GP2-Pilot Fabio Leimer ist überzeugt, dass seine Pechsträhne aus der vergangenen Saison ein Ende hat und will mit seiner Erfahrung im Titelkampf punkten
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Nach knapp zwei Jahren Durststrecke gelang Fabio Leimer beim GP2-Auftakt in Malaysia gleich der erste Sieg der neuen Saison. Der 23-Jährige strebt mit Racing Engineering in seinem vierten GP2-Jahr endlich nach dem Titel - muss sich aber gegen harte Konkurrenz durchsetzen. Wer das ist, wieso sein Erfolg in Sepang so kontrolliert aussah, und was zwischen ihm und dem Formel-1-Team von Sauber läuft, das verrät der Schweizer im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.
Frage: "Fabio, Glückwunsch zu deinem ersten Sieg seit knapp zwei Jahren. Wie fühlt sich das an?"
Fabio Leimer: "Es fühlt sich echt gut an - besonders, weil es gleich im ersten Rennen ist. Wir sind natürlich top vorbereitet nach Malaysia gefahren. Trotzdem weiß man nie ganz, wo man steht, weil die Tests in Jerez und Barcelona auch nicht wirklich aussagekräftig sind. Aber wir haben von Anfang an gemerkt, dass wir eigentlich schnell sind und im Qualifying auch vorne mitfahren können. Dann war das Ziel ganz klar: Gleich das erste Rennen zu gewinnen."
Frage: "Das hat ja ganz gut geklappt, dein Rennen sah sehr kontrolliert aus. Hattest du einen genauen Plan im Kopf?"
Leimer: "Ja, wir hatten schon vor dem Rennen eine Strategie - eigentlich schon im Qualifying. Ich bin nur mit einem neuen Satz Reifen gefahren, und bin damit die schnellste Rundenzeit gefahren. Danach sind die anderen - (Felipe) Nasr, (Stefano) Coletti und (James; Anm. d. Red.) Calado - nochmal mit dem zweiten Satz raus, und sind noch eine schnelle Runde gefahren. Wir haben da eigentlich schon entschieden, dass wir abwarten, damit wir dann im ersten Rennen die besseren Reifen haben. Das ging dann auch auf. Ich habe gesehen, dass Coletti sehr sehr schnell Probleme mit den Hinterreifen bekommen hat. Da habe ich schon gewusst, dass wir im ersten Stint länger draußen bleiben müssen, damit wir dann gegen Ende des Rennens bessere Reifen haben. Das ging genau so auf und hat super geklappt."
Frage: "Also wusstest du, dass du Coletti irgendwann überholen würdest?"
Leimer: "Ja, wir haben das so geplant. Natürlich weiß man auch nicht, was alles passiert, aber am Schluss haben wir uns das genau so vorgestellt."
Frage: "Du giltst im Fahrerlager ein wenig als Pechvogel, bei dem immer im letzten Moment etwas schiefgeht. Ist etwas an der Sache dran, und wenn ja, hast du das jetzt mit dem Sieg überwunden?"
Leimer: "Das war im letzten Jahr einfach so, würde ich sagen. Alles ging ein wenig schief, und wenn ich auf Rang eins lag, ist immer irgendetwas passiert. Ich habe über den Winter hart trainiert, das Team hat sehr hart trainiert, und jetzt ist ein neues Jahr. Ich habe mich eigentlich gar nicht mehr damit befasst und war sicher, dass wir das ganze Pech im letzten Jahr schon aufgebraucht haben, und dass dieses Jahr sehr gut funktionieren wird. Das war auch von Anfang an der Fall. Wir haben keine Probleme gehabt, das Rennen verlief nach Plan - und darum habe ich auch keine Angst, dass wir in diesem Jahr wieder sehr viel Pech haben."
Calado verursacht Probleme
Frage: "Im zweiten Rennen lief es dann aber nicht so gut. Was war los?"
Leimer: "Ich hatte in der ersten Runde einen kleinen Crash mit Calado. Er ist mir ins Hinterrad gefahren, dadurch hatte ich sehr starke Vibrationen am Auto, was auch nicht geholfen hat, die Reifen zu schonen. Wenn ich auf die Bremse ging, hatte ich sehr viele Probleme. Dadurch musste ich mit der Bremsbalance ganz nach vorn gehen und hatte dann Probleme mit den Vorderrädern. Ich habe mich dann in einer Kurve dadurch leicht verbremst und bin leider ins Kiesbett rausgerutscht, wodurch ich ein paar Punkte vergeben habe. Ich bin nur auf Rang zwölf ins Ziel gekommen."
Frage: "Wie beurteilst du die Szene mit Calado aus deiner Sicht?"
Leimer: "Meine Schuld war es ganz klar nicht. Er war hinter mir, er muss reagieren. Ich war vorn, hab ihm den Weg zugemacht. Er hat dann trotzdem probiert, nach innen zu ziehen - und ist mir dann leider ins Hinterrad gefahren. Von mir aus gesehen ist es sein Fehler, das hat er dann auch selber zugegeben. Er wurde auch dafür bestraft. Darum ist das für mich schon vergessen."
Frage: "Habt ihr nach dem Unfall mal gesprochen?"
Leimer: "Nein, aber er hat getwittert, dass es sein Fehler war und dass er sich bei den Fahrern entschuldigt. Ich habe mit ihm noch nicht gesprochen und ihn auch noch nicht gesehen nach dem Rennen."
Frage: "Mit Malaysia liegt eines der schwierigsten Rennen schon hinter euch. Wie kommst du mit der Hitze dort zurecht?"
Leimer: "Ich hatte keine Probleme. Am Schluss war es für alle gleich. Es war sehr sehr heiß, aber ich habe auch über den Winter viel trainiert, dadurch konnte ich das Rennen ohne Probleme zu Ende fahren."
Frage: "In der Formel 1 wird derzeit viel über die Reifen 'gemotzt'. Ist das bei euch ähnlich oder kommt ihr mit den Pneus zurecht?"
Leimer: "Wir haben keine andere Wahl, würde ich sagen. Es ist für alle gleich, alle haben die gleichen Reifen. Man muss das Beste daraus machen. Ich denke, mit meiner Erfahrung habe ich sicherlich einen großen Vorteil. Man kann rummotzen, aber am Schluss bringt das nichts, weil man einfach mit den Reifen fahren muss. Man muss sie sehr gut behandeln, weil wir im Rennen nur einen Boxenstopp haben. Ich habe mit den Reifen keine Probleme, kenne mich mit ihnen langsam sehr gut aus, und weiß, was ich machen muss, um die Reifen zu schonen."
Voll Überzeugung in den Titelkampf
Frage: "Haben sich in Malaysia mit Coletti, Calado und Nasr schon deine größten Konkurrenten im Kampf um den Titel gezeigt, oder können noch weitere Gegner hinzustoßen?"
Leimer: "Ich denke, die Hauptkonkurrenten sind ganz klar die, die in Malaysia vorne waren - Nasr, Coletti, Calado. Natürlich kann sich das immer noch ändern. Die Saison ist sehr lang, es kann auch einer der Hauptfavoriten plötzlich mitten im Jahr einbrechen. Ich denke im Moment sind das wirklich die drei Fahrer - und ich dazu - die um die Meisterschaft fahren werden. Die Meisterschaft ist noch sehr lang, es ist noch sehr viel möglich."
Frage: "Warum klappt es in diesem Jahr bei dir mit dem Titel?"
Leimer: "Im letzten Jahr war ich immer schnell. Ich hätte da schon um die Meisterschaft fahren können, hatte aber natürlich sehr viel Pech. Das habe ich hoffentlich alles schon aufgebraucht. Ich habe über den Winter viel trainiert, das Auto ist bereit, und jetzt bin ich ganz klar überzeugt, dass ich mit meiner Erfahrung - und wenn alles immer so klappt, wie wir wollen - natürlich jetzt um den Meisterschaftstitel fahren kann."
Frage: "Wenn man in der GP2 um die Meisterschaft fährt, muss man zwangsläufig an die Formel 1 denken. Nach deinem Sieg bist du bei Sauber gesehen worden, gibt es da schon irgendwelche Verbindungen?"
Leimer: "Wir sind mit Sauber schon sehr lange in Verbindung. Das kommt natürlich auch dadurch, dass ich Schweizer bin. Und weil Sauber ein Schweizer Team ist, habe ich die Möglichkeit, mit Sauber in das Formel-1-Paddock zu gehen. Es gibt nichts Konkretes, aber wir sind immer zusammen. Es wäre natürlich sehr schön, wenn ich mit Sauber in die Formel 1 gehen könnte - aber konkret ist im Moment noch nichts."