Michelin-Motorsportchef Pascal Couasnon erklärt den dreistufigen Prozess, der durchlaufen wird, bevor ein neuer Reifentyp in der WRC zum Einsatz kommt
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Wenn die Piloten der Rallye-Weltmeisterschaft die abwechslungsreichen Pisten des WRC-Kalenders unter die Räder nehmen und auf diesen Erfolge feiern, haben die Reifen einen wesentlichen Anteil daran. Dieser Faktor wird oftmals unterschätzt.
Bei Michelin - Ausrüster der Werksteams von Volkswagen, Citroen und Hyundai sowie des von Malcolm Wilson geführten M-Sport-Teams - ist man sich der Problematik bewusst. "Die allgemein vorherrschende Meinung ist ja die, dass bei Siegen eines Teams der Fahrer den Ausschlag gibt, bei Niederlagen die Reifen", lacht Michelin-Motorsportchef Pascal Couasnon gegenüber 'WRC Live Radio'.
Der Franzose erklärt, wie die Entwicklung der WRC-Pneus bei Michelin abläuft: "Es ist ein dreistufiger Prozess. Schritt eins ist der Computer. Wir haben sehr viel Zeit in Simulationen investiert, die Autos und Reifen exakt nachbilden." Doch selbst mit den modernen Werkzeugen ist es für die rund 150 Mitarbeiter der Motorsportabteilung bei Michelin alles andere als einfach, einen Reifen zu produzieren, der den Belastungen des WRC-Kalenders gewachsen ist. "Das Verhalten eines Reifens auf Schotter zu simulieren, ist eine sehr komplexe und schwierige Angelegenheit", bemerkt Couasnon.
Drei aus zehn aus einhundert
Den einen oder anderen Ansatzpunkt findet man im Zuge der Simulationen aber, woraufhin bei Michelin nach einer solchen Testession in den Werkshallen im französischen Clermont-Ferrand "rund einhundert Lösungen" vorliegen, wie Couasnon anmerkt. "Bis zu diesem Zeitpunkt läuft alles virtuell ab. Dann aber picken wir aus diesen einhundert Lösungen die zehn aussichtsreichsten heraus und bauen darauf basierend zehn Reifen", so der Michelin-Motorsportchef in Anspielung auf Schritt zwei des dreistufigen Prozesses.
Die fertig produzierten Reifen werden anschließend auf dem Prüfstand einem ersten Härtetest unterzogen, wobei die gewonnenen Daten mit jenem aus dem Simulator abgeglichen werden. "Eines der wichtigsten Kriterien ist dabei die Sicherheit. Wir müssen zunächst einmal sicherstellen, dass ein neuer Reifentyp sicher ist. Erst dann widmen wir uns der Performance", erklärt Couasnon.
Der dritte und letzte Schritt besteht darin, aus den zehn produzierten Reifentypen basierend auf dem Prüfstandtest drei auszuwählen, die den Teams übergeben werden. Mit ihren WRC-Boliden führen die Teams in freier Wildbahn Tests unter realen Bedingungen durch. "Man muss die Reifen einfach direkt am Auto testen. Letzten Endes wird dann derjenige Reifentyp ausgewählt, mit dem das Gesamtgefüge aus Fahrer, Auto und Reifen am besten funktioniert", so Couason.
Von speziell für Volkswagen, Citroen oder Hyundai entwickelten Reifen kann aber keine Rede sein. "Wir wollen fair zu allen sein und genau so gehen wird auch vor", sagt der Michelin-Motorsportchef und merkt an, dass man den letzten Schritt im Zuge des dreistufigen Entwicklungsprozesses "mit allen Teams, die sich für Testfahrten bereiterklären" durchführt.