Hyundai-Teamchef Michel Nandan erklärt, warum der junge Belgier für seine Marke die optimale Personalie und ein Routinier eine logische Ergänzung ist
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Gesucht, gefunden, überzeugt: Hyundai und Thierry Neuville scheinen 2014 die perfekte Synthese zu bilden. Die Südkoreaner wollten einen Piloten, der Erfahrung auf hohem Niveau in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) mitbringt, dazu aber jung genug ist, um sich langfristig an den Serien-Neueinsteiger zu binden. Neuville wiederum war darauf aus, nach jahrelangem Kampf als Privatier einen Werksdrive zu ergattern. Im Sommer gab es erste Gespräche, vor wenigen Tagen war dann alles fix.
Als WM-Zweiter legte der aktuelle Ford- und frühere Citroen-Pilot eine eindrucksvolle Visitenkarte bei Michel Nandan vor. "Klar, wenn man auf die Leistung der verschiedenen Fahrer in der Saison schaut, dann war Thierry ein sehr konkurrenzfähiger", lobt der angehende Hyundai-Teamchef. "Er hat gezeigt, dass er sehr konstant und Rallyes zu Ende fahren kann." Etwas, was Neuville zuweilen von anderen Toptalenten wie dem Finnen Jari-Matti Latvala oder dem mittlerweile gescheiterten Esten Ott Tänak unterscheidet.
Es ist die magische Neuville-Formel: 25 Jahre alt, aber schon zwei volle Jahre in der Beletage des Offroad-Geschäfts tätig, dazu womöglich bald Vizeweltmeister. Allerdings gab es für Nandan Alternativen, die der Mann aus Saint-Vith jedoch bei der 1000-Seen-Rallye in den Schatten stellte: "Wir hatten einige Fahrer im Kopf, Thierry war einer davon. Mit Sicherheit hat uns Finnland noch mehr davon überzeugt, dass es eine gute Wahl ist." Bei Hyundai ist man um Wohlfühlatmosphäre für die Zukunftshoffnung bemüht.
Neuville hilft, die Kasse zu füllen
Co-Pilot Nicolas Gilsoul kann Neuville mitbringen, seinen belgischen Renningenieur könnte sein neuer Arbeitgeber beim Qatar-Team abwerben. Doch ist Neuville der Herausforderung, die Last eines Werksprojekts vorwiegend auf seinen Schultern tragen zu müssen, überhaupt gewachsen? Nandan ist optimistisch, weil er mit seinem Rohdiamanten behutsam umgehen will: "Ja, natürlich ist er das erste Mal Nummer eins, aber wir werden ihn nicht unter Druck setzen - auch weil das Team neu ist und wachsen muss."
Angenehmer Nebeneffekt: Neuville könnte - eine Einigung mit seinem aktuellen Brötchengeber vorausgesetzt - schon nach der Rallye Großbritannien zum ersten Mal in den neuen i20 WRC steigen, den er wegen seines laufenden Vertrages bisher nur aus der Ferne bewundern durfte. Außerdem bringt er Sponsoren mit, die im krisengeschüttelten Rallye-Business ein rares Gut sind. Welche, das will der Teamchef allerdings nicht verraten. In den kommenden Monaten soll Neuville nicht auf sich alleine gestellt bleiben.
Alter Hase als perfekte Ergänzung?
Zwar traut Nandan dem Youngster die Entwicklung des Autos mit Blick auf die Saison 2015 zu, sieht aber den aktuellen Testfahrerkader mit Juho Hänninen, Bryan Bouffier und Chris Atkinson eingebunden - das Trio kennt die im bayerischen Alzenau entwickelte Hyundai-Rakete bestens, absolvierte alleine im Oktober rund 1.000 Testkilometer. Der Franzose kommentiert Neuvilles Rolle: "Natürlich wird er auch viel zu Tests beitragen, aber einiges wird auch von anderen Fahrern gemacht werden. Natürlich kann einer nicht alles machen."
Andere Fahrer? Gutes Stichwort, den Pilot Nummer zwei ist noch ein gut gehütetes Geheimnis. Zum jungen Neuville würde ein Routinier gut passen. Ex-Weltmeister Petter Solberg hat bereits abgewunken, Nandan, selbst Designer des Peugeot 206 WRC und Mitentwickler des Suzuki SX4 WRC, tritt auf die Bremse und verweist auf die derzeitige Chefentwickler-Crew hinter dem Steuer: "Sie geben uns gute Informationen und machen einen wirklich guten Job." Er sagt aber auch: "Wenn es einen Fahrer mit sehr viel Erfahrung gibt, dann würden wir ihn nehmen."