Von Schotter zu Asphalt in 75 Minuten

, 21.10.2014

Herausforderung Rallye Spanien Ingenieur Tim Jackson verrät, wie ein WRC-Auto in gut einer Stunden von Schotter- auf Asphalt-Abstimmung umgebaut wird

Die in dieser Woche stattfindende Rallye Spanien (23.-26.10.) ist einzigartig im Kalender der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), denn nur in Katalonien fahren die Piloten auf zwei unterschiedlichen Untergründen. Während die Wertungsprüfungen am Freitag fast ausschließlich auf Asphalt gefahren werden, erwarten die Fahrer am Samstag und Sonntag Asphaltstraßen. Dieser einzigartige Mix stellt vor allem die Techniker vor eine Herausforderung.

Denn während die WRC-Autos auf den ersten Blick bei jeder Rallye mehr oder weniger gleich aussehen, sind die Unterschiede zwischen Schotter- und Asphalt-Abstimmung gewaltig. Von Freitag auf Samstag müssen die Teams daher über Nacht die Autos vollkommen umbauen. Wobei der Begriff "über Nacht" reichlich übertrieben ist, denn laut Reglement darf im Service Park maximal 75 Minuten lang an den Autos gearbeitet werden.

Wie den Teams dieser Kraftakt gelingt, erklärt M-Sport-Ingenieur Tim Jackson, der in dieser Woche in Spanien den Fiesta RS WRC von Ken Block betreut. Zunächst fängt der Service am Freitagabend wie gewöhnlich an, den Auftakt macht eine Überprüfung des Autos auf Schäden oder Defekte. "Kleine Defekte sind dabei kein Problem, denn wir ersetzen ohnehin die meisten Teile", erklärt Jackson gegenüber 'wrc.com'.

Asphalt-Komponenten werden vormontiert

Anschließend beginnen bis zu acht Mechaniker mit der Demontage des Autos. Alle Komponenten, die speziell für die Schotter-Abstimmung verwendet werden, werden ausgebaut. Dazu zählen der vordere und hintere Querlenker, die Zahnstange der Lenkung, das hintere Differential sowie alle Radaufhängungen und Bremsen. "Nach 15 Minuten ist alles ausgebaut und das Auto sieht ziemlich nackt aus", so Jackson.

Als nächstes werden die Komponenten für die Asphalt-Abstimmung eingebaut. "Das Wichtigste ist hierbei die Vorbereitung", sagt Jackson. "Alle Komponenten werden vorher auf dem Boden ausgelegt und wurden soweit wie möglich in unserer Werkstatt in England zusammengesetzt." So sind am hinteren Querlenker bereits das Differential, die Anlenkpunkte der Aufhängung und sogar die Stoßdämpfer befestigt. "Wir bauen das ganze Teil in einem Stück ein und befestigen es mit nur acht Schrauben", erklärt Jackson.

Nach etwa 30 Minuten ist dieser Arbeitsschritt abgeschlossen. An der Vorderachse wird nach einem ähnlichen Prinzip gearbeitet, doch dort werden vor dem Einbau der Komponenten zunächst noch Wartungsarbeiten am Motor durchgeführt. Nach 40 Minuten wird dann das Getriebe eingebaut, welches auf das Vorderachs-Differential umfasst. "Das und das Hinterachs-Differential sind aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, des Grips und der Charakteristik beim Durchdrehen der Räder anders als diejenigen, die auf Schotter verwendet werden", sagt Jackson.

Der wichtige Gang auf die Waage

50 Minuten nach Beginn sieht das Auto dann langsam auch wieder nach einem Auto aus. "Die Radaufhängungen und Bremsen werden montiert. Die Bremsscheiben sind größer und haben einen Durchmesser von 355 im Vergleich zu 300 Millimeter", erklärt Ingenieur Jackson. "Das Bremssystem muss dann entlüftet werden, bevor die Stoßdämpfer befestigt werden."

Nach 60 Minuten sollten die Montagearbeiten dann beendet sein. Es folgt die Überprüfung der Achsgeometrie, der Fahrzeughöhe und des Radsturzes, denn: "Das Auto fährt auf Asphalt etwa sechs Zentimeter tiefer", so Jackson. Doch meist müssen er und seine Kollegen nicht mehr viel korrigieren. "Es geht normalerweise nur noch um die Feinabstimmung, denn wir haben die Komponenten schon in der Fabrik kontrolliert."

Anschließend kommt noch ein wichtiger und auf den ersten Blick ungewöhnlicher Check: Das Auto kommt auf die Waage. Das hat jedoch einen einfachen Grund: "Die Schotter-Komponenten sind stabiler und dadurch schwerer als die für Asphalt. Gleiches gilt für Räder und Reifen. Wir laden daher, sofern notwendig, Ballast ein", so Jackson. "Wenn alles nach Plan läuft, seht das Auto nach 65 Minuten wieder auf den Rädern. So bleiben uns zehn Minuten als Zeitreserve."

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere Rallye & WRC-News

Robert Kubica hofft bei der Rallye Spanien, an die Leistung des Vorjahres anzuknüpfen

Kubica und die "untypische Rallye" in Spanien

Robert Kubica wartet in seiner ersten vollen Saison in der Top-Klasse der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) immer noch auf das große Erfolgserlebnis. Zuletzt lag er bei der Rallye Frankreich bis kurz vor …

Der Tuthill-Porsche wird 2015 auch für Kunden erhältlich sein

Tuthill-Porsche geht in Serienproduktion

Die Starts des Porsche 911 R-GT von Richard Tuthill bei den WM-Rallyes in Deutschland und Frankreich haben Folgen, und zwar positive. Denn das Interesse an dem Fahrzeug ist so groß, dass Tuthill die …

Ken Block ging zuletzt 2013 in Mexiko bei einem WRC-Event an den Start

Block vor Rückkehr: "Will meinen Spaß haben"

Nach mehr als einem Jahr Pause wird Ken Block bei der Rallye Spanien in die WRC zurückkehren. Zuletzt war er bei der Rallye Mexiko im März 2013 an den Start gegangen. Seine Rückkehr will der …

Mikko Hirvonen will seinen vierten Gesamtrang festigen

M-Sport in Katalonien: Vorfreude auf den spanischen Biathlon

M-Sport fühlt sich bestens vorbereitet auf die Rallye Spanien, die am kommenden Wochenende ihren 50. Geburtstag als Bestandteil des Kalenders der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) feiert. Katalonien …

Der Schlusstag wird nun doch nicht wie erhofft aufgewertet werden

WRC-Kommission blockt Powerstage-Vorschlag endgültig

Der Vorschlag, die Powerstage durch geringere Abstände zwischen den Fahrern spannender zu gestalten, ist endgültig vom Tisch. Die WRC-Kommission entschied gestern in Genf, dass die Idee nicht zum …

AUCH INTERESSANT
BYD: Stella Li verrät das Erfolgsrezept im Interview

AUTO-SPECIAL

BYD: Stella Li verrät das Erfolgsrezept im Interview

BYD kennt inzwischen fast jeder. Doch wer ist Stella Li ? Eine der weltweit mächtigsten Frauen in der Automobilbranche, die wir zum Interview trafen - und Stella Li gab sehr interessante …


Motorsport-Total.com

TOP ARTIKEL
VW Golf R 2024 Test: Der letzte Benziner vor dem E-Motor
VW Golf R 2024 Test: Der letzte Benziner vor dem …
Lamborqhini Revuelto Test: Brutal! V12 mit 3 Elektromotoren
Lamborqhini Revuelto Test: Brutal! V12 mit 3 …
BYD Blade-Batterie: Das Geheimnis der Blade-Klinge
BYD Blade-Batterie: Das Geheimnis der Blade-Klinge
News-Abo
Jeden Morgen kostenlos per E-Mail:
Aktuelle Artikel
German Car of the Year 2025: Die besten Autos des Jahres
German Car of the Year 2025: Die besten Autos …
Jeep Avenger The North Face Edition: Die versteckten Extras
Jeep Avenger The North Face Edition: Die …
BMW & Mini: Kino, Gaming und ein Blick in die Zukunft
BMW & Mini: Kino, Gaming und ein Blick in die …
Bridgestone Blizzak 6 Enliten: Der neue Spitzen-Winterreifen
Bridgestone Blizzak 6 Enliten: Der neue …
Audi A6 e-tron 2025: E-Kombi mit über 700 km Reichweite
Audi A6 e-tron 2025: E-Kombi mit über 700 km …


Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo