

"Die erste Hälfte war sehr gut, der Start in die zweite noch besser", fasst Vettel seine aktuelle Saison gegenüber der 'SportWoche' zusammen. "Aber wir sehen, dass kleine Dinge große Unterschiede ausmachen können: zehn Grad auf oder ab, und alles sieht anders aus", warnt der Heppenheimer. "Wir müssen konzentriert bleiben, aber wir sind die, die bei allen Bedingungen unter die Top 5 kommen können", weiß Vettel. "Das Team ist immer fitter geworden in den Jahren. Die Fehler werden weniger."

Im vergangenen Jahr sicherte sich der Red-Bull-Pilot erst in einem dramatischen Finale im letzten Saisonrennen in Sao Paulo den Titel. Ebenso knapp war es 2010, bei seinem ersten Fahrertitel: Beim letzten Akt in Abu Dhabi konnte der Heppenheimer Fernando Alonso den sicher geglaubten Pott aus den Händen reißen. 2011 war es da schon entspannter. Bereits in Japan, vier Rennen vor Saisonende, krönte er sich mit Titel Nummer zwei. Dennoch verschwendet Vettel nach eigenen Aussagen keine Gedanken daran. "Ich schau nicht oft zurück", betont er.

Vettel: Kein Titel war einfach

"Wenn die Leute von 2011 reden, sagen sie, das war so dominant und so einfach. Aber ich mag das Wort dominant nicht, und einfach war es auch nicht", entgegnet der Deutsche. "Wenn man sich die einzelnen Ergebnisse anschaut, waren es immer Hundertstelentscheidungen." Vettel richtet seinen Blick lieber auf das Tagesaktuelle und die bevorstehenden Aufgaben. Er selber wolle sich bei allen Erfolgen nicht herausnehmen - "wir haben uns als Team verbessert", betont Vettel vielmehr.

"Letztes Jahr haben wir uns beim Setup noch schwer getan, heuer haben wir mehr Vertrauen ins Auto, können ab Freitag in die richtige Richtung arbeiten", berichtet Vettel. Im kommenden Jahr stehen wieder große Änderungen in der Königsklasse vor der Tür. Neben den neuen Antriebseinheiten mit Turbo-Motoren gibt es unter anderem auch erneute Beschneidungen in der Aerodynamik. Auf Prognosen möchte sich Vettel dabei nicht einlassen.

"Ich denke, es ist unmöglich zu sagen, was 2014 sein wird", sagt er. "Es ist so vieles anders: der Motor, das Auto, wir haben nur mehr eine Übersetzung, KERS wird es in der Form nicht mehr geben, die Autos haben deutlich weniger Downforce. Die einen wird's mehr treffen, den anderen weniger", analysiert der Red-Bull-Pilot.

Ehrlich währt am längsten

Eins ist im kommenden Jahr aber in Stein gemeißelt: Vettel wird mit Daniel Ricciardo einen neuen Teamkollegen bekommen, da sich Webber aus der Formel 1 verabschiedet und bei Porsche sein Glück in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) versucht. "Man kann über unser Verhältnis denken, was man will, aber letzten Endes haben wir uns beide sehr hart gepusht", sagt Vettel über den Australier und fügt gar hinzu: "Das wird mir fehlen. Mark hat immer zwei, drei Ecken gehabt, wo ich mir die Zähne ausgebissen habe."

"Da versucht man dahinterzukommen, und da hat er mich genug beschäftigt. Auch wenn das von außen anders wahrgenommen wird, aber er war wichtig, damit ich immer hungrig blieb", betont Vettel, obwohl es zwischen den beiden des Öfteren Scharmützel gab. Um mit Vettel gut klarzukommen, sei es auf beruflicher oder privater Ebene, stellt der Heppenheimer einen Wert heraus, der für ihn mehr eine Tugend, denn eine Eigenschaft ist. "Ehrlichkeit ist das Wichtigste", hebt er hervor.

Dieser Wert ist für Vettel unerlässlich, auch im Umgang mit Fans. "Ich hab kein Problem mit Leuten, die sehr direkt sind, oder auch forsch, solange alles eine gewisse Qualität hat und der Wahrheit entspricht", sagt er. Die Bekanntheit kann aber auch seine Tücken haben. "Niki Lauda hat mir einmal gesagt, dass ihn am Ruhm am meisten stört, dass er seit 40 Jahren nur Fragen beantworten muss, aber nie Fragen stellen kann", nennt Vettel beispielhaft.

Stewart sieht in Vettel und Red Bull eine "beispielhafte Ehe"

Er selber habe sich das Fragen jedoch stets bewahrt, wie er betont: "Ich glaube, es ist für mich als Mensch wichtig, dass ich nie zu fragen aufhöre. Wenn ich was nicht verstehe, frage ich, warum", so Vettel, "gerade jemanden wie Adrian Newey", hebt er den Technischen Direktor seines Teams hervor.

Genau in diesem perfekten Teamwork zwischen dem Lenker (Vettel) und Denker (Newey) sieht Stewart das Erfolgsrezept. "Beide verstehen sich scheinbar blind", analysiert der Schotte gegenüber 'Auto Bild motorsport'. und sieht genau darin die Unterschiede zur "Scuderia": "Bei Ferrari und Alonso hapert es dagegen daran, dass sie nicht an einem Strang ziehen. Fernando kritisiert sein Team immer wieder öffentlich. Dabei sollte er weniger motzen und mehr antreiben."

Im Gegensatz dazu führen Vettel und Red Bull laut Stewart eine "beispielhafte Ehe". Und diese könnte dem Heppenheimer vielleicht bereits wieder ein paar Saisonrennen vor Schluss den vierten Titel in Folge einbringen. Stewart sieht nichts, was dem noch im Wege stehen könnte. "Das Auto ist super, Vettel fährt sehr kontrolliert und als Team funktionieren Vettel und Red Bull perfekt", lobt der 74-Jährige. "Es wird sehr schwer für ihn, die WM in diesem Jahr noch zu verlieren", so der dreimalige Weltmeister abschließend.

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