Vettel-Strafe: Daumen hoch oder Unverständnis?

, 11.09.2012

Hat sich Sebastian Vettel beim Großen Preis von Italien zu heftig gegen Fernando Alonso zur Wehr gesetzt? Selbst die Experten sind sich nicht einig

Die Curva Grande in Monza ist sicher keine Stelle, an der ein Formel-1-Fahrer abfliegen will. Mit rund 300 km/ rauschen die Piloten um diese langgezogene Rechtskurve, ehe sie vor der Variante della Roggia wieder in die Eisen steigen. Und ausgerechnet in dieser schnellen Ecke geriet Fernando Alonso (Ferrari) am Sonntag von der Fahrbahn ab, als er Sebastian Vettel (Red Bull) überholen wollte.

Vettel hatte das Manöver seines Konkurrenten wohl vorhergesehen und warf Alonso energisch die Tür zu. So sehr, dass dem Spanier keine Wahl blieb, als seinen Ferrari ins Kiesbett zu manövrieren, um einer Kollision zu entgehen. Die Rennleitung nahm sich diesem Vorfall an und kam rasch zu einer Entscheidung: Durchfahrts-Strafe für Vettel, weil er Alonso von der Rennstrecke gedrängt hatte.

Doch an dieser Strafe scheiden sich die Geister. War sie gerechtfertigt oder nicht? Auch eine Umfrage bei 'Motorsport-Total.com', bei der rund 5.000 Stimmen abgegeben wurden, kam nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. 46,93 Prozent halten die Bestrafung für gerechtfertigt, doch 46,59 Prozent sehen das Verhalten von Vettel zwar als "hart, aber fair" an. 6,48 Prozent erlauben sich kein Urteil.

Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali, dessen Pilot Alonso in der Curva Grande schier abgeflogen wäre, hat jedenfalls eine klare Meinung: "Ich glaube, die Entscheidung war richtig. Vor allem, da die FIA nach dem Grand Prix in Bahrain die Regeln noch einmal präzisiert hat." Er wolle aber nicht so weit gehen, und Vettel eine Absicht unterstellen. "Er ist ein Fahrer, der hart, aber fair kämpft", sagt er.

"Es war ein harter Zweikampf. Ich bin mir aber sicher, dass Sebastian das Rennen von Fernando nicht gefährden wollte", meint Domenicali. Sein Amtskollege bei Red Bull, Christian Horner, sieht die Szene natürlich etwas anders. Der Brite zeigt sich überrascht von der Strafe gegen seinen Piloten. "Das war schon eine sehr harte Bestrafung gegen Sebastian", sagte Horner am Montag bei 'Servus TV'.

Red Bull schmeckt's nicht ...

"Dietrich Mateschitz hat es perfekt beschrieben: Er hat gesagt, dass es eine Geschmacksfrage war, aber nicht nach seinem Geschmack", meint der Red-Bull-Teamchef. Auch Vettel habe nicht unbedingt freudig reagiert. "Als wir Sebastian mitteilten, dass er eine Strafe bekommt, da war er natürlich nicht begeistert", sagt Horner. Und das aus mehreren Gründen, wie der frühere Rennfahrer betont.

"Sebastian wusste natürlich, dass er dann noch zwei Mal an der Boxengasse vorbeifahren darf, bevor er die Strafe abbüßt. Er war davor noch relativ schnell unterwegs. Da willst du dich auch nicht ablenken lassen, wenn der Renningenieur dir sagt, dass du eine Strafe erhältst, und dann wieder attackieren musst", erklärt Horner. Schlussendlich sei die Strafe aber "irrelevant" gewesen.

Vettel stellte seinen Red Bull RB8 mit einem Defekt am Streckenrand ab. Strafe oder nicht - damit war er aus dem Rennen. Die Diskussion um das Manöver in der Curva Grande nahm da aber erst so richtig an Fahrt auf. Und der ehemalige Formel-1-Pilot Christian Danner, heute TV-Experte bei 'RTL', sah im Duell zwischen Alonso und Vettel einfach nur die volle Härte eines Formel-1-Zweikampfs.

Danner: "Nicht bestrafenswert"

Vor allem aber verurteilt Danner die Bestrafung gegen Vettel: "Ich fand die Strafe völlig deplatziert. Das war meiner Ansicht nach eine glatte Fehlentscheidung", sagt er bei 'Servus TV' und merkt an, dass Alonso bewusst ein großes Risiko eingegangen sei. An besagter Stelle müsse man damit rechnen, dass der Vordermann seine Linie beibehalte und keine Rücksicht auf den Gegner nehme.

Danner spricht aus Erfahrung: "Wenn ich selbst ein Auto außenherum überholt habe, wusste ich immer, dass ich da ein bisschen auf den guten Willen des Anderen angewiesen bin. Der hat das gute Recht, da hinzufahren, wo er hinwill", meint der frühere Formel-1-Pilot. Genau so habe es Vettel in Monza gemacht. Was Danner eher als normalen Zwischenfall denn als rüdes Manöver wertet.

Er erklärt seine Sicht der Dinge: "Wenn ich in eine Schikane einbiege und versuche, den Gegner außenherum zu überholen, dann hat der Gegner, der innen bleibt, immer noch das Recht, mich so lange geradeaus fahren zu lassen, bis ich in den Notausgang muss. Das ist ganz normales Racing." Alonso-Vettel sei "natürlich spektakulärer" gewesen, aber - so Danner - halt "nicht bestrafenswert".

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