Daniel Abt ärgert sich nach dem GP2-Auftritt in Barcelona vor allem über seinen ART und die Entscheidungen der Stewards: "Müssen wieder Topteam werden"
© Foto: Alastair Staley/GP2
Über zu wenig Fernsehzeit konnte sich Daniel Abt am Sonntag in Barcelona nicht beschweren: Der ART-Pilot war beim Sprintrennen der GP2-Serie auf dem Circuit de Catalunya über weite Strecken prominent im Bild. Kurz vor Ende des Rennens sah es nach einer guten Punktplatzierung aus, doch nach einer chaotischen Schlussphase musste sich der Kemptener mit Rang acht und einem Punkt zufriedengeben. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' löst der 20-Jährige die undurchsichtige Situation auf, erzählt, welche Strafen er ausgesprochen hätte, und erklärt, was gerade bei seinem ART-Team nicht rundläuft.
Frage: "Daniel, das Wochenende in Barcelona ist vorbei, du hast wieder einen Punkt geholt - oder muss man sagen, nur einen Punkt? Wie ist dein Fazit?"
Daniel Abt: "Man muss auf jeden Fall sagen, nur einen Punkt. Für einen Punkt sind wir definitiv nicht nach Barcelona gefahren. Es war wieder ein sehr schwieriges Wochenende. Es sind viele Dinge schiefgegangen. Wir waren das ganze Wochenende über wieder nicht schnell genug. Somit kann man eigentlich nicht wirklich zufrieden sein."
Frage: "Woran liegt es denn, dass ihr nicht so schnell seid?"
Abt: "Eigentlich hat sich nur das fortgesetzt, was wir in Bahrain schon gesehen haben: Dass wir einfach nicht in der Lage sind, das Griplevel der anderen zu erreichen. Es war wie in Bahrain, dass wir uns eigentlich nicht über die Balance des Autos beschweren konnten. Es hat sich eigentlich einigermaßen gut angefühlt, aber wir sind einfach langsam. Das war deutlich zu spüren. Mein Teamkollege hatte die Erfahrungswerte aus dem letzten Jahr. Er stand mit zwei Zehnteln Vorsprung auf Pole, jetzt war er sechs oder sieben Zehntel entfernt. Wir tun uns definitiv noch schwer und wissen nicht so wirklich, woran es liegt."
"Der schlechteste Boxenstopp aller Fahrer"
Frage: "Trotzdem warst du im Hauptrennen als Elfter knapp an einem Punkt dran. Jolyon Palmer hat als Dritter eine Zeitstrafe bekommen, und lag dann wenige Zehntel vor dir. Ärgerlich, oder?
Abt: "Im Rennen eins war etwas anderes viel ärgerlicher: der Boxenstopp. Ich hatte den schlechtesten Boxenstopp von allen Fahrern. Ich glaube, ich habe zwölf Sekunden verloren. Wenn einem so etwas passiert, ist das Rennen natürlich gelaufen. Es war schon einiges drin. Obwohl wir nicht so schnell waren, war mein Start okay, und es sind ja auch wirklich viele ausgefallen - es gab extrem viele Leute, die irgendeinen Patzer hatten."
"Wenn ich bedenke, dass ich beim Boxenstopp gleichzeitig mit (Jon) Lancaster reingekommen bin, der Dritter geworden ist, dann hätte ich auf jeden Fall irgendwo auf vier, fünf oder sechs landen können. Es ist natürlich sehr, sehr ärgerlich, weil es zum einen wichtige Punkte sind, und zum anderen wäre die Startposition für das zweite Rennen natürlich auch deutlich besser gewesen."
Frage: "Woran lag es denn, dass dein Boxenstopp so langsam war?"
Abt: "Da hat ein Mechaniker einfach das Rad nicht draufbekommen, die Mutter hat geklemmt. Es war wirklich bitter, vor allem wenn man bedenkt, dass wir in Bahrain schon meinen Boxenstopp, und auch den von Calado, versaut haben. Es kommt gerade ein bisschen alles aufeinander. Man muss jetzt schauen, dass man als Team aus diesem Loch wieder herauskommt, und mal wieder zu den Topteams gehört. ART ist ja eigentlich ein Topteam. Wir müssen einfach alle daran arbeiten, dass wir da wieder hingelangen."
Frage: "Das Sprintrennen am Sonntag lief zunächst sehr gesittet ab. Hattet ihr alle Angst vor einer Strafe in Monaco?"
Abt: "Nein. Am Anfang vom Rennen passiert nicht viel. In Barcelona kann man kaum überholen. Man muss schon deutlich schneller sein, damit dort etwas passiert. Alle haben die gleichen Reifen, und somit passiert einfach am Anfang von so einem Rennen nichts. Höchstens die ersten ein, zwei Runden - aber wenn sich dann alles einspielt, schaut jeder so ein bisschen darauf: 'Okay, ich muss die Reifen schonen, ich muss auf das Auto aufpassen.' Spannend wird es dann meistens erst zum Schluss."
Frage: "Du hingst lange hinter Rio Haryanto und vor Lancaster fest. Doch anstatt angreifen zu können, musstest du eher in den Rückspiegel schauen. Woran mangelt es bei euch?"
Abt: "Es ist im Rennen genau das Gleiche wie im Qualifying. Wir sind einfach nicht schnell genug. Mit Lancaster hinter mir habe ich es deutlich merken können. Er war einfach in der Lage, mit der gleichen Geschwindigkeit viel engere Linien zu fahren. Das war wirklich schwer. Ich musste mich wirklich bemühen, keinen Fehler zu machen und ihn hinter mir zu halten, weil er wirklich deutlich schneller aussah und auch deutlich schneller fahren konnte. Das war aber auch mal ganz gut, weil es ein direkter Vergleich war - und da stark zu sehen war, was für Unterschiede zum Teil in den Autos sind."
Frage: "Dann hat Lancaster aber einen Fehler gemacht und war plötzlich weg. Du hattest dann Sergio Canamasas hinter dir, der ein bisschen unberechenbar und wild fährt. Hat man das im Hinterkopf? Hast du dir dann eher Lancaster wieder zurückgewünscht?"
Abt: "Nein, darüber habe ich mir in dem Moment keine Gedanken gemacht. Man geht immer davon aus, dass sich auf der Strecke alle ordentlich aufführen. Ich glaube, es bringt nichts, wenn man sich da zu viele Gedanken macht. Ich habe einfach geschaut, dass ich keinen Fehler mache, und dass ich das sauber über die Bühne bringe. Den anderen kann man ja nicht beeinflussen."
Chaos und keine Strafen
Frage: "Dann kam dieses Chaos in der Schikane, in das du auch verwickelt wurdest. Du hast es überlebt, bist aber ziemlich langsam aus der Schikane gekommen und musstest viele Leute passieren lassen..."
Abt: "Ich musste natürlich total runterbremsen, um da nicht in den Canamasas reinzuknallen. Ich war ja eingequetscht im Prinzip. Links von mir war dieser hohe Curb, rechts von mir die zwei Autos, die kollidiert sind. Somit musste ich schauen, dass nichts passiert. Gottseidank hat das funktioniert - ich weiß gar nicht warum. Es war wirklich eng. Das Problem war dann, dass das Auto in den Anti-Stall-Modus reingegangen ist. Sprich: Wenn die Drehzahl zu niedrig ist, geht er automatisch in den Leerlauf rein - wie, wenn man die Kupplung zieht."
"Ich habe das noch nie erlebt, und habe im ersten Moment gar nicht realisiert, was los ist. Ich wollte aufs Gas gehen - und es ist einfach nichts passiert. Es war einfach wie Leerlauf. Ich habe dann die Fehlermeldung auf dem Display gesehen, und dann eben die Kupplung gezogen, und bin wieder losgefahren. Das hat natürlich ein bisschen Zeit gekostet. Wobei man sagen muss, dass die Leute, die mich da überholt haben, alle die Schikane abgekürzt haben. Auf der Strecke selber hat mich kein Auto überholt. Es sind einfach alle außenherum vorbeigefahren."
Frage: "Hattest du dafür noch ein paar Strafen erwartet?"
Abt: "Ja, auf jeden Fall! Das fängt an mit (Johnny) Cecotto, der auf jeden Fall eine Strafe für seine unsportliche Fahrweise verdient hätte. Normalerweise muss man den Platz wieder zurückgeben, wenn man so abkürzt. Ich glaube (Alexander) Rossi und (Kevin) Ceccon, die vor mir ins Ziel gekommen sind, haben beide abgekürzt. Ich kann es nicht ändern, es ist nicht meine Aufgabe, das zu kontrollieren. Es war schon ärgerlich, kurz vor der letzten Runde so viel zu verlieren. Ich habe eigentlich noch viel mehr verloren, ich war nur Zwölfter vor der letzten Runde. Ich war froh, dass ich den Punkt dann noch irgendwie geholt habe."
Frage: "Du hast quasi noch vier Autos überholt. Von den Abkürzern hat dich aber keiner wieder vorbeigelassen. Du hast dir also den Punkt selbst wieder erkämpfen müssen..."
Abt: "Ja, den musste ich mir erkämpfen. Ich habe natürlich gedacht, man lässt mich vielleicht vorbei, aber das war definitiv nicht der Fall. Ich habe dann meinen Teamkollegen vor mir gehabt, da war ich natürlich schon ein bisschen sauer im ersten Moment. Den habe ich versucht zu überholen, was geklappt hat. Im letzten Sektor haben sich dann Lancaster und (Fabio) Leimer vor mir gestritten. Ich war der lachende Dritte und konnte vorbeifahren - und wenigstens noch einen Punkt holen."
Behält Abt in Monaco einen kühlen Kopf?
Frage: "Als nächstes geht es nach Monaco. Wie bereitest du dich darauf vor?"
Abt: "Wie immer eigentlich: Simulator fahren, mit dem Team noch einmal alles besprechen, das ganze Wochenende durchgehen und einfach schauen, wo unsere Fehler sind. Fakt ist: Wir müssen auf jeden Fall etwas am Auto finden, sonst wird es auch in Monaco schwer. Wenn da Grip fehlt, wird es nicht einfach."
Frage: "In Monaco kann man natürlich schnell ausscheiden, wenn man Mist baut. Man kann aber auch weit vorne landen, wenn die anderen Mist bauen. Was rechnest du dir aus?"
Abt: "Es ist schwer zu sagen. Eine Stunde in Monaco fahren, ist definitiv eine große Herausforderung. Ich glaube, passieren kann alles. Es hängt immer ein bisschen davon ab, wo man nach dem Qualifying ist. Ich hoffe natürlich, dass ich entsprechend weiter vorne stehe, weil Überholen nicht wirklich drin ist - außer über den Boxenstopp. Wobei wir da eher nicht so geglänzt haben in den letzten beiden Rennen..."
"Man muss sich überraschen lassen. Wichtig ist, dass man einen kühlen Kopf bewahrt. Das hat man selbst in Barcelona schon gesehen. Auch wenn wir nicht schnell waren, habe ich es sauber über die Bühne gebracht. Auch da haben es zehn Autos geschafft, nicht ins Ziel zu kommen. Wir werden sehen, was sich in Monaco ergibt."
Frage: "Zum Abschluss: Ihr hattet in Barcelona eine neue Lackierung. Wie gefällt sie dir?"
Abt: "Zehnmal besser als die alte! Ich glaube mit dem alten Design war keiner so richtig zufrieden, weil es einfach nicht die Wirkung hatte, die wir uns erhofft hatten. Das Team legt das natürlich immer fest. Die dachten zuerst, es schaut gut aus, aber es war einfach zu viel Weiß und es sah nicht sehr professionell aus. Man hat es noch einmal überarbeitet, und ich glaube, jetzt kann man sich schon zeigen lassen."