WM-Duell in Barcelona: Wird aus dem Zwei- ein Vierkampf?

, 11.05.2017

Mercedes und Ferrari sehen Spanien als eine Standortbestimmung von vielen - Bottas und Räikkönen können aufschließen - Vettel: "Knifflig, Dominanz zu brechen"

"Es ist noch viel zu früh, um über den Titel zu sprechen. Wir stehen erst kurz davor, 25 Prozent der Rennen absolviert zu haben", sagt Valtteri Bottas im Vorfeld des Spanien-Grand-Prix in Barcelona. Damit rüffelt der Mercedes-Pilot die halbe Formel 1, schließlich kennt die Szene nur wenig andere Themen als den Kampf zwischen den Silberpfeilen und Ferrari um die Krone. In Katalonien geht der Fight in die fünfte von 20 Runden. Für wegweisend halten die Protagonisten sie aber nicht.

Der Europa-Auftakt hätte seinen Stellenwert als Standortbestimmung für den Rest der Saison verloren, meint Ferrari-Star Sebastian Vettel: "Schon in den vergangenen zehn Jahren war es nicht mehr der Termin, an dem man ein neues Auto bringt", wehrt sich der Deutsche gegen das Gerede von einer Update-Flut. Er korrigiert: "Die Topteams haben doch für fast jedes Rennen etwas im Gepäck." Vettel beschreibt die Piloten als "verwöhnte Kinder", die ständig neues Spielzeug bekämen.

Durch die ausgefeiltere Logistik sei Barcelona nicht mehr so prädestiniert für neue Technikclous: "Früher war es so, weil es näher zu den Teamfabriken (die meisten in Großbritannien oder Italien; Anm. d. Red.) gelegen ist. Aber jüngst kamen große Kiste tausende Kilometer entfernt in letzter Minute an", erklärt Vettel. Dennoch: Mercedes überrascht in Spanien mit vielen Neuerungen am W08 und hat einen Bottas im Gepäck, der nach dem Formel-1-Sieg vor Selbstvertrauen nur so strotzt.

Hamilton von Bottas' Leistungen nicht überrascht

Der Finne bleibt trotz der gestiegenen Erwartungshaltung cool: "Ich bin hier, um in jedem Rennen um den Sieg zu kämpfen. Es ist mein Job." Nicht überrascht von der Galavorstellung seines Teamkollegen ist Lewis Hamilton. Von einem Journalisten auf die Schlappe gegen Bottas in Sotschi angesprochen winkt der Ex-Champion ab: "Natürlich ist er konkurrenzfähig - schon als er zu uns gekommen ist. Viele von euch (die Medien; Anm. d. Red.), die Leute und die Fans hatten vorgefasste Vorstellungen davon, wie er abschneiden wird, und er hat alle eines Besseren belehrt."

Bottas bliebe für den Rest des Jahres ein Konkurrent, betont Hamilton und würdigt die "respektvolle Beziehung" zu seinem Stallgefährten. In der Tat mischt der Neuzugang im WM-Tableau, das Vettel mit 86 Zählern vor Hamilton (73) und ihm (63) anführt, mit. Fast abgeschlagen wirkt Kimi Räikkönen (49). Bottas hat den Landsmann dennoch auf der Rechnung und warnt: "Wir sollten Kimi nicht unterschätzen. Wir sehen zwei und nicht nur einen Ferrari als unsere Konkurrenten an."

Ferrari tüftelt an Qualifying-Tempo, Mercedes an Reifennutzung

Sollte der 37-jährige Oldie weiter zurückfallen und früh keine Aussichten mehr auf den Titel haben, könnte es Vettel in die Karten spielen - weil sich dann alles in Maranello um ihn drehen würde und eine Stallregie nicht mehr ausgeschlossen wäre. Der Heppenheimer rechnet mit dem Gegenteil und glaubt, dass Räikkönen in Barcelona die Kritiker abstrafen könnte: "Wenn Kimi hier gewinnt, ist es ein Vierkampf", mahnt Vettel und findet: "Umso mehr Fahrer mitmischen, umso besser für uns."

Er rechnet sogar damit, im Saisonverlauf im Duell der Roten "auch mal hinten" zu sein: "Das ist normal." Schließlich könnten die Updates Räikkönen helfen. Im Zuge der Regelnovelle besteht bei den Designern viel Spielraum für Veränderungen, die Karten werden also ständig neu gemischt. "Die Entwicklung wird gewaltig sein", verspricht Vettel. Bottas stimmt zu: "Wir haben noch viel in der Hinterhand." Während Mercedes für konstanteren Umgang mit den Reifentemperaturen sorgen will, tüftelt Ferrari an mehr Performance in langsamen Kurven und mehr Boost für das Qualifying.

"Sonst ist unser Auto gut", findet Vettel, um die Favoritenrolle wieder von sich zu weisen: "Mercedes ist die Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Es ist schwierig, ihre Dominanz zu brechen." Mit zwei Siegen in vier Rennen sei Ferrari das bereits gelungen, ließe sich entgegnen. Und auch Vettel sieht seine Truppe auf dem Vormarsch: "Es kann wegen der Resultate keinen Zweifel geben, dass wir die richtigen Leute beisammen haben, um ein siegfähiges Auto zu bauen", sagt er und will in Barcelona auf den Eindrücken der Wintertestfahrten aufbauen: "Die Bedingungen im Mai sind andere als im Februar oder März. Wenn sich das Auto ähnlich gut anfühlt, wäre es ein guter Anfang."

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