Am Wochenende könnte auch der FanBoost über den Formel-E-Titel entscheiden: Wir erklären die Besonderheit hinter der effektiven Nutzung des Zusatzschubes
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Wenn die Formel E am Wochenende ihren neuen Meister findet, könnten Kleinigkeiten entscheiden - etwa der FanBoost. Die Titelrivalen Sebastien Buemi (Renault e.dams) und Lucas di Grassi (Abt) gehören regelmäßig zu den Empfängern des Zusatzschubs und könnten auch in Montreal davon profitieren. Wer den FanBoost zur richtigen Zeit einsetzt, könnte am Ende eventuell die Meisterschaft entscheiden.
Doch den Boost von 100 Kilojoule effektiv einzusetzen, ist die große Kunst. Denn es gibt nur einen bestimmten Zeitraum, in dem sich die volle Leistung des Elements maximal nutzen lässt. In dieser Saison ist der Einsatz nur im zweiten Boliden möglich, doch was fast kaum einer weiß: In der zweiten Hälfte des zweiten Stints ist der FanBoost kaum nützlich. Denn: "Wir können den FanBoost nur verwenden, solange die Batterie zwischen 100 und 50 Prozent gefüllt ist", erklärt di Grassi.
Zwar ist es nicht verboten, den FanBoost auch bei einem geringeren Ladezustand der Batterie einzusetzen, aber die volle Performance gibt es eben nur oberhalb von 50 Prozent. "Wenn man es am Ende benutzt, hätte es nur einen kleinen Effekt", beschreibt di Grassi. Das hat technische Gründe: Das Batterie-Management-System von Williams erlaubt die maximale Leistung von 200 kW nur dann, wenn der Ladezustand eben mehr als 50 Prozent beträgt.
Darunter sinkt die Maximalleistung. So könnte der FanBoost später vielleicht nur noch mit 180 kW eingesetzt werden, was gerade einmal zehn kW mehr wären als die 170 kW Rennleistung der Formel-E-Boliden. Das wäre viel zu wenig, um seinen Gegner zu überholen. Zwar wären die 100 Kilojoule dann nicht so schnell aufgebraucht, allerdings gibt es auf den Stadtkursen keine langen Geraden, bei denen sich ein längerer Einsatz lohnen würde.
Beim ePrix von Monaco gab es bereits ein direktes Duell zwischen den beiden Titelrivalen. Di Grassi hetzte Buemi in der Schlussphase um den Kurs und kam schließlich mit 0,3 Sekunden Rückstand als Zweiter ins Ziel. Den FanBoost hätte der Abt-Pilot einsetzen können, tat es aber nicht. "Am Ende habe ich es nicht benutzt, weil ich versucht habe, es im richtigen Moment zu verwenden", erklärt der Brasilianer. "Das war ein Fehler".
Sollte das in Montreal am Wochenende auch der Fall sein, dürfte di Grassi wohl nicht so zögerlich agieren, schließlich muss er Punkte auf den Renault-Piloten aufholen. Gut möglich, dass sich beide Piloten wie in Monaco bis zum letzten Fünkchen Energie duellieren - denn auch das ist in diesem Jahr anders.
In den Vorjahren kam es immer wieder vor, dass Piloten zwar das Ziel durchfuhren, im Nachhinein aufgrund zu hohen Energieverbrauchs aber eine Strafe bekamen - in dieser Saison war das jedoch nicht der Fall. "Wir haben in diesem Jahr ein System, das das Auto abschaltet, wenn man 28 Kilowattstunden verbraucht hat. Man kann also nicht mehr zu viel Energie von der Batterie verbrauchen", erklärt di Grassi.
Wer die Feinheiten des Formel-E-Boliden in Kanada am besten beherrscht, der kann sich Hoffnungen auf den Titel machen.