Rallye-Ikone Walter Röhrl glaubt, den neuen Weltmeister schon zu kennen, geht mit Jari-Matti Latvala hart ins Gericht und wünscht sich einen Rallye-Vettel
© Foto: xpbimages
Die Rallye-Weltmeisterschaft ist gerade einmal zwei Rennen alt, dennoch scheint es so, als wurde mitten in der laufenden Saison der große Umbruch vollzogen. Die Auftakt-Rallye fand mit Sebastien Loeb noch den altbekannten Sieger, doch schon die Rallye Schweden läutete den Anfang einer vielleicht großen Ära ein. Gleich beim zweiten Lauf nach dem Neueinstieg gelang Volkswagen mit Sebastien Ogier der erste Sieg.
Dieser Einstand kam für viele überraschend, auch Rallye-Legende Walter Röhrl hat nicht unbedingt mit einem so schnellen Erfolg gerechnet: "Im zweiten Rennen zu gewinnen, gab's meiner Meinung nach noch nie", staunt der zweifache Weltmeister gegenüber dem 'Berliner Kurier'. "Das ist schon beeindruckend." Allerdings gibt der Deutsche zu, dass bei Volkswagen alle Zutaten für einen Erfolg vorhanden waren: "Man darf nicht vergessen, dass sie von Ogiers Skoda-Einsätzen im Vorjahr viel gelernt haben. Und sie haben den Polo ganz profihaft vorbereitet, haben einen Ingenieur von Citroen geholt und Carlos Sainz als Entwicklungsfahrer eingebunden."
Mit Sebastien Ogier hätten sie zusätzlich einen Fahrer, der erwiesenermaßen schnell ist und das Beste aus dem Auto herausholen kann: "Ogier hat bewiesen, dass er der einzige Fahrer ist, der Loeb dauerhaft schlagen kann", ist Röhrl überzeugt und legt sich zugleich fest: "Ogier ist der einzige, der auf dem gleichen Level wie Loeb fährt. Und weil Loeb leider nur noch zwei WM-Läufe bestreitet und auf die Rundstrecke wechselt, sehe ich Ogier schon als neuen Weltmeister."
"Latvala? Ein Fehlgriff!"
Dies könne er vom Teamkollegen des Franzosen, Jari-Matti Latvala, allerdings nicht behaupten: "Den halte ich für einen Fehlgriff, das Urteil hat er mit seinen Fahrfehlern auch bestätigt", kritisiert der Deutsche die Verpflichtung des Finnen. "Das Fahrerniveau fällt insgesamt heute ab. Während es zu meiner Zeit zehn bis 15 Fahrer gab, die eine Rallye gewinnen konnten, sind es nur noch zwei, drei."
Viel lieber wäre der Rallye-Ikone ein deutscher Fahrer bei Volkswagen gewesen, doch das braucht noch Zeit: "Das ist ja deren nächstes Projekt", ist sich der 65-Jährige sicher. "Der Polo läuft, jetzt betreiben sie Aufbauarbeit mit dem Sepp Wiegand. Der darf bei den Rallyes mitfahren und ohne Druck lernen. Sensationell, das hat es noch nie gegeben in Deutschland. Er hat sich bei der Monte und in Schweden gut geschlagen und keine Sperenzien gemacht."
Deutsches Rallye-Ass gesucht
Sollte er diesen Weg beibehalten, könnte er in die Fußstapfen von Röhrl, Matthias Kahle und Armin Schwarz treten. Letztere waren die letzten bekannten deutschen Rallye-Piloten, doch für den ganz großen Erfolg hat es bei beiden nie gereicht. Röhrl kennt die Gründe dafür: "Die Rahmenbedingungen sind in Deutschland nicht optimal, es gibt ja keine Trainingsmöglichkeiten." Für den Sport und die Deutschland-Rallye bringe der Volkswagen-Erfolg aber nun einen Aufschwung.
Für die Zukunft der Rallye-Szene in Deutschland sei es zudem sehr wichtig, dass endlich mal wieder ein einheimisches Rallye-Ass den Weg in die Spitze des Sportes findet. "Für ein so großes öffentliches Interesse wie für die Formel 1 brauchst du einen deutschen Fahrer, der in der Weltspitze mitfahren kann. Ich bin gespannt, wie sich der Sepp entwickelt."
Wie es gehen kann, habe Sebastian Vettel in der Formel 1 gezeigt: "Ohne Vettel hätte ich keine Formel 1 mehr geschaut", verrät der Rallye-Weltmeister von 1980 und 1982. "Vettel und ein Limonadenhersteller haben den Großen gezeigt, wie es geht. Vettel ist ein toller Typ und hervorragender Fahrer, das hat er mit seinem dritten Titel mehr als bewiesen. So einen bräuchte Volkswagen, dann würden die Leute Rallye definitiv schauen."