Williams-Fahrerfrage: Massa und Wehrlein aus dem Rennen?

, 29.10.2017

Felipe Massa reagiert allergisch auf Fragen nach seiner Zukunft und muss seine Karriere wohl beenden - Einsatz von Robert Kubica in Abu Dhabi möglich

Die Formel-1-Karriere von Felipe Massa - dafür verdichten sich nach und nach die Anzeichen - neigt sich dem Ende zu. Zwar hat sich Williams noch nicht endgültig entschieden, wer 2018 Teamkollege von Lance Stroll werden soll, doch dass der 36-jährige Brasilianer eine weitere Saison anhängen darf, gilt als unwahrscheinlich.

Von der ursprünglichen Kandidatenliste werden immer mehr Namen gestrichen. Massa ist, so hört man, nur noch der Notnagel, falls sich gar kein anderer finden sollte. Bleiben noch Paul di Resta und Robert Kubica. Di Resta wird wohl Ersatzmann bleiben - und Kubica war bei den Renault-Tests nicht so beeindruckend schnell, wie zunächst verbreitet wurde, hört man aus erster Hand.

Das nährt die Theorie, dass Williams nur noch mit der Option Kubica wedelt, um Mercedes unter Druck zu setzen, mehr Geld für den eigentlichen Wunschkandidaten Pascal Wehrlein zu bezahlen. Aber auch Wehrlein ist seit diesem Wochenende aus dem Rennen. Also kommt ein Überraschungskandidat ins Spiel: Daniil Kwjat, der gerade von Red Bull rausgeschmissen wurde.

"Kwjat ist ein sehr respektabler Fahrer. Ihn sollte man in Betracht ziehen", erklärt Williams-Technikchef Paddy Lowe. In Austin wurden Gespräche mit dem Russen vertieft, der in Abwesenheit von Wehrlein wohl der aussichtsreiche Kandidat ist, was das fahrerische Potenzial angeht. Denn mit Massa, der wohl auf ähnlichem sportlichen Niveau fährt, scheint das Team abgeschlossen zu haben.

Massa für Williams zu teuer

Der Brasilianer wurde Ende 2016, als er seine Karriere eigentlich schon beendet hatte, mit einem gut dotierten Vertrag aus der Rente zurückgeholt. Williams könnte sich vorstellen, ihn weiter fahren zu lassen (was auch Massa möchte), aber nur zu deutlich günstigeren Konditionen. Dass sich Massa darauf einlassen wird, erscheint unrealistisch.

Dass sich seine Zeit bei Williams dem Ende nähert, scheint er zu spüren. Nach dem Qualifying in Mexiko reagierte Massa emotional auf Fragen nach seiner Zukunft - fast so, als würde er ahnen, dass er bald in Rente geschickt wird. Nur: Im Gegensatz zu 2016 ist es diesmal kein Rücktritt zu seinen Bedingungen, sondern ein Abschied wider Willen. Das tut weh.

Emotionale Medienrunde in Mexiko

Besonders allergisch reagiert er auf Gerüchte, wonach Williams schon in Abu Dhabi Kubica ins Cockpit setzen könnte, um den Polen einem Praxistest zu unterziehen: "Wer behauptet sowas?", will Massa wissen. "Ich werde in Abu Dhabi fahren. Ich werde alle Rennen fahren, für die mein Vertrag läuft, und zwar mit Freude. Ich kann nichts über meine Zukunft sagen. Aber das ist doch völlig ..."

Er beendet den Satz nicht, sondern macht nur ein kreischendes Geräusch und äfft mit seinen Händen einen Scheibenwischer nach. Jemand, der über den Dingen steht, reagiert anders. Und Massa schaltet auch gleich instinktiv auf Defensivmodus, wenn seine Leistung hinterfragt wird: Er bereue seinen Rücktritt vom Rücktritt überhaupt nicht, und sein "Comeback" sei ein "Erfolg auf der ganzen Linie".

"Ich habe heute eine perfekte Runde hingelegt, ich habe beim letzten Rennen eine perfekte Runde hingelegt. Ich leiste großartige Arbeit", findet er. "Leider werden manchmal nur die WM-Punkte gesehen, und danach wird dann auch entschieden. Okay. Dann gehört aber auch Alonso nicht in die Formel 1, weil er weniger Punkte hat als sein Teamkollege!"

Jede Menge Punkte verloren

"Ich fahre eine fantastische Weltmeisterschaft. Leider habe ich nicht die Punkte, die ich haben sollte. Aber das ist nicht mein Fehler", stöhnt Massa und zählt den Reifenschaden in Sotschi auf, an sechster Stelle liegend, die Startkollision in Barcelona, die ihn angeblich den vierten Platz gekostet hat, und den Ausfall in Baku, wo seiner Meinung nach sogar der Sieg möglich gewesen wäre.

"Mit der Hälfte dieser Punkte würde es schon ganz anders aussehen", sagt Massa. "Wenn ich schlecht fahre, bin ich der Erste, der das zugibt. Aber ich bin total zufrieden mit meinem Tempo, die ganze Saison. Und wenn du das Beste aus dem Auto holst, warum solltest du dann aufhören? Aber das ist nicht meine Entscheidung, sondern die des Teams."

Und das Team wird sich voraussichtlich gegen ihn entscheiden. Massas Wunsch: dass er zumindest vor dem nächsten Rennen in Brasilien informiert wird, ob es weitergeht oder nicht. Denn sich anständig von seinen Fans zu verabschieden, ist ihm ein großes Anliegen. "Das wäre für alle wichtig. Für mich und das Team", findet er.

Massa will rasche Entscheidung, Williams nicht

Bei Williams sieht man das anders. Das Team hat das attraktivste noch verfügbare Cockpit im Angebot und steht dementsprechend nicht unter Zeitdruck. "Wir reden die ganze Zeit mit Felipe und werden sehen, wohin das führt", bleibt Lowe bei dem Thema vage - und meint auf die Frage, ob man Massa den Wunsch nach einer Entscheidung vor Brasilien erfüllen wird: "Das möchte ich lieber nicht kommentieren."

"Das Verhältnis zwischen Teams und Fahrern ist leider meistens angespannt, wenn es um Vertragsverlängerungen geht", relativiert er. "Wenn Otto Normalverbraucher um seinen Job kämpft, passiert das privat. Ein Formel-1-Fahrer steht im medialen Rampenlicht. Das macht es komplexer, als wir gerne hätten. Aber Felipe ist ein toller Kerl, und er hat ein gutes und respektvolles Verhältnis zu Williams."

Kubica: Chance in Abu Dhabi?

Sicher ist derzeit nur, dass Kubica weiter getestet werden soll. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beim Saisonfinale in Abu Dhabi könnte er entweder nur das Freitagstraining oder sogar das komplette Rennwochenende an der Seite von Stroll bestreiten. Oder aber, wenn das nicht klappt, zumindest die ab Dienstag anstehenden Tests.

Die FIA-Superlizenz wäre dabei "kein Problem", versichert sein Management. Als ehemaliger Superlizenz-Halter musste Kubica nur einen zufriedenstellenden Test in einem zeitgemäßen Auto absolvieren, was längst passiert ist. Das Thema war bereits nach seinen 550 Testkilometern für Renault in Valencia erledigt. In Ungarn stellte er sich zudem einer FIA-Untersuchung.

Formell beantragt werden kann die Superlizenz aber erst, sobald zwischen dem in Frage kommenden Fahrer und dessen Team ein Vertrag geschlossen und beim Contract-Recognition-Board in Genf registriert wurde. Das ist ein reiner Formalakt. Sollte Williams wollen, dass Kubica in Abu Dhabi fährt, wäre das machbar.

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