Von Cro bis Zukunft, von Comeback bis Last-Minute-Call: Ilka Minor blickt im Wordrap zurück auf ihre Rallye-Saison 2014
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Einmal mehr war Ilka Minor auch in der Saison 2014 das österreichische Aushängeschild in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC). Gemeinsam mit Henning Solberg absolvierte sie insgesamt sechs WM-Läufe, fünf davon in den Punkterängen, dreimal als bestes Privatteam. Zudem gab es Testeinsätze mit der Italienerin Tamara Molinaro, Gasteinsätze mit Reini Sampl in Österreich sowie einen Spezialauftrag als "Fahrerbeauftragter" bei der Waldviertel-Rallye. In einem Wordrap blickt Minor zurück auf die Ereignisse der Saison 2014.
Comeback
Ein solches lieferten Minor und Solberg in der abgelaufenen Saison 2014 gleich mehrmals. Nachdem Minors Pilot aus der Saison 2013, der Russe Jewgeni Nowikow, beim Saisonauftakt in Monte Carlo passen musste, kam wenig später der Anruf von Solberg. Beim zweiten WM-Lauf im verschneiten Schweden kehrte das norwegisch-österreichische Duo gemeinsam in die WRC zurück, für Solberg war es die erste WM-Rallye seit Schweden 2013.
"Das war sehr spannend. Nach einem Jahr Abstinenz für Henning hab ich mir gedacht, es wird eine Spazierfahrt. Dass Henning dann doch so viel Spaß hatte, er das Fahren nicht verlernt hat und wir auch noch eine Bestzeit auf der Hagfors-Sprintprüfung gefahren sind - damit hab ich ehrlich gesagt nicht gerechnet."
Jungtalent
Als solches bezeichnete sich der 41-jährige Solberg scherzhaft im Rahmen der Schweden-Rallye. Dort fuhr er dann tatsächlich wie ein "junger Gott": Platz zwei auf der vierten Prüfung, Bestzeit beim Hagfors-Sprint. Zur Belohnung gab's als bestplatziertes Privatteam den tollen siebten Platz. "Ganz unterschätzen darf man Henning nicht. Ohne einem einzigen Kilometer Test mit den Topfahrern mitzumischen, da muss er sich nicht schämen."
Highspeed-Dreher
Einen solchen fabrizierten Solberg und Minor sowohl bei der ersten als auch der letzten gemeinsamen WM-Rallye der abgelaufenen Saison. Beide Male konnte Solberg den Fiesta auf souveräne Art und Weise abfangen. Minor: "Henning: It was not scary!"
Sintflut-Recce
Beim neuerlichen Comeback in Portugal war schon die Besichtigung in höchstem Maße abenteuerlich. So einen starken Regen habe sie zuvor noch nie gesehen, staunte Minor. Beim Shakedown überraschten Solberg/Minor mit Platz zwei. "Unglaublich, welche Kräfte Wasser hat und wie schnell der Pegel in einem kleinen Bächlein steigen kann, innerhalb von 30 Minuten war eine Brücke in einer Prüfung so überspült, dass die Besichtigung nicht mehr möglich war."
Highlight
In Portugal konnten Solberg/Minor mit Platz fünf ihr bestes Saisonergebnis einfahren - schneller waren an diesem Wochenende nur Weltmeister Sebastien Ogier, Mikko Hirvonen, Mads Östberg und Andreas Mikkelsen unterwegs. "Schön, sich zwischen den Werksautos einzureihen."
Privatier
Die WRC, die Königsdisziplin der Rallye-WM, ist in Wahrheit eine Zweiklassengesellschaft. Volkswagen, Citroen und Hyundai setzen insgesamt bis zu acht Werksautos ein - rechnet man auch die beiden Nummer-1-Piloten der britischen Rallyeschmiede M-Sport dazu, werden die Punkteränge komplett von Werksboliden besetzt. Umso größer war die Freude, wenn Solberg/Minor im Kundenauto von M-Sport in die Punkteränge fahren konnten. Bei sechs WM-Starts gelang dieses Unterfangen fünfmal, dreimal als bestplatziertes Privatteam. "Ist sicher nicht immer einfach, aber konstantes schnelles Fahren von Beginn an - oft auch etwas über dem Limit - und keine Fehler sind eine große Hilfe."
Fit, fat & fast
"I am fit, fat and fast" - auf Sardinien hat Solberg im Ziel einer Sonderprüfung für einen weiteren "Spruch des Jahres" gesorgt. Tatsächlich hat sich der Norweger in dieser Saison immer wieder mit Training und auch Rallycross-Einsätzen fit gehalten. "Rallycross ist sicher nicht mit Rallye vergleichbar, aber auch hier hilft es dir eine gute Linie zu wählen, um vorne dabei zu sein - und das kommt Henning dann wiederum bei der Rallye zugute."
Wildsau
Minor trainiert regelmäßig - nicht nur im Fitnessstudio, sondern auch mit knallharten Wettbewerben wie dem "Wildsau-Lauf" über Wälder, Wiesen und Flüsse. "Ja, ich darf mich Wildsau nennen! Eine extreme Erfahrung, die viel von einem abverlangt. Schwierige Hindernisse, die Laufstrecke mit den vielen Höhenmetern eine Herausforderung, aber nachher ein cooles Feeling."
Top Secret
Unter dem Deckmantel der absoluten Verschwiegenheit wurde Minor engagiert, um der erst 16-jährigen italienischen Pilotin Tamara Molinaro beiseite zu stehen und sie im Rahmen von Testfahrten mit dem Aufschrieb vertraut zu machen. Allzu lange blieb das von Red Bull finanzierte Ausbildungsprojekt jedoch nicht "top secret" - italienische Medien berichteten über das auf zwei Jahre ausgelegte Programm. "Ja, so ist das. In Zeiten der schnelllebigen Medien ist das Geheimhalten von manchen Dingen einfach schwierig. Ein tolles Projekt, bei dem ich auch selbst noch viel lernen kann."
Stehenlassen
Endlos lange Geraden gab es bei der WM-Rallye in Polen - die Schotterprüfungen verlangten dem Duo Solberg/Minor alles ab, Regen und Matsch erschwerten die Bedingungen zusätzlich. Für Solberg war es eine Herausforderung, ohne jeden Test in den Fiesta zusteigen und gleich einmal "stehenzulassen", wie das verweilen des Fußes auf dem Gaspedal gerne genannt wird. "Gerade bei schnellen Rallyes braucht man extrem viel Vertrauen in das Auto und auch in die Reifen. Jeder Meter, den man zu früh bremst, wirkt sich auf die Zeit aus. Da hilft dir ein Test natürlich schon, um herauszufinden wie sich das Auto, die Bremsen und die Reifen auf diesen Strecken und dem Untergrund verhalten. "
Plaudertasche
Im Vergleich zum schweigsamen Manfred Stohl fiel Minor zu Reini Sampl nur ein einziges Wort ein: "Plaudertasche!" Mit dem früheren Skirennfahrer, der seit einem schweren Unfall im Rollstuhl sitzt, startete Minor in der österreichischen Meisterschaft bei der Rallye Weiz, zum Aufwärmen und Kennenlernen wurde mit dem auf Handgas umgebauten Serien-Mitsubishi das "Treffen der Gruppe B-Legenden" in Saalfelden absolviert. Beide Abenteuer endeten jedoch mit einem Abflug, verletzt wurden zum Glück niemand. "Abflüge gehören natürlich auch zum Lernen dazu - aber die Zielrampe zu sehen, ist die schönere Variante."
Motivation
Mit ihr kämpfen Solberg und Minor im Normalfall selten bis gar nicht - als jedoch ausgerechnet bei der Rallye Finnland nach einer grandiosen sechstschnellsten Zeit auf Wertungsprüfung 2 wenig später der erste Reifenschaden kam und man auch am nächsten Tag von einem solchen heimgesucht wurde, sein "ein bisschen die Luft draußen" gewesen, gab Minor damals offen zu. Insgesamt mussten Solberg/Minor gleich drei Plattfüße hinnehmen, schafften es aber dennoch, mit Platz neun weitere Punkte einzufahren.
"Reifenschäden sind nie angenehm - aber bei einer Highspeed-Rallye wie in Finnland ist ein 'Patschen' etwas, das man sich so gar nicht wünscht. Wir haben es gut überstanden, konnten jedoch die Flüge über die finnischen Kuppen nicht wirklich genießen."
Cro
Ein rosafarbener Umhang mit der Aufschrift "CRO" war für Minor an einem November-Wochenende im Waldviertel die vorgeschriebene Dienstkleidung. Was ist geschehen? Minor wurde vom Veranstalter der Waldviertel-Rallye gebeten, als "Fahrerbeauftragter" zu agieren. Weil sie gerne auch einmal das Leben auf der "anderen Seite" studieren wollte, nahm sie die Herausforderung an. "Interessante Erfahrung - aber ich glaube, ich bleibe vorerst auf meiner mir mehr vertrauten Seite."
Last-Minute-Call
Vor dem großen Saisonfinale in Wales wusste Minor lange Zeit nicht, ob Solberg tatsächlich starten kann - zuvor musste man bereits mehrmals Nennungen zurückziehen. Für private Teams wird die Situation in der Rallye-Weltmeisterschaft immer schwieriger, da die Einsätze extrem hohe Kosten verursachen. Das grüne Licht für Wales erhielt Minor erst am Montag zur Mittagszeit. Mit dem letzten möglichen Flieger startete sie am Montagnachmittag in das Abenteuer Rallye Großbritannien, das am Dienstagmorgen um 7:00 Uhr mit der Streckenbesichtigung startete.
"Ich hoffe das wird nicht zur Gewohnheit. Für jemanden wie mich, der sich gerne gut vorbereitet, keine einfache Angelegenheit. Wir wurden dann doch mit einer Bestzeit, einer dritten, vierten und fünften Zeit belohnt, da vergisst man den Rest dann wieder schnell."
Feuer
Weil eine Benzinleitung leck wurde und damit ein Feuer drohte, mussten Solberg und Minor in Wales ihren einzigen Ausfall der Saison 2014 hinnehmen. "Sehr schade. Wir haben zwar noch alles versucht um die Leitung zu reparieren, mussten dann aber doch aufgeben."
Zukunft
Natürlich würden die Fans von Minor gerne wissen, wie es in der Saison 2015 weitergeht und ob die heimischen Rallyefans weiterhin der österreichischen Copilotin in der Weltmeisterschaft die Daumen drücken können. Zudem startet die kommende Saison recht bald: Von 19. Bis 25. Januar steht die Rallye Monte Carlo auf dem Programm. "Noch ist nicht alles finalisiert, aber bestimmt dürfen die Daumen gedrückt werden."