Volkswagen möchte im kommenden Jahr ab dem vierten WM-Lauf einen dritten Polo R WRC für Andreas Mikkelsen einsetzen
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Seit vergangener Woche steht fest, mit welchen beiden Fahrern Volkswagen in der kommenden Saison in die Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) startet. Nachdem Sebastien Ogier schon lange feststand, wurde wie erwartet Jari-Matti Latvala als zweiter Fahrer präsentiert. Die beiden Werksfahrer könnten jedoch schneller als gedacht einen weiteren Kollegen bekommen, wie Volkswagen-Motorsportdirektor Jost Capito verriet.
"Wir planen ab Portugal ein drittes Auto einzusetzen", sagte der Deutsche am Wochenende am Rande der Rallye Italien. Allerdings steht noch ein kleines Fragezeichen hinter dem Einsatz. "Das hängt davon ab, wie gut die Saison bis dahin verlaufen ist. Sollten sich vorher irgendwelche Dramen abspielen, werden wir kein drittes Auto einsetzen", erklärt Capito. "Aber wir bereiten uns darauf vor." Wer den dritten Polo fahren wird, steht bereits auch so gut wie fest: Es wird der Norweger Andreas Mikkelsen sein.
"Andreas hat sicherlich die besten Chancen, in diesem Auto zu sitzen. Er ist ein großartiger Kerl, der sich sehr gut entwickelt hat", sagt Capito. Mikkelsen gewann im Vorjahr den Titel in der Intercontinental-Rally-Challenge und wird ihn in diesem Jahr erfolgreich verteidigen. Auch bei den Einsätzen mit dem Skoda Fabia S2000 in der Rallye-WM konnte der Norweger seinen Chef Capito überzeugen: "Er sollte die Gelegenheit bekommen, ständig in der WRC zu fahren. Er ist der Kandidat für das dritte Auto."
Auch zur Verpflichtung Latvalas bezog Capito Stellung: "Unser Ziel war von Anfang an, zwei Spitzenfahrer im Team zu haben, die in der Lage sind, Rallyes zu gewinnen. Mit Ogier hatten wir bereits einen solchen Fahrer, und Latvala war von Beginn an eine Option. Es gab nicht allzu viele Fahrer, die infrage kamen", so der Deutsche.
Entwicklung des Polo verläuft nach Plan
"Ich kenn Jari-Matti schon seit vielen Jahren, schon seit in der S1600-Klasse mit dem Fiesta gefahren ist", sagt Capito, der vor seinem Wechsel zu Volkswagen für Ford tätig war. "Seit dieser Zeit schätze ich ihn sehr hoch ein. Er hat die Chance verdient, Weltmeister zu werden. Die hatte er in der Vergangenheit schon, aber es hat nicht funktioniert. Ich hoffe, dass wir ihm die Basis bieten können, auf der seine und unsere Träume wahr werden."
Nach der Vorbereitungssaison mit den Skoda brennen Capito und sein Team nun darauf, endlich mit dem Polo R WRC an den Start zu gehen und mit gleichen Waffen gegen die Konkurrenz von Citroen und Ford zu kämpfen. Die sensationelle Leistung Ogiers auf Sardinien hat die Vorfreude noch einmal erhöht. "Sebastien hat hier mit dem S2000 eine Bestzeit gefahren, und wir gehen davon aus, dass der Polo nicht schlechter sein wird", meint Capito.
Die Entwicklung des Fahrzeuges laufe sehr gut. "Unser erster Schwerpunkt war die Zuverlässigkeit. Die ist jetzt gegeben, und recht schnell ist das Auto auch schon. Wir arbeiten jedoch weiterhin an der Performance", erklärt Capito, der aber weiß: "Tests und Rallyes sind zwei verschiedene Paare Schuhe. Die Wahrheit sehen wir erst in Monte Carlo." Allerdings warnt der Motorsportdirektor davor, aus dem Lauf rund um das Fürstentum allzugroße Schlüsse auf die Leistung des Polos zu zeihen "Die Stadt ist ja bekannt für das Casino, und die Rallye ist auch ein Glücksspiel. Dort kann alles Mögliche passieren. Ich denke, wir brauchen drei oder vier Rallyes. In Portugal werden wir ein klares Bild haben, wie konkurrenzfähig das Auto ist."
Ziel: Aus eigener Kraft aufs Podium
Befragt nach den Zielen für die kommende Saison muss Capito ein wenig aus ausholen und verweist auf die Vorgeschichte des Teams von Volkswagen-Motorsport: "Es ist jetzt das erste Jahr des Teams in der Rallye-WM. Sie haben erfolgreich die Dakar bestritten, aber das ist nur eine Veranstaltung im Jahr. Die geht man völlig anders an. In der WRC werden 13 Veranstaltungen gefahren, während parallel die Weiterentwicklung läuft. Diese Mehrfachbelastung ist für das Team völlig neu."
Hinzu komme, dass Volkswagen das Team selbst aufgebaut und nicht an ein Team ausgelagert habe, welches große Erfahrung im Rallyesport hat. "Wir haben bei Null angefangen. Das muss man im kommenden Jahr berücksichtigen, das Team lernt immer noch dazu", mahnt Capito. Die Einsätze in diesem Jahr mit den S2000 seien etwas völlig anderes. "Ich will nicht geringschätzig klingen, aber es ist einfach eine andere Liga", meint Capito.
In der WRC stehe das Team viel mehr unter Beobachtung: "Wenn Volkswagen mit dem Polo in die WRC kommt, werden alle Augen auf uns gerichtet sein. Selbst der kleinste Fehler, wird nicht unentdeckt bleiben. Daher muss ich den Druck vom Team nehmen", sagt Capito, der aus diesem Grund die Trauben nicht allzu hoch hängen will. "Unser Ziel ist, in der zweiten Saisonhälfte aus eigener Kraft aufs Podium zu fahren."
Rallye-WM auf einem guten Weg
Bei der generellen Entwicklung der Rallye-WM ist Capito "recht zuversichtlich", auch wenn die Serie in der vergangenen Woche mit dem werksseitigen Rückzug von Ford eine weitere Hiobsbotschaft verkraften musste. Den Ausstieg seines früheren Arbeitgebers sieht Capito jedoch gelassen. "Ford wird uns mit M-Sport erhalten bleiben, das ist ein starkes Team. Ich schätze nicht, dass sie schwächer als in diesem Jahr sein werden", so der Deutsche. "Citroen macht weiter, und mit Hyundai wird (2014, Anm. d. Red.) ein weiterer großer, global agierender Hersteller einsteigen."
Auch die Zusammenarbeit mit dem neuen Promoter Red Bull laufe sehr gut an. "Nach den Gesprächen, die wir mit ihnen geführt haben, bin ich überzeugt, dass sie einen herausragenden Job machen werden. Sie sprechen mit den Herstellern und entwickeln die Konzepte gemeinsam", so Capito, der sich um die Zukunft der WRC daher keine Sorgen macht. "Wir wissen, dass die WRC großes Potenzial hat. Es müssen sich einige Dinge ändern, aber wir sind nun für die Zukunft gut aufgestellt."