Kein Durchmarsch für die Mercedes-Motoren: Max Verstappen und Daniel Ricciardo ärgern Williams und Co. - Und das mit völlig ungeeignetem Set-up!
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Eigentlich hätten die Red-Bull-Piloten angesichts der Strafversetzungen bei Trockenheit schon in Q2 nicht mehr fahren sollen, doch der Regen ließ bei den Bullen noch einmal berechtigte Hoffnung aufkeimen. So mischten Max Verstappen und Daniel Ricciardo im verspäteten Monza-Qualifying bis ins Q3 mit. Und sorgten dort für Furore: Beide Red-Bull-Piloten waren bis zuletzt ernsthafte Kandidaten für eine Pole-Position, die sie wegen ihrer Strafplätze nie würden in Angriff nehmen können.
Am Ende wurden es im Königlichen Park die Plätze zwei (Verstappen) und drei (Ricciardo) für das Team rund um Christian Horner. Gegen die überlegene Runde von Lewis Hamilton, der sich die Bestzeit mit sagenhaften 1,148 Sekunden Vorsprung holte, war selbst Regenmeister Max Verstappen machtlos. Trotzdem holte Red Bull ein Ergebnis, von dem der gesamte Rennstall nur hätte träumen können. Im Trockenen wäre dieses Abschneiden nicht möglich gewesen und auch im Nassen ist es eine Überraschung.
Den Grund dafür äußerst Helmut Marko: "Die Leistung unserer beiden Fahrer ist umso bemerkenswerter, als dass wir denkbar niedrigste Abtriebs-Konfiguration gefahren sind, die unser Auto überhaupt zulässt." Während so manch anderer - Marko verweist dabei insbesondere auf Lance Stroll - wesentlich mehr Abtrieb auf dem Auto hatte. Die Abstimmung mit flachen Flügeln erfolgte im Hinblick auf ein trockenes Rennen, mit dem Red Bull weiter rechnet. Bekanntermaßen ist bei Regen viel Abtrieb König, weshalb das starke Auftreten beider Red-Bull-Piloten als Überraschung gewertet werden darf.
Verstappen auf allen Reifentypen stark
Egal, ob Intermediates oder Regenreifen - Max Verstappen war in allen drei Qualifying-Segmenten in Bestform. Zwar klagte er zwischenzeitlich, dass er die Intermediate-Reifen nicht auf Temperatur bekommen würde, trotzdem sortierte er sich regelmäßig hinter den überlegenen Mercedes ein.
In Q3 wurden auf den Starkregenreifen die Karten neu gemischt. "Ich bin dort viel herumgerutscht und hatte besonders im dritten Sektor nicht so viel Grip", ist Verstappen mit der Balance seines Autos nicht ganz zufrieden. "Ich habe die Reifen abgekühlt und im letzten Anlauf lief alles gut." Der Lohn: 1:37.702 Minuten und Rang zwei. "Damit bin ich zufrieden", strahlt der 19-Jährige. "Letztlich haben wir einen sehr guten Job gemacht, mit diesem Paket hier auf Platz zwei zu fahren. Es war schön, mal wieder im Regen zu fahren."
Ricciardos wundersame Wiederauferstehung in Q3
Bei Daniel Ricciardo lief es genau umgekehrt: Er hatte mehr Probleme auf den Intermediates. "Q1 und Q2 waren schrecklich, da hatten wir insbesondere beim longitudinalen Grip Probleme; es fühlte sich einfach an, als hätten wir Slicks drauf", meldet der Australier zu wenig Haftung beim Bremsen und Beschleunigen.
In Q3 lief alles besser und er hielt zwischenzeitlich sogar die Bestzeit. "Da haben wir einen etwas besseren Rhythmus hinbekommen und die Reifen schienen mehr Grip aufzubauen", begründet er die stark verbesserte Form auf dem Regenreifen für viel Wasser. "Schon auf der Outlap hatte ich viel mehr Haftung als in Q1 und Q2. Es war einfach ein anderes Auto."
Am Ende musste er sich zwar nur um 0,139 Sekunden gegenüber Regen-Wunderkind Verstappen geschlagen geben, trotzdem war dies seine bereits seine neunte Qualifying-Niederlage der Saison. Er nimmt es gelassen: "Es war zum Schluss sehr eng - nicht mit Lewis, aber mit Max und auch Lance (Stroll) hinter uns." Ohnehin haben die Plätze zwei und drei nur statistischen Wert, denn aufgrund der vielen Strafen müssen die beiden Red-Bull-Piloten im Rennen von den hinteren Plätzen losfahren - Verstappen von Position 15, Ricciardo von 19.
Marko wettert gegen Strafen und Wartezeit
"Es ist keine tolle Startposition, aber es sollte möglich sein, zurück in die Punkte zu kommen", prognostiziert Verstappen. "Natürlich ist es für mich persönlich schade, denn ich wäre gerne da vorn gestartet." Beide Fahrer streben an, sich am Sonntag tief in die Punkterängen zurückkämpfen zu wollen. Für das Rennen sind trockene Verhältnisse angesagt. Das sollte zwar theoretisch ein Nachteil für Red Bull sein, doch das Low-Downforce-Set-up könnte sich noch als goldrichtig erweisen. "Einige sind heute mit Monaco-Abstimmung gefahren", weiß Helmut Marko. "Da kann morgen einiges passieren."
Der 74-Jährige nutzt die Gelegenheit, um seinem Unmut über die Strafversetzungen Luft zu machen: "Ich kann gar nicht aufzählen, für was wir alles strafversetzt werden. Eine Unsinnigkeit, sowas einzuführen. Was können die Fahrer dafür? Man sollte eine Motorenwertung einführen und denen die Punkte abziehen." Ohnehin koste es viel mehr, die Entwicklung auf vier Triebwerke pro Saison zu verteilen als zum Beispiel auf sieben, fügt er bezüglich der starken Begrenzung der Anzahl der Motoren pro Saison hinzu.
Wenig überraschend kann er auch der langen Wartezeit nicht viel abgewinnen: "Es waren Bedingungen zu gewissen Zeiten, wo es zumutbar und sicherheitstechnisch vertretbar gewesen wäre, zumindest Q1 durchzuziehen. Bald haben wir amerikanische Verhältnisse und fahren gar nicht mehr bei Regen, wenn wir so weitermachen. Das ist für die Formel 1 nicht richtig. Wir haben die besten Fahrer, wir haben die besten Autos und wir haben Extremwetterreifen, die dieses Wasser verdrängen können." Zahlreiche Fans dürften an jenem Rennnachmittag derselben Meinung gewesen sein...