Trotz der Enttäuschung am Sonntag gibt es bei Volkswagen auch Grund zur Freude: Die Piloten des Werksteams machen Fahrer- und Beifahrer-WM unter sich aus
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Vorentscheidung in der Rallye-WM - nach der Rallye Deutschland steht fest, dass der Rallye-Weltmeister 2014 ebenfalls Volkswagen fährt. Nur Sebastien Ogier, Jari-Matti Latvala oder Andreas Mikkelsen können den Fahrer-Titel bei den abschließenden vier Saison-Rallyes gewinnen. Das Werksteam aus Wolfsburg erlebte beim Heimspiel aber auch eine Enttäuschung. Während Andreas Mikkelsen/Ola Floene das erste Podiumsresultat von Volkswagen beim Heimspiel in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) markierten, verpasste die Mannschaft den Sieg in Deutschland im sprichwörtlich letzten Moment.
In Führung liegend beendete ein Ausrutscher von Latvala/Miikka Anttila die Sieghoffnungen nur etwa 70 Kilometer vor dem Ziel. Die Rallye Deutschland bleibt damit die einzige Rallye im WM-Kalender, die Volkswagen bisher nicht gewonnen hat - damit ist auch die Rekord-Serie von zwölf Rallye-Siegen in Folge beendet. Dennoch freute sich die Mannschaft mit Mikkelsen/Floene, die bei extrem schwierigen äußeren Bedingungen Platz drei sicher nach Hause fuhren.
Auf der 15. der insgesamt 18 Wertungsprüfungen, "Drohntal" endete der Traum vom Sieg für Latvala/Anttila mit einem Ausrutscher: Bei schwierigen, teilweise extrem rutschigen Streckenbedingungen gerieten die Finnen in einer langgezogenen Linkskurve von der Fahrbahn ab und rutschten in einen Weinberg. Beim Versuch, wieder auf die Strecke zurückzukehren, trafen sie ein Geländer - das Ende.
Zuvor hatte das finnische Duo die Rallye dominiert, wie in den vergangenen Jahren eine herausragende Leistung auf Asphalt gezeigt und fast eine Minute Vorsprung herausgefahren. Auf den ersten 14 Sonderprüfungen rangierten Latvala/Anttila stets in den Top 5 der jeweiligen WP-Zeitenlisten. Dabei gingen acht Bestzeiten an die WM-Zweiten und Finnland-Sieger.
Doppelte Premiere: Mikkelsen und Volkswagen auf Platz drei
Das erste Podium für Mikkelsen/Floene auf Asphalt, das erste für Volkswagen bei der Rallye Deutschland: Platz drei des norwegischen Duos bildete eine doppelte Premiere. Mikkelsen und Floene feierten damit ihren dritten Podestplatz in der Rallye-WM, den insgesamt 33. für Volkswagen in den zurückliegenden 22 Rallyes seit dem Einstieg der Marke mit dem Polo R WRC bei der Rallye Monte Carlo 2013.
Ein frühzeitiges Ende der Rallye Deutschland mussten auch Ogier/Ingrassia verkraften. Die WM-Führenden rutschten auf der abschließenden Wertungsprüfung des ersten Rallye-Tages in Führung liegend von der Strecke und fielen damit weit zurück. Am Samstag folgte nach einem weiteren Ausrutscher das endgültige Aus. Der dabei beschädigte Sicherheitskäfig konnte in der vorgegeben Zeit nicht repariert werden.
Nach der Rallye Deutschland steht fest: Einer der drei Volkswagen-Fahrer Ogier, Latvala und Mikkelsen wird die Fahrer-Weltmeisterschaft für sich entscheiden. Vor den verbleibenden vier Rallyes in Australien, Frankreich, Spanien und Großbritannien hat Ogier bei 112 noch zu vergebenen WM-Punkten einen Vorsprung von 113 Zählern auf den viertplatzierten Citroen-Fahrer Mads Östberg. Die Beifahrer von Ogier und Latvala, Ingrassia und Anttila machen den Beifahrer-Titel unter sich aus, da Floene erst im Laufe der Saison den Platz neben Andreas Mikkelsen eingenommen hatte.
Drei Tage, drei Gesichter, drei Herausforderungen rund um Trier
Obwohl die Vorentscheidung in der Hersteller-Wertung in Deutschland vertagt wurde, steht Volkswagen bei der Rallye Australien vor dem Gewinn des Titels. Sollte Volkswagen 129 von den nun 167 Punkten Vorsprung verteidigen, stünde der zweite WM-Gewinn in Folge fest. Dazu reicht beispielsweise ein siebter Platz von Ogier oder Latvala im Falle eines Doppelerfolges von Konkurrent Citroen.
Die Rallye Deutschland bot den Teilnehmern an drei Tagen drei unterschiedliche Herausforderungen. Den Beginn bildeten die Wertungsprüfungen nahe der deutsch-belgischen Grenze, der Samstag wurde durch vier WPs auf der legendären "Panzerplatte" auf dem Truppenübungsplatz Baumholder charakterisiert. Tag drei bildeten mit "Dhrontal" und "Grafschaft" zwei Klassiker der Rallye Deutschland. Wechselnde Witterungsbedingungen zwischen Regen und Sonne sowie viel Schlamm, der durch die World-Rally-Cars beim schneiden der Kurven auf die Strecke geschleudert wurde, verwandelten die Sonderprüfungen teilweise in Rutschpartien.
Stimmen nach dem dritten Tag
Sebastien Ogier: "Dieses Wochenende ist für uns definitiv eines zum Vergessen. Es ist wie eine exakte Wiederholung des Vorjahres und die alleinige Verantwortung liegt bei uns Fahrern. Für Jari-Matti Latvala und Mikka Anttila ist die Enttäuschung natürlich doppelt groß und nach meinem Aus einen Tag zuvor kann ich mir vorstellen, wie die beiden sich fühlen."
"Wir sollten aber nicht vergessen, dass wir mit Volkswagen eine fantastische Serie von zwölf Siegen hintereinander als Team eingefahren haben - darauf können wir alle stolz sein. Für mich zählt nur der Blick nach vorne. Bei der Rallye Australien haben wir erneut die Chance, für Volkswagen den Herstellertitel zu sichern und den Vorsprung in der Fahrer-WM auszubauen. 'Down under' werden wir unseren Kampfgeist beweisen."
Jari-Matti Latvala: "Der Sieg war zum Greifen nah - dass wir so unglücklich ausgeschieden sind, tut mir unendlich leid, speziell für das Team. Ich hätte ihm diesen Erfolg gerne geschenkt, aber leider ist mir ein folgenschwerer Fehler passiert. Die Bedingungen waren heute extrem schwierig - trockene und rutschige Abschnitte wechselten sich ständig ab. In einer langgezogenen Linkskurve, in der die Strecke einen trockenen Eindruck machte, war es glatter als gedacht. Am Kurvenausgang kam das Auto quer und wir rutschten in den Weinberg.
"Da wir bergauf nicht zurück konnten, versuchte ich, bergab wieder auf die Fahrbahn zu kommen. Leider trafen wir dabei ein massives Geländer und mussten aufgeben. Für die Meisterschaft bedeutet es, dass der Abstand zu Sebastien gleich geblieben ist. Mir bleibt nichts anderes übrig, als bei den nächsten Rallyes weiter zu versuchen, auf ihn aufzuholen, und gleichzeitig mitzuhelfen, dass Volkswagen in Australien vorzeitig den Hersteller-Titel gewinnt."
Andreas Mikkelsen: "Die Bedingungen bei der Rallye Deutschland waren extrem schwierig. An allen drei Tagen hat das Wetter die Regie übernommen und schon gestern für extrem rutschige Bedingungen gesorgt. Am Sonntag war es sogar noch schwieriger und jeder der Top-Fahrer hatte in der ersten WP des Tages irgendeinen haarigen Moment zu überstehen."
"Leider war für meinen Teamkollegen Jari-Matti Latvala in so einem Moment früh Schluss. Schade, denn das Team hätte einen Heimerfolg mehr als verdient gehabt und hat wie immer alles für den Sieg gegeben. Ich hoffe, dass mein dritter Platz wenigstens ein kleiner Trost ist. Ich freue mich über mein erstes Rallye-WM-Podium auf Asphalt."
Jost Capito, Volkswagen-Motorsport-Direktor: "Natürlich sind wir enttäuscht. Wir waren dem Heimsieg so nah, doch ein kleiner Fehler hatte große Wirkung. Leider konnte Jari-Matti Latvala seine feine Leistung und seine Dominanz nicht in den Sieg ummünzen. Doch Ausrutscher passieren im Rallye-Sport und gehören dazu - das ist menschlich. Aber nach einer Rekordserie von zwölf Siegen in Folge kann eine Rallye auch einmal misslingen."
"Und es scheint, als hätten wir in Deutschland nicht das Glück der Tüchtigen. Wir gewinnen als Team gemeinsam und verlieren gemeinsam. Heute haben wir mit Jari-Matti zusammen einen möglichen Sieg verloren. Und wir haben mit Andreas Mikkelsen einen Podestplatz gewonnen. Glückwunsch an Thierry Neuville und Hyundai zum ersten Sieg in der Rallye-WM!"