Mercedes steht vor der Tagung des Tribunals am Donnerstag im Zuge der Testaffäre unter Druck, doch eine E-Mail von Charlie Whiting könnte das Blatt wenden
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Unaufhaltsam tickt die Uhr in Richtung 20. Juni. Dann soll im Thema Reifentest zwischen Pirelli und Mercedes endlich eine Entscheidung getroffen werden. Das Internationale Tribunal der FIA wird sich am Donnerstag des Falls annehmen - unter ihnen übrigens auch zwei Deutsche. Waltraud Wünsch und Dirk-Reiner Mertens gehören zum zwölfköpfigen Komitee des Tribunals. Wünsch war als Rennkommissarin beim Deutschland-Grand-Prix schon mehrfach mit der Formel 1 in Verbindung, Mertens ist Sportanwalt, dessen Spezialgebiet eigentlich Basketball ist.
Diese beiden müssen mit ihren zehn Kollegen über das Schicksal von Mercedes entscheiden. Bisher sieht die Faktenlage bei den Silberpfeilen alles andere als rosig aus, doch noch könnte man die große Trumpfkarte aus dem Ärmel ziehen. Wie diverse Medien berichten, will Mercedes am Donnerstag den schriftlichen Beweis vorlegen, dass man die Erlaubnis zum Testen bekommen habe.
Laut Gerüchten im Fahrerlager hat Mercedes eine E-Mail des FIA-Delegierten Charlie Whiting vorliegen, der dem Team auf Anfrage den Test zugestanden habe. Das muss nicht unbedingt zum Freispruch für die Silberpfeile führen, sollte ihre Ausgangslage allerdings erheblich verbessern - und eine neue Partei in den Streit um die Reifenaffäre bringen. Dem gegenüber steht aber immer noch das von Teamchef Ross Brawn unterschriebene Dokument, das eine Testvereinbarung regeln soll. Mercedes soll sich an einige Punkte davon nicht gehalten haben.
Bei Mercedes gibt man sich anlässlich der bevorstehenden Entscheidung gelassen: "Wir hätten den Pirelli-Test nicht gemacht, wenn wir nicht geglaubt hätten, dass wir ihn machen dürfen", sagte Brawn noch am vergangenen Wochenende in Kanada. "Ich glaube, wenn wir vor das Tribunal gehen, werdet ihr eure Antworten haben." Auch Pirelli will zu diesem Termin alle Karten auf den Tisch legen, und die Dinge aus der eigenen Sicht schildern.
Gespann blickt die ganze Formel-1-Welt auf die bevorstehende Entscheidung. Mit einer sanften Lösung rechnet eigentlich keiner - auch Ex-Pilot und RTL-Experte Christian Danner nicht: "Ich befürchte eine saftige Strafe für Mercedes", so Danner zu 'Bild am Sonntag'. "Denn ohne ein funktionierendes Sportgesetz kann eine Sportart wie die Formel 1 nicht existieren."
Doch die E-Mail, die Mercedes präsentieren will, könnte sich noch zum entscheidenden Beweis entwickeln - dann wären plötzlich Charlie Whiting und die FIA unter Druck. "Je nachdem, wer hier einen Fehler gemacht hat, werden entweder bei Mercedes oder bei der FIA Köpfe rollen", ist sich Danner sicher. Die endgültige Wahrheit scheint nur vier Tage entfernt zu sein.