Loebs zweiter Streich auf der Abschieds-Tournee

, 05.05.2013

Kontrolliert und scheinbar locker gewinnt Sebastien Loeb in Argentinien die letzte Schotter-Rallye seiner WM-Karriere - Anlaufschwierigkeiten schnell überwunden

"Ich bin nicht extra hierher gekommen, um zu gewinnen", sagte Sebastien Loeb nach der Ankunft im Ziel der Rallye Argentinien in Villa Carlos Paz in der Nähe von Cordoba. Doch der Franzose merkte selbst, dass ihm diese Aussage keiner so recht abnahm und schob hinterher: "Wenn ich antrete, möchte ich mich im Wettkampf messen und kämpfen." Nichts anderes war vom neunmaligen Weltmeister bei seinem Start in Argentinien erwartet worden, und Loeb enttäuschte seine Fans nicht.

Die Rallye in Südamerika war für Loeb nach seinem Teil-Rückzug aus der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) der dritte WM-Lauf in dieser Saison, und wie schon beim Saisonauftakt in Monte Carlo bewies Loeb auch in Argentinien, dass er mit 39 Jahren noch lange nicht zum alten Eisen gehört. Zusammen mit dem zweiten Platz in Schweden kommt Loeb nun auf 68 WM-Punkte. Mit Ausnahme von WM-Spitzenreiter Sebastien Ogier (Volkswagen) haben alle anderen Piloten weniger Punkte auf dem Konto, obwohl sie zwei Rallyes mehr bestritten haben - ein deutliches Zeichen für die Klasse von Loeb.

Der genoss seinen 78. WM-Sieg im Ziel in vollen Zügen: "Es war eine großartige Rallye mit netten Prüfungen und wie immer jede Menge Zuschauern. Die Atmosphäre hier ist wirklich besonders. Es war ein wirklich gutes Wochenende, das aber sicherlich nicht einfach war. Wir mussten hart pushen, da wir unter Druck standen. Die Bedingungen waren recht schwierig, aber schlussendlich stehen wir hier", sagte Loeb, der auf den Erfolg mit seinem Team mit einem Glas Champagner anstieß.

Loeb schüttelt den Rost schnell ab

Den Sieg fuhr der neunmalige Weltmeister in typischer Loeb-Manier ein: Der Citroen-Pilot fuhr kontrolliert, ging keine übertriebenen Risiken ein und richtete sein Tempo vor allem an seinem direkten Rivalen Ogier aus. So auch am Schlusstag der Rallye, als Loeb seinen Vorsprung souverän verwaltete: "Ich habe anhand von Sebs Zeiten gesehen, dass er nicht attackierte, denn es war wirklich hart und wir wissen, wie schnell hier etwas brechen kann. Also habe ich auch keinen Druck gemacht."

Lediglich zu Beginn der Rallye hatte Loeb ein wenig mit sich und seinem DS3 WRC zu kämpfen. "Der Start war nicht einfach. Ich habe mit einer Abstimmung begonnen, die ich noch nicht kannte und habe hier und da kleine Fehler gemacht. Ich habe mich im Auto nicht richtig wohl gefühlt", erklärt der 39-Jährige. "Ich habe ein bisschen verloren, weil ich seit meiner letzten Schotter-Rallye nur einen Tag getestet habe", führt Loeb als Ursache an. Doch nicht nur das und die Tatsache, dass Loeb seit gut drei Monaten nur noch auf der Rundstrecke unterwegs war, sorgte für Anlaufschwierigkeiten.

Auch der DS3 WRC war nicht mehr auf dem Stand, den Loeb von der Rallye Schweden kannte. "Wir haben bei den Tests in Portugal und vor dieser Rallye einige Dinge herausgefunden", erklärt Citroen-Ingenieur Cedric Mazenq gegenüber 'Autosport'. "Seb ist so noch nie gefahren, daher haben wir ihn gedrängt, seinen Fahrstil anzupassen." Loeb musste sich daher dem Fahrstil seines Teamkollegen Mikko Hirvonen anpassen und etwas aggressiver fahren. "Diese Abstimmung des Autos verursachte Untersteuern, was ich gar nicht gewohnt bin", sagte Loeb am Donnerstag.

Vorentscheidung am Freitag

Auf der zweiten Wertungsprüfung fiel Loeb auf Gesamtposition vier zurück, doch schnell schüttelte der Franzose den Rost ab und zeigte den Speed, der ihn zum erfolgreichsten Rallye-Fahrer aller Zeiten gemacht hat. "Die ersten Prüfungen waren wirklich schnell, aber dann kam das Gefühl ganz natürlich zurück. Dann musste ich nur noch die Abstimmung auf mich einstellen, und dann war es okay", blickt Loeb auf den Auftakt der Rallye zurück.

Zum Auftakt der zweiten Rallye-Tages war Loeb dann in Schlagdistanz zu seinem Rivalen Ogier und blies zum Angriff. "Ich bin Vollgas gefahren, weil ich mich nun recht wohl in Auto fühle", gab der Franzose in der Pause am Freitagmittag zu Protokoll. Zwar unterlief Loeb auf der sechsten WP ein kleiner Fahrfehler, der ihn jedoch nur wenige Sekunden kostete. Gravierender war hingegen der Ausrutscher von Ogier auf WP7. Der Volkswagen-Pilot verlor über 40 Sekunden, Loeb übernahm die Führung und sollte sie bis zur Zieldurchfahrt am Samstagmittag nicht mehr abgeben. "Ich habe einen Fehler gemacht, mein Rivale hat einen Fehler gemacht, nun liege ich vorne", so der nüchterne Kommentar des Franzosen.

Von da an gleich das Duell an der Spitze einem Schattenboxen. Ogier versuchte am Freitagnachmittag noch einmal, den Abstand zu Loeb zu verkürzen, doch musste der Volkswagen-Pilot bald einsehen, dass dieses Unterfangen mit zu großem Risiko verbunden war. Nachdem sich Ogier darauf konzentrierte den zweiten Platz ins Ziel zu fahren, schaltete auch Loeb einen Gang zurück. Beim dritten Duell "Seb vs. Seb" in dieser Saison übernahm Loeb mit 2:1 die Führung.

Loeb glücklich über achten Argentinien-Sieg

Den Schlusstag konnte Loeb dann fast schon genießen, was jedoch nicht für die WP "Mina Clavero" galt. "Das war keine schöne WP. Die zweite, El Condor ist nicht schlecht, aber die erste ist nicht so schön", findet Loeb klare Worte. Auch andere Fahrer fanden wenig Gefallen an der technisch anspruchsvollen, vor allem aber extrem unebenen WP, bei der die Piloten ihre Autos zwischen Felsen hindurch stetig bergauf bewegen mussten: "Die Landschaft und die Leute sind schön, aber die Prüfung ist uninteressant."

Doch Loeb meisterte auch diese Hürde und durfte im Ziel auf dem Siegerpodium jubeln. "Ich bin glücklich, bei meiner vielleicht letzten Schotter-Rallye gewonnen", sagt der 39-Jährige. Vielleicht? Besteht für alle Fans des Franzosen also doch noch Hoffnung darauf, dass er seine Pläne ändert und vor der Rallye Frankreich noch einmal bei einem Schotter-Lauf in die WM zurückkehrt? Leider nicht, wie Loeb auf Nachfrage klarstellte: "Ich plane in Frankreich zusammen mit meiner Frau in einem Super1600-Auto eine Rallye auf Schotter zu fahren."

Zwar sah der Sieg in Argentinien - wie so oft bei Loeb - von außen recht einfach aus, doch der Franzose empfand es als gar nicht so leicht. "Es war nicht einfach, ohne jeden Wettkampf hierher zu kommen. Seb hat wirklich viel Druck gemacht, aber ich habe das Spiel mitgespielt. Das war ein netter Zweikampf", so Loeb, der sogar den Druck eine gewissen Erwartungshaltung als Last auf seinen Schultern gespürt hatte. "Seb dominiert die Meisterschaft, alle sprechen über unser Duell und all das. Das war nicht einfach."

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