Der McLaren-Teamchef verhandelte schon 2012 mit dem Finnen und macht die Angelegenheit erneut zum Thema - Perspektive auch für Button und Perez
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Red Bull ist so gut wie vom Tisch, Ferrari weiter nicht mehr als ein brandheißes Gerücht und Lotus immer eine Option, wenn er gute Kontakte zu einem Geldeintreiber hat oder auf den schnöden Mammon keinen Wert legt: Für Kimi Räikkönen schienen die Optionen für die Saison 2014 sondiert. Pustekuchen! Am Dienstag stößt Martin Whitmarsh die Tür zu McLaren für den Finnen sperrangelweit auf: "Ich sollte es wahrscheinlich nicht, aber ich bin komplett offen", sagt der Teamchef 'Formula1.com'.
In Woking war eine Verpflichtung Räikkönens 2013 bereits Tagesordnungspunkt - und das nicht zum ersten Mal. "Ja, das haben wir. Dieses Jahr gab es aber noch keine Gespräche - noch nicht", antwortet Whitmarsh auf die Frage, ob über die Personalie bereits ernsthaft diskutiert worden sei. Sogar direkten Kontakt habe es schon gegeben, wie der Brite einräumt, allerdings im Laufe der vergangenen Saison. "Es hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt", enthüllt er einen Anwerbungsversuch.
In Sachen Schmeicheleien scheint die personelle Brunftzeit bei Whitmarsh nicht beendet. Er betont, dass er die gemeinsamen Erfolge der Vergangenheit nicht vergessen habe: "Kimi war schon immer großartig und ich bin ein riesiger Fan von ihm." Räikkönen war von 2002 bis 2006 für McLaren aktiv, wurde in der Zeit zweimal Vizeweltmeister und gewann neun Grands Prix. Sein erster WM-Titel scheiterte nur am Technikpech. Eine Renaissance der Verbindung scheint trotzdem äußerst unwahrscheinlich, weshalb kaum ein Experte die Konstellation bisher auf dem Schirm hatte.
Kann McLaren auf Perez' Millionen verzichten?
McLaren verfügt mit Jenson Button über einen schnellen, technisch versierten und im Team angesehnen Piloten, der außerdem ein erstklassiger Repräsentant in der Öffentlichkeit ist. Seine vertragliche Option auf 2014 ist noch nicht gezogen, das scheint aber nur eine Formalität zu sein. Dazu bringt Sergio Perez als zweiter Fahrer die dringend benötigte Finanzspritze des Mobilfunk-Milliardärs Carlos Slim mit, dessen Unternehmen Vodafone im kommenden Jahr als Hauptsponsor der 'Chrompfeile' ablöst.
Trotzdem hält Whitmarsh eine gegenseitige Annäherung mit Räikkönen nicht für ausgeschlossen und kokettiert mit einem Abschied von Lotus sowie fehlenden Perspektiven bei Red Bull und Ferrari: "Könnte sein. Offenbar ist Kimi gewillt, sich anders zu orientieren und ich habe das Gefühl, dass ihm das nicht gelingt. Mal sehen, wie er vorankommt." Whitmarsh tritt nach seinem durchaus überraschenden Vorstoß wieder auf die Bremse: "Es gibt im Moment viele Spekulationen, also abwarten, was passiert."
Aktuelle Fahrer "verdienen" Cockpit
Vielleicht ist die entscheidende Variable im Kampf um Räikkönen der neue Motorenlieferant Honda, der 2015 einsteigt. Die Japaner verlangen für Partnerschaft und Kundenaggregate kein Geld, wie es nach dem Ablauf einer Mercedes-Schonfrist seit 2013 wieder der Fall ist. Dazu würde die erhöhte Medienaufmerksamkeit, die ein zweiter Weltmeister ins Team brächte, McLaren über einen möglichen neuerlichen sportlichen Engpass hinweghelfen. "Das könnte sein", bestätigt Whitmarsh, bleibt dabei aber unverbindlich.
In das Bild eines großen Coups würde passen, dass Räikkönens Manager Steve Robertson immer wieder von "mehreren Optionen" spricht - auch nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Red Bull. Nicht hingegen, dass Whitmarsh insbesondere Perez den Hof macht: "Behalten Sie in Erinnerung, dass 'Checo' noch immer verdammt jung ist. Er ist zehn Jahre jünger als Jenson", nimmt er den 23-Jährigen, der nicht einmal die Hälfte der WM-Punkte seines Teamkollegen eingefahren hat und im Qualifying-Duell mit 4:7 zurückliegt, in Schutz - trotz vieler hitz- bis dummköpfiger Aktionen.
Der Teamchef nimmt einen Teil des Versagens auf sich und den schwachen MP4-28: "Ich muss anmerken, dass wir unseren Piloten in diesem Jahr nicht das Auto zur Verfügung gestellt haben, das wir ihnen hätten geben sollen." Auch ihnen steht die Tür für 2014 offen: "Sie waren fantastische Botschafter und verdienen es, mit uns im kommenden Jahr den nächsten Versuch zu starten. Geben wir ihnen ein Auto, das gut genug ist, können beide gewinnen. Wir wissen das." Wenn die Sache so klar ist, fragt es sich, wieso Whitmarsh Räikkönen plötzlich den roten Teppich ausrollt.