GP2-Pilot Daniel Abt hat auch keine wirkliche Lösung für die ART-Krise und muss weiter auf Besserung hoffen - Der Kemptener erklärt das Chaos-Wochenende
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Für Daniel Abt war der Monaco-Auftritt ein Wochenende zum Vergessen: Schon in der Qualifikation hinkte ART hoffnungslos hinterher, und auch der Startunfall in Rennen eins half dem Deutschen nicht so recht weiter. Zwar war er dem Chaos unfallfrei entkommen, doch seine Technik ließ ihn dabei im Stich, weswegen er das Rennen beim Restart von ganz hinten aufnehmen musste. Wie er das Chaos erlebt hat, was er zum Thema Johnny Cecotto zu sagen hat, und welche Umstände ihm sonst noch einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, das erzählt der 20-Jährige im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.
Frage: "Daniel, wie fühlt sich das an, mit einem GP2-Boliden durch Monaco zu rasen?"
Daniel Abt: "Es ist definitiv ein Highlight! Es war letztes Jahr in der GP3 schon aufregend und spannend, aber jetzt mit diesen deutlich höheren Geschwindigkeiten da rumzufahren, war schon eine coole Erfahrung, und hat natürlich abgesehen vom Ergebnis sehr viel Spaß gemacht."
Frage: "Monaco oder Macao?"
Abt: "Vom Flair und vom ganzen Drumherum definitiv Monaco. Vom Racing her eher Macao, weil man einfach ein bisschen besser überholen kann."
Frage: "Das dominierende Thema an diesem Wochenende war der Startunfall im Hauptrennen, der neun Autos ins Aus gerissen hat. Wie hast du diese Szene gesehen?"
Abt: "Fast zu spät. (lacht) Das Problem war natürlich, dass einfach sehr viel Chaos war in der ersten Kurve, und dass man sowas meistens zu spät sieht. In meiner Situation gab's nur eine Möglichkeit, und die war links vorbeizufahren bzw. links den Unfall zu vermeiden. Es ging alles relativ schnell. Ich konnte zumindest vermeiden, dass irgendetwas kaputtging, aber war dann einfach eingequetscht, weil die ganze Strecke voll war."
Frage: "Dass Rene Binder dich dabei von hinten leicht touchiert hat, hatte keinen Einfluss, oder?"
Abt: "Nein. Der hat mich hinten nur auf der Crashbox getroffen. Das war kein Problem."
Strafe für Cecotto unwirksam und zu spät
Frage: "Findest du es richtig, dass Johnny Cecotto jnr. bestraft worden ist, denn immerhin hast du dich ja schon nach Barcelona über ihn beschwert?"
Abt: "Für das, was dort passiert ist, würde man normalerweise keine Strafe aussprechen. Normalerweise würde ich auch sagen, dass man für sowas keine Strafe geben sollte, weil es halt ein Rennunfall ist. Er ist nicht mit Absicht da reingefahren. Ich glaube die Strafe kam einfach aufgrund dessen, was sich alles angehäuft hat, und weil die Kommissare vielleicht realisiert haben, dass sie die letzten Male vielleicht ein bisschen zu leicht mit ihm umgegangen sind - oder wie in Barcelona gar nicht."
"Es ist immer ein bisschen schwierig. Meines Erachtens hätte man lieber nach Barcelona etwas machen sollen, und nicht jetzt in dem Fall. Aber es war auf jeden Fall gut, dass es mal einen Denkzettel gibt. Wobei man ehrlich sagen muss, dass es keine wirkliche Strafe war. Wenn man im zweiten Rennen von Platz 20 startet, hätte es wahrscheinlich keinen Unterschied gemacht, ob er angetreten wäre oder nicht."
Frage: "Du wolltest das Thema Cecotto sowieso beim Fahrermeeting noch einmal ansprechen. Haben auch andere Fahrer sich dazu noch geäußert?"
Abt: "Ich habe es angesprochen, aber wirklich drauf eingegangen ist man nicht. Ich spreche auch mit anderen Fahrern, und man merkt, dass es ein hitziges Thema ist, und dass ich mit meiner Meinung nicht alleine war. Es ist jetzt auch kein Thema, über dass ich mir einen großen Kopf mache. Ich habe einmal meine Meinung dazu gesagt, und zu der stehe ich auch. Alles andere ist nicht meine Aufgabe."
Frage: "Nach dem Startunfall gab es ein paar kuriose Szenen: Du wurdest von den Marshalls ein paar Mal erfolglos angeschoben. Dann wurdest du rückwärts in die Startaufstellung geschoben, wodurch du eine Runde verloren hast, was später wieder korrigiert wurde. Wusstest du immer genau was los war?"
Abt: "Nein, ich wusste nicht, was los war. Es ging damit los, dass mein Motor nicht angegangen ist, weil ich eine Warnmeldung vom Motor her bekommen habe, dass mein Öldruck zu niedrig ist. Dadurch ist der Motor sozusagen in einen Safety-Mode gegangen, und ist einfach nicht mehr angegangen. Man hat es ein paar Mal probiert, und als dann die Warnung wegging - und es meines Erachtens nach hätte funktionieren müssen - hieß es dann, man schiebt mich nicht mehr, und man schiebt mich direkt in die Startaufstellung zurück."
"In dem Moment dachte ich mir: 'Es macht keinen Unterschied. Okay. Spar ich mir, die Runde zu fahren.' Wie sich herausgestellt hat, war es dann nicht okay. Es ist ein bisschen schwierig mit den Regeln. Ich war der Meinung, dass es anders gehandhabt wird, weil wir im Prinzip keine Runde gefahren sind. Es war direkt Abbruch. Normalerweise zählt das Ergebnis von der Runde davor - aber wir hatten keine Runde. Es ist ja keiner über Start/Ziel gefahren, es ist jeder davor angehalten. Somit hat keiner die Runde beendet."
Undurchsichtige Entscheidungen
"Es war dann ein bisschen kurios. Man hat im Prinzip die Vorderen, die durchgekommen sind, nach dem Ergebnis vom zweiten Sektor aufgestellt. Und alle die angeschoben wurden, wurden nach dem Ranking im Qualifying aufgestellt - bis auf mich. Weil man mich zurückgeschoben hat, wurde ich komplett nach hinten versetzt. Da wusste keiner so wirklich, was Sache ist. Es war im Endeffekt schon sehr, sehr bitter für mich."
Frage: "Die Runde hast du aber letztendlich nicht verloren."
Abt: "Ja, das nicht. Aber ich habe sechs oder sieben Plätze dadurch verloren. Ich wäre sonst von elf oder zwölf gestartet, und so bin ich von 17 oder 18 losgefahren. Es hat definitiv nicht geholfen."
Frage: "Hört sich nach Kritik an der Rennleitung an. Auch andere Fahrer haben sich beschwert, dass man den Grid eher nach Gutdünken aufgestellt habe."
Abt: "Die können auch nur ihren Job machen. Ich glaube, das war in dem Moment nicht einfach, weil es einfach ein extremes Chaos war. Es war für uns Fahrer sehr undurchsichtig. Auch das Team wusste nicht so wirklich, was geschieht. Es war halt ein bisschen schwierig. Es gab auch Fahrer, die kleine Beschädigungen am Auto hatten und ausgestiegen sind. Und die dann, als sie gesehen haben, dass ich wieder angeschoben werde, wieder ins Auto eingestiegen sind - in der Hoffnung, sie kommen auch wieder zurück. Es war schon ein bisschen kurios, muss man sagen."
Frage: "Für dich ging es kurios weiter. Du hast in der Rascasse versucht, Rio Haryanto zu überholen - und hast dafür eine Durchfahrtsstrafe kassiert. Du hast auch von anderen Fahrern Zuspruch bekommen, die keine Bestrafung erteilt hätten. Wie ist deine Sicht?"
Abt: "Ich war viele Runden hinter Haryanto und habe mir natürlich angeschaut, wo es möglich ist. Er ist an allen normalen Stellen sehr viel Kampflinie gefahren. Somit war es nicht möglich, da zu überholen. Das war eigentlich die einzige Stelle, wo ich gesehen habe, dass er sehr früh auf der Bremse ist. Ich habe mir im letzten Jahr ein GP2-Rennen angesehen, und habe gesehen, dass einer dort ein Überholmanöver gemacht hat. Das hatte ich noch im Kopf, und das fand ich auch ziemlich beeindruckend. Ich habe gedacht, das probiere ich auch mal aus. Viel verlieren konnte ich eh nicht. Ich musste irgendwie vorkommen."
"Ich glaube, soweit ich das aus meiner Sicht beurteilen kann, war es eigentlich sauber. Ich bin sauber neben ihn gefahren, ich habe ihm Platz gelassen und versucht, so eng wie möglich inne vorbeizufahren, um eine Berührung zu vermeiden. Aber er wollte halt den Platz nicht hergeben und hat dagegengehalten. Dann wird es doch eng in so einer Kurve. Er ist dann in die Mauer gedonnert. Klar, das war nie meine Absicht. Ich habe eigentlich keinen einzigen blöden Kommentar gehört. Alle waren auf meiner Seite - oder zumindest auf dem Standpunkt, dass es als Rennunfall gelten sollte. Es war nicht hilfreich für mich, die Strafe zu bekommen."
Frage: "Jolyon Palmer hat es im Sprintrennen geschafft, und auch Lewis Hamilton hat in der Formel 1 dort einen Angriff gestartet. Es kann also klappen."
Abt: "Meines Erachtens klappt der Move. Es hat bei den anderen auch geklappt. Aber da hat die andere Person jeweils mitgespielt. Wenn der Haryanto da ein bisschen aufmacht, dann können wir auch zu zweit durch die Kurve durchfahren, und dann verliert er halt den Platz. Aber wenn man dagegenhält, wird es irgendwann eng. Er ist halt in der Mauer gelandet."
Frage: "Deine Chancen im zweiten Rennen waren durch einen Frühstart relativ zeitig komprimiert..."
Abt: "Es war natürlich mein Fehler. Es war einfach so, dass ich die Kupplung ein bisschen zu früh habe kommen lassen, und die Kupplung heißgelaufen ist. Mein Auto ist einfach losgerollt. Ich habe gesehen, dass ich rolle. In dem Moment, wo man rollt, zählt es eh schon als Frühstart. Also bin ich dann einfach losgefahren. Gewinnen kann man eh nix mehr. Im Nachhinein hat es nichts geändert, sonst wäre ich halt 15. geworden oder so. Das Problem vom Wochenende war weder Rennen eins noch Rennen zwei. Das Problem war eigentlich das Qualifying. Das ist die Baustelle."
Problemzone Qualifying
Frage: "Wie ist deine Meinung zur zweigeteilten Qualifikation? In einem normalen Qualifying wärst du einen Platz hinter deinem Teamkollegen gelandet, so waren es (die Rückversetzung von Binder rausgerechnet) fünf Plätze..."
Abt: "Das muss man immer abwägen. Natürlich war es für mich nochmal unglücklicher, weil ich in der stärkeren Gruppe war. Aber im Endeffekt ist es für uns Fahrer schon sinnvoller, weil man einfach freie Fahrt hat. Man muss da einfach einen Kompromiss eingehen. Es macht so auf jeden Fall mehr Sinn, weil es sonst keiner schafft, eine freie Runde im Qualifying zu fahren. Man muss ganz ehrlich sagen: Ob ich in Monaco von 17 oder 22 starte, ist unter normalen Umständen auch egal. Dann ist das Wochenende meistens eh schon gelaufen. Gut, mein Teamkollege hatte außergewöhnlich viel Glück in der ersten Kurve, aber man kann nicht mit so einer Erwartung ins Wochenende gehen."
Frage: "Als vermeintliches Topteam von so weit hinten ins Rennen zu gehen ist sicherlich auch nicht in eurem Sinne. Woran liegt es nun, dass ihr da so hinterherhinkt?"
Abt: "Wenn ich's wüsste, wäre ich froh. Im Prinzip hat sich genau das fortgesetzt, was wir in den letzten Rennen schon gesehen haben: Dass wir im Qualifying nicht konkurrenzfähig sind. Wir haben im Training schon gemerkt, dass wir nicht schnell sind. Okay, da war mein Abstand zum Teamkollegen auch noch nicht gut, aber es war da schon schwer. Im Qualifying glaube ich, dass ich echt eine gute Runde gefahren bin. Das gleiche behauptet mein Teamkollege auch von sich."
"Wir sind halt 1,5 Sekunden weg, und wissen beide auch überhaupt nicht, wo diese Zeit liegt oder was wir tun können. Ich habe schon gefragt, ob wir mal die Schikane auslassen sollen, dann komme ich ungefähr auf die Zeit. Es ist sehr frustrierend im Moment. Ich kann da nicht so viel machen, außer versuchen, das Problem zu finden, darauf zu vertrauen, dass das Team möglichst bald einen Weg findet um dahin zu kommen, wo wir eigentlich hingehören."