Warum schneller nicht immer besser ist

, 11.11.2012

TV-Experte Marc Surer erklärt die große Schwäche des Lewis Hamilton und wie Nico Rosberg im Mercedes-Stallduell daraus Kapital schlagen kann

Lewis Hamiltons aggressiver Fahrstil ist einer, der Rennfahrern der alten Schule gefällt - sollte man meinen. Doch dem ist offenbar im Fall von Marc Surer nicht so. Im Gespräch mit dem 'SWR' rät der Schweizer dem angehenden Mercedes-Piloten zu mehr Kalkül und weniger Flügelsalat: "Um erfolgreich zu sein, braucht es auch diese sogenannte Rennintelligenz", weiß Surer und konkretisiert: "Dass man das Richtige macht und weiß: Wann kann ich angreifen und wann sollte ich es bleiben lassen?"

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass das bei Vollblutracer Hamilton nicht immer der Fall ist. Surer sieht in der Saison 2011 einen Präzedenzfall für seine Theorie. Er spricht von einem Jahr, in dem der Brite "nicht einmal gegen Jenson Button bestehen" konnte, "irgendwie durcheinander" schien und "fast in jedem zweiten Rennen mit Massa" kollidierte. Das Urteil fällt entsprechend hart und wenig schmeichelhaft aus: "Es war ein Jahr, in dem man gesehen hat: Er kriegt es nicht geregelt."

Hamilton als Mercedes-Muntermacher

Dennoch ist Surers Hamilton-Schelte nicht als Absage an dessen Fähigkeiten zu verstehen. Im Gegenteil: "Für mich ist Lewis Hamilton der Schnellste in der Formel 1. Der Schnellste muss aber nicht der Beste sein." Es mangele an einer gewissen Rennintelligenz, wenn der 27-Jährige sein Auto bei Überholversuchen demoliere, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt seien. Mercedes hätte mit seiner Fahrerwahl für die kommende Saison dennoch keinen Fehlgriff getan, findet Surer.

Der 'Sky'-Experte kann sich sogar eine goldene Zukunft der Silberpfeile mit Hamilton vorstellen: "Wenn man ihn kriegen kann, muss man ihn nehmen. Unbedingt. Das ist die Zukunft", erklärt Surer, der sich von der Verpflichtung auch eine abschließende Bewertung des Stuttgarter Formel-1-Projekts erhofft: "Vor allem wird er zeigen, wie schnell der Mercedes wirklich ist. Mit Hamilton ist neuer Elan drin. Wenn sie ihm einigermaßen ein Auto geben, dann wird er es auch vorn hinstellen."

Karriere-Prüfstein für Rosberg

Auch auf Hamiltons Freund und zukünftigen Teamkollegen Nico Rosberg wird sich die Personalie positiv auswirken, glaubt Surer: "Ich bin gespannt, denn er kriegt jetzt natürlich richtig Druck", bemerkt er über den Wiesbadener, schränkt aber ein: "Gut, den hatte er auch mit Michael Schumacher. Der hat aber auch ein bisschen Aufmerksamkeit von Nico weggenommen." Obwohl Rosberg stets eindeutig der Schnellere gewesen sei, die Medien hätten sich jedoch auf den Rekord-Weltmeister gestürzt.

Für Rosberg ginge es nun darum, sein Talent unter Beweis zu stellen: "Jetzt bekommt Nico wieder einen vor die Nase gesetzt. Und wir werden sehen, wie gut er ist", blickt Surer voraus. Er hält Hamilton - wie auch im Vergleich mit Sebastian Vettel und Fernando Alonso - für den Schnelleren, aber wegen der mangelnden Rennintelligenz eben nicht unbedingt für den Besseren und sieht darin Rosbergs Chance. Surer fühlt sich an Alain Prost, Niki Lauda und das Jahr 1984 erinnert.

Der Franzose war der aufsteigende Star. Der Österreicher gab sein Comeback als Teamkollege bei McLaren sein Comeback - und wurde mit einem halben Punkt Vorsprung Weltmeister: "Niki Lauda hat sofort gemerkt: Der Prost ist sauschnell. Den kann ich nicht schlagen. Außer, ich mache etwas besser als er", erklärt Surer das Prinzip. "Lauda versuchte dann, das Auto besser für die Renndistanz abzustimmen. Prost hat daraus gelernt. Gegen Senna, der ja auch wie Hamilton als Überflieger galt, hat er es genau gleich gemacht."

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