Für Volkswagen ist Argentinien ein ganz besonderes Land: Weltmeister Sebastien Ogier will die Siegesserie fortsetzen und dort zum ersten Mal gewinnen
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Ein Rallye-Klassiker mit großer technologischer und fahrerischer Herausforderung: Volkswagen startet mit großem Siegeswillen in die Rallye Argentinien. Der fünfte Saisonlauf der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) stellt die Titelverteidiger und WM-Führenden Sebastien Ogier/Julien Ingrassia, ihre im Gesamtklassement zweitplatzierten Teamkollegen Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila sowie Andreas Mikkelsen/Mikko Markkula auf insgesamt 405,10 Prüfungskilometern auf die Probe.
Der 315 PS starke Polo R WRC muss dabei Höhenunterschiede von über 1.500 Metern, viel rauen Schotter, Wasserdurchfahrten und zahlreiche Serpentinen meistern. An Motivation wird es den drei Werksduos nicht mangeln - entlang der insgesamt 14 Wertungsprüfungen werden sie von Tausenden Fans frenetisch angefeuert. "Die Rallye Argentinien ist einer der Höhepunkte der Rallye-WM", so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito.
"Sehr lange Wertungsprüfungen, große Höhenunterschiede, Serpentinen, Schotter, Wasserdurchfahrten - Fahrer, Beifahrer und die Autos sind wieder auf das Äußerste gefordert. Wir haben in dieser Saison schon einiges erreicht und viele sehen uns deshalb schon als klaren Favoriten an. Doch wenn man am Start der ersten Wertungsprüfung steht, geht eine Rallye für jeden Teilnehmer bei null los."
"Nur diejenigen, die über die drei Rallye-Tage permanent die Konzentration wahren, ihr Material nicht überstrapazieren und die wenigsten Fehler machen, haben die Chance, zu siegen. Das gilt für Fahrer, Ingenieure und das ganze Team. Keine Frage: Wir wollen gewinnen. Wir wissen aber auch, dass man im Sport nichts geschenkt bekommt. Wir stellen uns gern der kommenden Herausforderung und wissen, dass im Rallye-Sport alles möglich ist."
Three is a party: große Rallye-Begeisterung in Argentinien
Die Rallye Argentinien in der Nähe von Cordoba, der zweitgrößten Stadt Argentiniens, zieht jedes Jahr eine große Zahl begeisterter und fachkundiger Fans an. Und dort, wo drei Argentinier beisammen sind, wird meistens auch ein Grill aufgestellt - für die Fahrer und Beifahrer der Rallye-WM bedeutet das ein einzigartiges Flair, das einem großen Volksfest gleicht. Entlang der Wertungsprüfungen reihen sich die Zuschauer dicht gedrängt aneinander, grillen ausgelassen und spornen ihre Stars zu Höchstleistungen an.
Erstmals seit fast einem Jahrzehnt werden sie dabei einen neuen Sieger bejubeln: Keiner der Rallye-WM-Piloten, die 2014 am Start stehen, hat die Rallye Argentinien bislang gewonnen. Nur einer kennt die Aussicht von der obersten Stufe des Podestes in Argentinien: Markkula, Co-Pilot von Volkswagen-Fahrer Mikkelsen. Markkula gewann die Rallye Argentinien 2010 gemeinsam mit Juho Hänninen im Skoda Fabia Super 2000. Damals zählte die Rallye Argentinien allerdings nicht zum Rallye-WM-Kalender.
"El Condor" und viel Bekanntes
Wohl dem, der 2013 bereits am Start war: Zehn von 14 Wertungsprüfungen der Rallye Argentinien werden unverändert zum Vorjahr ausgetragen. Zwei weitere bestehen zum Großteil aus ebenfalls exakt gleicher Routenführung. Die Rallye-Route 2014 führt auf 84,62 Prozent der Distanz über die WPs des vergangenen Jahres. Die Aufgabe für Fahrer und Beifahrer macht das allerdings nicht einfacher.
Die Wertungsprüfung "El Condor" ist ein echter Klassiker und weltberühmt. Abwechslungsreiche Herausforderungen garantiert: Auf enge Haarnadeln folgen schnelle und breite Kurven. Dazu kommt das spezielle Wetter der "El Condor", die teilweise noch im dichten Nebel hängt, wenn anderenorts die Sonne scheint. Die zweite Durchfahrt von "El Condor" bildet 2014 wieder die sogenannte Power Stage, bei der Zusatzpunkte für die besten drei vergeben werden.
Wenn die World-Rally-Cars am Startpunkt jener "El Condor" auf Rallye-Tempo beschleunigen, "stürzen" sie sich gleichzeitig auch vom höchsten Punkt der Rallye Argentinien hinab ins Tal. Während die Rallye Mexiko das Dach der Rallye-WM bildet, stellt der WM-Lauf in Argentinien das Material mit dem größten Höhenunterschied der Saison vor große Aufgaben.
Die Motorensteuerung muss sowohl auf dem Rallye-Gipfel von "El Condor" und damit bei 2.138 Metern über Normalnull für maximale Leistung sorgen als auch am tiefsten Punkt von 620 Metern, wenige Meter nach dem Start der Wertungsprüfung "Amboy-Yacanto". Der Höhenunterschied von 1.518 Metern ist dabei der größte des Rallye-Jahres.
Besonderes Terrain für Volkswagen
Volkswagen und Argentinien - das ist eine echte Liebesbeziehung. Zwei produzierende Werke, knapp 90 Niederlassungen, etwa 25 Prozent Marktanteil im Pkw-Sektor: In Argentinien hat der Volkswagen-Konzern in den vergangenen Jahren seine Marktführerschaft weiter ausgebaut. Auch sportlich ist Argentinien echtes Volkswagen Terrain: 2009, 2010 und 2011 gewann die Marke mit dem Race Touareg die Rallye Dakar, seinerzeit mit Start und Ziel in Argentinien.
Den aller ersten Sieg im Marathon-Rallyesport feierte Volkswagen 2005 bei der "Rallye por las Pampas" in Argentinien und blieb auch während der Vorbereitung auf das Rallye-WM-Projekt mit dem Polo R WRC im Jahr 2012 in der S2000-Kategorie (heute WRC-2) weiterhin ungeschlagen. Damals siegten Ogier/Ingrassia mit einem Fabia Super 2000 der Konzernmarke Skoda.
Eine andere Siegesserie war 2013 allerdings stärker: Rekordweltmeister Sebastien Loeb (Citroen) triumphierte im vergangenen Jahr zum achten Mal in Folge, obwohl zehn der 14 Wertungsprüfungen an den Polo R WRC gingen. Die Zahl Acht spielt für Volkswagen auch diesmal wieder eine Rolle. Sollte es Ogier/Ingrassia, Latvala/Anttila oder Mikkelsen/Markkula gelingen, für Volkswagen in Argentinien zu gewinnen, setzte sich eine Siegesserie weiter fort - mit dann neun Siegen in Folge für eine Marke.
Volkswagen kann Siegesserie ausbauen
Nach Siegen in Australien, Frankreich, Spanien, Großbritannien (2013) sowie in Monte Carlo, Schweden, Mexiko und Portugal (2014) hält Volkswagen gemeinsam mit Citroen diese Bestmarke. Auch in Argentinien sehen sich die Volkswagen-Duos mit der Herausforderung konfrontiert, die Strecke am ersten Rallye-Tag zu eröffnen. Gemäß Reglement startet der WM-Führende zuerst - in diesem Fall Ogier.
"Wir haben uns auf Sardinien auf die Rallye Argentinien vorbereitet", sagt der Weltmeister. "Dort hatten wir einen ähnlich sandigen Untergrund, wie wir ihn in Südamerika vorfinden werden. Auch wenn die Streckenbeschaffenheit in Argentinien ein wenig weicher ist, haben wir bei den Tests viel gelernt. Ich habe die Rallye Argentinien noch nie gewonnen. 2011 war ich knapp dran und auch vergangenes Jahr hat es nicht ganz zum Sieg gereicht."
"Das sind Gründe, warum ich in Argentinien unbedingt gewinnen möchte. Vom Ablauf her ist die Rallye fast identisch mit der letztjährigen und das kann schon ein kleiner Vorteil für uns sein. Trotzdem kann sich eine Schotter-Rallye von einem zum anderen Jahr stark verändern. Bei der 'Recce' werden wir daher besonders konzentriert sein, um die vielen minimalen Veränderungen im Aufschrieb zu berücksichtigen."
Hinter Ogier folgt mit Jari-Matti Latvala ein weiterer Volkswagen Pilot. "Ich freue mich auf Argentinien. Dort bin ich im vergangenen Jahr zum ersten Mal für Volkswagen auf das Podium gefahren", blickt der Finne auf das erfolgreiche Vorjahr. "Die Rallye kommt meinem Fahrstil entgegen, ist für den Fahrer aber nicht einfach. Vor allem bei der zweiten Durchfahrt der Prüfungen kann es schnell passieren, dass man einen großen Stein trifft, sobald man ans Limit geht."
"Man muss also immer ein wenig Luft lassen, um notfalls noch reagieren zu können. Mit einem Podiumsplatz wäre ich sehr zufrieden. Die Wertungsprüfungen sind im Vergleich zum vergangenen Jahr größtenteils unverändert, es gibt nur kleine Unterschiede. Einzig 'Mina Clavero' am letzten Tag wird entgegen der letztjährigen Fahrtrichtung gefahren. Das ist etwas völlig Neues für uns und wird eine Herausforderung sein. Zuletzt in Portugal lief es für uns nicht ganz so gut. Jetzt gilt es, keine Fehler mehr zu machen und so konstante Leistungen zu zeigen wie bei den ersten drei Rallyes des Jahres."
Mikkelsen steht gemäß seiner Position im Gesamtklassement als Vierter an der Startlinie der ersten fünf Wertungsprüfungen. "Es ist ein gutes Gefühl, zu einer Rallye zu reisen, die ich aus den vergangenen beiden Jahren sehr gut kenne", zeigt sich der Norweger optimistisch. "2012 habe ich mir im Skoda Fabia Super 2000 lange Zeit einen schönen Schlagabtausch mit Sebastien geliefert. Im vergangenen Jahr haben wir bei der Jagd nach guten Zeiten das Material ein wenig zu hart rangenommen, uns aber am Finaltag trotzdem noch in die Punkteränge zurückgekämpft."
"Während in meiner Debüt-Saison im Polo R WRC Einzelergebnisse nicht so sehr im Vordergrund standen, möchte ich mich in diesem Jahr steigern. Das bedeutet auf die Rallye Argentinien bezogen: sauber durchzukommen und möglichst weit vorn zu landen. Ein echter Höhepunkt wird im wahrsten Sinne des Wortes die abschließende Power Stage sein: Der Startpunkt von 'El Condor-Copina' ist die höchste Stelle bei der Rallye Argentinien. Von dort stürzen wir uns durch Serpentinen ins Tal hinab. Darauf freue ich mich ganz besonders, denn hier sind Mut und Präzision am Lenkrad gefragt."
Ogier/Ingrassia starten bei der Rallye Argentinien mit einem ganz besonderen Chassis. Der Polo R WRC mit der internen Nummer 17 und dem amtlichen Kennzeichen WOB-VW 369 erlebte sein Debüt bei der Rallye Deutschland im August 2013. Dem holprigen Start beim Volkswagen-Heimspiel folgte eine unwiderstehliche Siegesserie: Bei der Rallye Frankreich im vergangenen Jahr und bei den Rallyes in Monte Carlo und Mexiko in der aktuellen Saison siegte die "17" bei den unterschiedlichsten Bedingungen. Seinerzeit in Frankreich eroberten Ogier/Ingrassia den Fahrer- und Beifahrertitel in der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC).