Rallye-Ikone Walter Röhrl würde für kein Geld der Welt an der Dakar teilnehmen und schämt sich für den früheren Umgang mit Zuschauern bei WM-Etappen
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Im heutigen Motorsport gibt es wenige Allrounder, die auf allen Ebenen Erfolg haben. Sebastien Loeb ist vielleicht ein solcher Kandidat; und auch Robert Kubica hat gezeigt, dass er nicht nur auf den Rundkursen dieser Welt, sondern auch auf den Rallye-Pisten Erfolg haben kann - wenn er denn ins Ziel kommt. Ein waschechter Allrounder war früher Walter Röhrl. Das deutsche Rallye-Ass fuhr nebenher auch erfolgreich in Le Mans, in der DTM oder in Sportwagen-Meisterschaften mit.
Doch ein motorsportliches Highlight hätte sich Röhrl nie getraut - und er hält auch heute noch nicht sonderlich viel von der Veranstaltung: Die Rede ist von der Rallye Dakar. "So alt kann ich gar nicht werden, dass mich das reizen würde", spricht der Deutsche gegenüber der 'Frankfurter Allgemeine Zeitung'. "Ich bin ein großer Fan von Carlos Sainz gewesen. Ich konnte es nie verstehen, dass er die Dakar gefahren ist."
Für ihn habe die traditionsreiche Veranstaltung, die seit einigen Jahren in Südamerika beheimatet ist, nicht mehr viel mit Rallye-Sport zu tun: "Das als Abenteuer zu fahren, ist toll, aber wenn der eine über den Busch drüberfährt, der andere über eine Kuppe drüberspringt, dann ist das doch nichts anderes als russisches Roulette", sagt der 66-Jährige und fügt an: "Das hat mit Autofahren nichts zu tun."
Keine Rücksicht auf die Zuschauer
Er selbst habe schon mehrfach Angebote erhalten, an der Dakar-Rallye teilzunehmen: "Ich hätte für eine Dakar das Dreifache verdient wie für ein Jahr Weltmeisterschaft", verrät Röhrl. "Aber auch wenn sie mir zehn Millionen geboten hätten, hätte ich es nicht gemacht." Dabei gibt der gebürtige Regensburger zu, dass auch in der Rallye-Weltmeisterschaft zu seiner Zeit horrende Sicherheitsvorkehrungen geherrscht haben.
Besonders eine Sache ist ihm am Ende der Gruppe-B-Ära 1986 im Gedächtnis geblieben: die Zuschauer am Streckenrand. "Wenn ich diese Videos aus meiner Audi-S1-Zeit sehe, dann bin ich schockiert. Ich schäme mich richtig dafür", so Röhrl. "Aber das war so, die haben da gestanden und sind einfach im letzten Moment weggesprungen. Man fuhr da gegen eine geschlossene Menschenmenge."
"In Portugal hat mir Henri Toivonen mal in solchen Prüfungen ein paar Sekunden abgenommen. Im Service hieß es dann von der Teamleitung: 'Na, werden wir alt, oder warum ist der junge Finne schneller?' Ich habe dann erklärt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich jemanden tot fahre. Es geht einfach nicht anders. Da sagt der: 'Glaubst du, dass du das viele Geld kriegst, damit du auf die Idioten aufpasst?'"
Wiegand ohne Angst durch Eis und Schnee
Heutzutage sind die Sicherheitsvorkehrungen für Zuschauer in der Rallye-Weltmeisterschaft deutlich verschärft, auch wenn man natürlich nicht den Sicherheitslevel eines echten Rundkurses erreichen kann. Somit muss sich ein Rallye-Fahrer nicht mehr auf stehende Zuschauermassen konzentrieren, sondern lediglich auf die Straße und sein eigenes Rennen. Der Deutsche Sepp Wiegand fuhr kürzlich mit einem Skoda Fabia S2000 das erste Mal eine WRC-Rallye auf Schnee. Doch Gefahr spürte der Neuling zu keinem Zeitpunkt.
"Man hat gar keine Zeit, Angst zu bekommen, weil man so konzentriert sein muss", winkt der 22-Jährige ab. "Ich sage mir vor solchen extrem schnellen Prüfungen immer: 'Okay, lass es uns nicht auf Teufel komm raus versuchen, sondern lass uns sauber durchfahren.' Sich zu sagen fahr langsam, das funktioniert aber auch nicht. Dann geht nämlich die Konzentration weg."
"Wenn ein Rallye-Fahrer sagt, er fährt jetzt langsam, meint er etwas anderes, weil er nie wirklich langsam fahren wird", fügt der Skoda-Pilot an. "Er weiß schon genau, wann er an Ecken zu lupfen hat. Von außen wird man das nie sehen." Bis Wiegand allerdings in die Fußstapfen von Walter Röhrl treten kann, wird wohl noch eine ganze Weile vergehen - aber vielleicht überholt er ihn ja irgendwann in Sachen Dakar-Erfolge. Sonderlich schwer werden dürfte das ja nicht.