Der Neusseeländer Earl Bamber hat sich als Nachwuchsfahrer den Titel im Porsche-Supercup gesichert - Über das Jahr beeindruckte der Youngster mit vielen Facetten
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Was zeichnet einen Champion aus? Wenn andere nervös werden, dann bleibt er cool. Der Neuseeländer Earl Bamber weiß, was er kann und deshalb lässt er sich auch in kritischen Situationen nicht aus der Ruhe bringen. Gibt es Probleme im Qualifying und Bamber hat noch keine vernünftige Runde, dann funkt er auch schon mal 30 Sekunden vor Ende des Zeittrainings einen Beruhigungsspruch an die Box: "Nicht aufregen, ich schaff das schon" - so lautet seine Ansage.
Und das Verblüffende daran, Bamber schafft es auch und steht plötzlich auf den vorderen Plätzen. Eine Spitzenplatzierung gelang ihm auch am Finalwochenende des Porsche-Supercup im amerikanischen Austin: Bamber kürte sich zum Champion. Trotz starker Konkurrenz zeigte der Motorsport-Profi von Beginn an eine beeindruckende Leistung. Er kam als Porsche International-Cup Scholarship-Fahrer zum Saisonauftakt nach Barcelona.
Das bedeutet, er wurde als zukunftsträchtigster Pilot aus der Gruppe der besten weltweiten Porsche Markenpokal Piloten ausgewählt. Porsche unterstützte Bamber mit 200.000 Euro in der Saison und der 24-Jährige rechtfertigte die Investition durch Erfolge: Zweimal errang er die Pole-Position, siebenmal fuhr er aufs Podium, zweimal davon als Sieger. Nach zehn Rennen sicherte er sich den Titel. Seinen zweiten im Jahr 2014, denn zwei Wochen zuvor gewann er den Porsche Carrera-Cup Asia.
Um im internationalen Motorsport erfolgreich zu sein, fokussierte sich Bamber auf seine Rennfahrerkarriere. Ohne eigenen Wohnsitz in Europa reiste er ab April von Rennstrecke zu Rennstrecke. Er schlief beim Team, um allem möglichst nah zu sein. Der Strecke, den Mechanikern, der Rennatmosphäre. Morgens kroch er mit verknautschtem Gesicht von seiner Matratze und frühstückte im Team-Catering.
Tagsüber suchte er immer wieder das Gespräch. Mit allen. Er fachsimpelte mit Junior-Coach Sascha Maassen über Ideallinien, löcherte seinen Ingenieur Axel Plankenhorn zum Thema Datenanalyse, alberte mit den anderen Fahrern, gab bereitwillig Interviews und plauderte hinterher mit dem TV-Team. Wissbegierig saugte er alles aus seinem Umfeld auf.
Auf der Rennpiste erarbeitete sich der Pilot vom Team Fach-Auto-Tech Respekt: Als er in Barcelona zum Saisonauftakt als Rookie auf Platz eins ins Ziel kam. Als er in Silverstone trotz eines missratenen Qualifyings Dritter wurde. Als er im belgischen Spa ausgangs Eau Rouge nach einem Quersteher das Auto abfing und trotzdem das Rennen gewann. Als er sich in Austin den Titel im Porsche-Supercup sicherte.
"Earl ist verdient Champion geworden. Er war über das Jahr konstant gut und hat mir sehr viel Freude bereitet", fasst Coach Maassen seinen Eindruck zusammen. "Earl ist ein Arbeiter mit riesigem Talent. Von ihm wird man noch viel hören", beschreibt ihn Teamchef Alexander Fach.
Bamber wuchs auf einer Farm auf, die 75 Kilometer von der nächsten Stadt Wanganui entfernt liegt. Zwei Stunden sind es bis Wellington. Bamber sitzt seit seinem dritten Lebensjahr hinterm Steuer. Erst lenkte er den väterlichen Pick-up Truck auf dem Schoß des Vaters bis zum Briefkasten, später Kart- und Formelfahrzeuge, seit 2013 einen Porsche 911 GT3 Cup.
Insgesamt bestritt er mit zahlreichen Gaststarts bereits 59 Rennen in einem Porsche. "Ich liebe diese Autos. Manchmal würde ich nach einem Rennen gleich wieder ins Cockpit steigen", gesteht Bamber. Doch er weiß, dass zum Job des Rennfahrers mehr gehört als der Schnellste zu sein. Bessere Voraussetzungen kann man als Motorsport-Profi nicht mitbringen. Das zeichnet einen echten Champion aus.