Der Ferrari-Star zeigt Respekt vor seinem Kontrahenten, kann sein Leistungsvermögen aber nicht einordnen - Schlappen haben ihn nur hungriger gemacht
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Sebastian Vettel gegen Fernando Alonso. Das ist in der Formel 1 das Duell der vergangenen Jahre und es zeichnet sich ab, dass die Königsklasse 2013 eine Neuauflage erlebt. Seit der Saison 2010 allerdings hat der Red-Bull-Pilot ständig die Nase vorn und dem Spanier zweimal die Krone vor der Selbigen weggeschnappt. Von Niederlagen will Alonso nicht sprechen: "Es ist ein Privileg", führt er aus. "Nicht viele Fahrer haben die Gelegenheit, auf dem Podium zu stehen und die Siegerehrung zu genießen."
"Noch weniger feiern Rennsiege und ganz wenige kämpfen um die Krone", weiß der Ferrari-Star. Wenn hinter dem F138 Fragezeichen stehen, über Alonso schweben sie nicht. Mental hat er die Last-Minute-Pleiten längst verkraftet, die Niederlagen scheinen ihn nur noch hungriger gemacht zu haben. "Solche Dinge sind im Sport normal und sie geben zusätzliche Motivation, am Ende mit einem glücklicheren Resultat dazustehen", zeigt sich Alonso angriffslustig, lobt aber auch Vettel in den höchsten Tönen.
Die Zahlen würden ihre eigene Sprache sprechen, findet er: "Über den Fahrer gibt es nicht so viel zu sagen: Dreimal Weltmeister, alle Rekorde in Sachen Siege, Pole-Positions und schnellste Runden gebrochen", zeigt sich Alonso beeindruckt und nennt den Heppenheimer einen "harten Rivalen und zähen Kontrahenten, auch in den kommenden Jahren." Kennengelernt haben sich die beiden erst im Formel-Geschäft, sind als Kinder respektive Jugendliche nie gemeinsam Kart gefahren.
Vettel und Alonso kennen sich nicht gut
Dennoch hält Alonso Vettel für einen, der mit beiden Füßen auf dem Boden geblieben ist. "Er ist normal - oder sieht zumindest so aus - und mehr nicht." Der Deutsche zeigt sich geschmeichelt und erwidert das Kompliment aus dem roten Lager: "Ich denke, als Fahrer muss ich Fernando niemandem vorstellen. Er ist einer der am meisten respektierten und am meisten akzeptierten Fahrer der Welt", findet Vettel. "Unter allen Bedingungen hat er die Fähigkeit, ans absolute Limit zu gehen."
Der Dreifachweltmeister hält Alonso für "sehr intelligent" und ist deshalb besonders froh, ihm zwei Titel abgenommen zu haben. "Sicher versucht er alles, um uns das Leben auch in diesem Jahr wieder so schwer wie möglich zu machen", befürchtet Vettel, ohne den großen Rivalen näher kennengelernt zu haben: "Als Mensch, wie er schon gesagt hat, verbringen wir nicht so viel Zeit gemeinsam, das aber mit kaum einem Fahrer. Es ist das, was Außenstehende erwarten, aber natürlich gibt es nicht viel Freizeit."
Dennoch kann Vettel sich vorstellen, dass die dominierenden Piloten der jüngeren Vergangenheit ein Kaffeekränzchen abhalten, wobei dann andere Getränke auf den Tisch kämen. "Ich trinke keinen Kaffee, ich lade niemanden zum Kaffee ein, aber ich kann gerne ein Red Bull spendieren, wenn es Gesprächsbedarf gibt." Auf wessen Erfolge dann mit der Brause angestoßen wird, wollen beide noch nicht abschließend sagen. Vettel betont, dass es eine lange Saison und jedes Rennen wichtig wird.
Momentaufnahme Melbourne
Ob Ferrari Rennen gewinnen kann, hält Alonso für kaum vorhersagbar. "Das weiß kein Mensch", stochert er im Nebel, sieht aber einen kleinen Vorteil bei den Topteams. "Vielleicht wird es keine sieben Sieger in den ersten sieben Rennen geben", überlegt der Mann aus Oviedo und skizziert, dass die Regelstabilität dazu geführt haben könnte, dass die fünf Großen - also Red Bull, Ferrari, McLaren, Lotus und Mercedes - mit ihrer Entwicklungsstärke im Vorteil sein und Überraschungen verhindern könnten.
Innerhalb dieser Gruppe will sich Alonso aber nicht festlegen, wer die besten Karten auf der Hand hält. Demzufolge hätten zehn Fahrer am Sonntag eine ernsthafte Chance, den Saisonauftakt in Melbourne zu gewinnen. Alonso erinnert jedoch daran, dass die Topteams im vergangenen Jahr bei unterschiedliche Bedingungen und zu unterschiedlichen Rennzeitpunkten ihre Topform abgerufen hätten. Vielleicht zeichnet sich so im Albert Park ein klares Bild vom Kräfteverhältnis ab, das jedoch nicht über das Wochenende hinaus Bestand hat.
"Es ist schwierig und gefährlich, aus den Wintertests irgendwelche Schlussfolgerungen zu ziehen", warnt Alonso. Nichtsdestotrotz sei man bei Ferrari mit der eigenen Arbeit in Jerez und Barcelona zufrieden, das selbst auferlegte Programm sei durchgezogen worden. "Wir sind hier mit 100 Prozent Potenzial im Auto angekommen", demonstriert Alonso eine breite Brust. Einzig: Wie viel davon kann Ferrari abrufen? "Hoffentlich ist es genug um auf einem Kurs, den ich sehr mag, konkurrenzfähig zu sein."