Tatiana Calderon geht in dieser Saison zum ersten Mal in der Formel-3-Europameisterschaft an den Start - Das Ziel für die Kolumbianerin: Die Königsklasse
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Raffaele Marciello zieht in der Formel-3-Europameisterschaft an der Spitze einsam seine Kreise. Der Italiener gewann am Nürburgring alle drei Rennen und führt die Konkurrenz unangefochten mit 72,5 Punkten Vorsprung an. Zweiter ist der Schwede Felix Rosenqvist vor Lucas Auer aus Österreich. Als bester deutscher Fahrer liegt Sven Müller aus Bingen auf Rang zehn. Auch zwei Damen gehen in der stärksten europäischen Nachwuchsklasse an den Start. Doch während die Italienerin Michela Cerruti nur an jedem zweiten Rennwochenende in das Cockpit ihres Dallara F312 steigt, fährt Tatiana Calderon aus Kolumbien jedes Rennen in der Formel-3-Europameisterschaft mit.
Tatiana Calderon saß mit acht Jahren zum ersten Mal in einem Kart und war sofort mit dem Motorsport-Virus infiziert. "Ich habe Tennis und Fußball gespielt, aber mit dem Motorsport etwas gefunden, das ich sofort liebte und mich von da an nur noch darauf konzentriert", so die Kolumbianerin. 2005 wurde sie als erste Frau Kartmeisterin ihres Landes, viele weitere Siege folgten. Ihren schönsten Erfolg und eine Art Weltrekord feierte sie 2008. "Ich habe als erste Frau die US East Coast Championships gewonnen. Darauf bin ich auch heute noch unheimlich stolz", erzählt die 20-Jährige.
Um körperlich fit zu sein, trainiert Tatiana Calderon täglich drei bis vier Stunden, geht in den Kraftraum, schwimmt und joggt. Die Motorsport-Amazone: "Zunächst glaubt man, Motorsport erfordert kaum körperliche Fitness. Aber dann merkt man sehr schnell, dass das nicht so ist und man viel arbeiten muss." Ihr Ziel ist es, sich gegen die erdrückende männliche Konkurrenz durchzusetzen. "Motorsport ist eine der wenigen Sportarten, in denen Frauen mit den Männern mithalten können. Aber dafür muss man stark sein, körperlich und mental", weiß Calderon. Ihre männlichen Kollegen reagierten zunächst skeptisch, als die Kolumbianerin die Rennsportszene betrat. "Sie hatten mehr Probleme mit mir als ich mit ihnen. Aber nachdem sie sahen, dass ich auch schnell sein kann und mich voll reinhänge, haben sie mich akzeptiert."
In der Formel-3-Europameisterschaft läuft es dagegen noch nicht so rund. Ein 15. Platz ist das bisher beste Ergebnis der Kolumbianerin, die sich in ihrem ersten Jahr an das hohe Niveau dieser starken Nachwuchsklasse erst noch gewöhnen muss. "Dies ist mit Abstand die stärkste Serie, in der ich je gefahren bin. Ich hatte im letzten Jahr bei den F3 Open einen guten Speed, viele Top-5-Platzierungen und war nahe an den Podiumsplätzen. Das ist hier ganz anders. Es ist hart, aber ich muss weiter viel arbeiten, das Auto und die Strecken noch besser kennenlernen", so Calderon.
Von den Hankook-Rennreifen ist die 20-Jährige begeistert: "Ich habe mit anderen Reifen bisher die Erfahrung gemacht, dass man mit ihnen nur in einem bestimmten Zeitfenster Topzeiten fahren kann. Das ist bei den Hankook-Slicks anders. Sie sind konstant schnell, mit ihnen bin ich schon in Runde zehn oder elf Bestzeiten gefahren. Man kann sich voll auf die Reifen verlassen, jede Runde pushen und weiß, dass man sich im Verlauf eines Rennens immer steigern kann", erklärt die Kolumbianerin.
Für sie ist ihre Premiere in der Formel-3-Europameisterschaft ein Lehrjahr, in der nächsten Saison will Tatiana Calderon dann voll angreifen und sich weiter verbessern, um sich ihren größten Traum einmal erfüllen zu können. "Ich möchte als erste Frau in der Formel 1 starten."