Seriensieger KTM hat neue Gegner bei der Dakar erhalten: Titelverteidiger Cyril Despres sitzt nun auf einer Yamaha und Toptalent Joan Barreda-Bort fährt für Honda
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Die Motorrad-Klasse verspricht bei der diesjährigen Rallye Dakar viel Spannung. KTM ist seit dem Jahr 2001 ungeschlagen, doch die Konkurrenz wittert eine Chance. Allen voran Cyril Despres könnte die Siegesserie der Österreicher beenden, obwohl der Franzose in den vergangenen Jahren maßgeblich zu den KTM-Erfolgen beigetragen hat. Despres gewann in den Jahren 2005, 2007, 2010, 2012 und 2013 für KTM, doch in diesem Jahr geht der Routinier für Yamaha an den Start. Despres überzeugte in jüngerer Vergangenheit nicht nur mit Speed, sondern auch mit Umsicht. Er fuhr taktisch klug, griff zu den richtigen Zeitpunkten an und nutzte sein Material optimal.
Nun wird sich zeigen, ob die neue Yamaha ein Siegmotorrad ist. "Ich hätte die sichere Variante wählen und bei KTM bleiben können, aber der Wechsel des Herstellers war ein wichtiger Schritt für mich. Für mich war die Sache klar, als ich Yamaha in der Nähe von Paris besucht hatte. Es hingen überall Fotos von vergangenen Dakars. Ich spürte den Geist von Jean-Claude Olivier und Stephane Peterhansel", schwärmt Despres von seiner neuen Umgebung. "Ich realisierte, dass ich in diesem Team von Leuten umgeben bin, die die gleiche Leidenschaft für die Dakar teilen wie ich."
"Jetzt interessiert mich nur, ob ich das Motorrad wechseln und trotzdem gewinnen kann. Ich muss ruhig bleiben, denn es ist schwierig zu sagen, ob ich unter diesen Voraussetzungen gewinnen kann. Ich glaube aber, dass es funktionieren kann. Klappt es im ersten Jahr, dann wäre es ein großer Spaß. Ich glaube, dass meine Erfahrung der Schlüssel zum Erfolg ist. Ich werde nicht mit den anderen Jungs kämpfen, denn sie sind fortgeschritten und sehr schnell. Ich habe aber keine Angst, denn es haben nicht viele bewiesen, dass sie jedes Jahr konstant sind."
Coma führt KTM an
Das Yamaha-Aufgebot komplettieren Michael Metge, Olivier Pain und Frans Verhoeven. Auch diese drei Fahrer haben im Vorjahr ihr Potenzial bewiesen. Der große Favorit auf den Sieg ist auf dem Papier das KTM-Werksteam. Speerspitze der Österreicher ist Marc Coma, der 2013 verletzungsbedingt nicht am Start war. Coma hat bereits drei Dakar-Siege auf dem Konto. Seit dem Jahr 2005 lautete das Duell um den Gesamtsieg immer Despres gegen Coma.
Der Spanier ist fit und will seinen vierten Triumph holen. "Nachdem ich alle Rennen in dieser Saison bestritten habe, ist alles zurückgekommen", spricht Coma seine Raid-Einsätze in den vergangenen Monaten an. "Ich habe wieder die Form von vor meinem Crash in Marokko, als ich mir die linke Schulter ausgekugelt hatte. Ich habe große Begierde, obwohl sich über die Jahre meine Ansicht über die Rallye verändert hat. Ich bin konkurrenzfähig, aber die Dakar entwickelte sich zu einer sehr offenen Rallye."
"Man muss sich dieser Veränderung bewusst sein und sein eigenes Rennen fahren. Man darf nicht versuchen seine Gegner zu kontrollieren. Natürlich will ich einen vierten Titel gewinnen. Ich habe nun schon seit einiger Zeit nicht gewonnen." Coma wird von Jordi Viladoms unterstützt, der den Platz des tödlich verunglückten Kurt Caselli übernommen hat. Außerdem hat KTM mit dem chilenischen Fanliebling Francisco "Chaleco" Lopez und Ruben Faria, der im Vorjahr Zweiter wurde, zwei weitere heiße Eisen im Feuer.
Barreda-Bort nun bei Honda
Neben KTM und Yamaha hat sich auch Honda stark aufgestellt. Diese drei Hersteller betreiben Werksteams bei der Dakar. Honda hat sich die Dienste von Joan Barreda-Bort gesichert. "Bang Bang", wie sein Spitzname lautet, untermauerte in den vergangenen Jahren, dass er einer der größten Talente ist. Alleine 2013 sorgte der Spanier mit vier Etappen-Siegen für Aufsehen. Allerdings war er nicht konstant genug. Barreda-Bort fehlt noch die Erfahrung eines Despres und Coma.
Nachdem Husqvarna im vergangenen Frühjahr von der Pierer AG gekauft wurde, mussten sich die Fahrer neue Teams suchen. Honda schnappte sich das große Talent. Der japanische Hersteller schickt insgesamt fünf Fahrer nach Südamerika. Neben Barreda-Bort sind das Helder Rodrigues, Sam Sunderland, Javier Pizzolito und Paulo Goncalves. Aufgrund des Markenwechsels steht Barreda-Bort vor einer ähnlichen Aufgabe wie Despres. "Es war eine ungewöhnliche Saison, denn erst im April wurde es entschieden."
"Eine der Konsequenzen war die Tatsache, dass ich nur ein Rennen - die Baja Spanien - und eine Rallye - Marokko - gefahren bin. Wir haben aber trotzdem einen Vorteil, denn wir hatten Zeit und konnten bei der Vorbereitung an allen Aspekten des Motorrades arbeiten", schätzt Barreda-Bort seine Situation ein. "Ich starte die Dakar in perfekter Verfassung und habe ein neues Bike, an dem wir beim Speed und der Zuverlässigkeit gearbeitet haben. Wir haben auch an der Navigation gearbeitet", spricht er einen Schwachpunkt aus dem Vorjahr an.
Honda erlebte zuletzt schwierige Jahre, denn der Dakar-Sieg ist von HRC klar ausgegeben. "Das Team ist sehr ambitioniert, was normal ist, denn wir kennen unser Level. Die zweite Saisonhälfte bewies das, denn Paulo gewann in Marokko und ich die Baja Spanien", so Barreda-Bort. "Um die Dakar zu gewinnen, muss man in der ersten Woche den Anschluss halten. Anschließend wissen wir nicht genau, was uns in Bolivien erwarten wird. Generell glaube ich, dass es eine schwierige Dakar werden wird."
Im großen Feld der Motorräder werden auch zwei Deutsche in Argentinien am Start stehen. Der 50-jährige Münchner Ingo Zahn erreichte im Vorjahr zum ersten Mal den Zielort. Das wird auch in den kommenden Wochen sein Vorsatz sein. Zahn wird auf einer KTM sitzen. Zum allerersten Mal wird Jörg Majoli die Dakar in Angriff nehmen. Der Deutsche wird ebenfalls eine KTM einsetzen. Auch ein Teilnehmer aus Österreich fiebert seiner Premiere entgegen: Nicolas Brabeck-Letmathe steuert bei seinem Debüt eine Honda.