McLaren gewinnt Zwölf Stunden von Bathurst 2016

, 07.02.2016

Eine clevere Strategie und ein überlegener Shane van Gisbergen beschert McLaren den ersten Sieg am Mount Panorama: Nissan knapp geschlagen

1,276 Sekunden entschieden nach zwölf Stunden und 297 Runden den Sieg in Bathurst: Shane van Gisbergen, Alvaro Parente und Jonathon Webb haben den ersten Sieg für McLaren am Mount Panorama eingefahren. Ein cleverer Boxenstopp in der letzten Gelbphase 80 Minuten vor Schluss führte nebst einem formidablen Auftritt von Shane van Gisbergen die Entscheidung herbei. Die Titelverteidiger von Nissan - Rick Kelly, Katsumasa Chiyo und Florian Strauss - mussten sich mit Platz zwei begnügen; Rang drei ging an den Bentley von Steven Kane, Guy Smith und Matt Bell.

Nachdem im Qualifying McLaren und Audi das Geschehen bestimmt hatten, sah die Angelegenheit im Rennen anders aus und Mercedes, Bentley und vor allem der im Qualifying enttäuschende Nissan waren konkurrenzfähig. Am Ende machte Shane van Gisbergen den Unterschied aus: Der Neuseeländer, der den Mount Panorama Circuit dank seines Engagements bei den V8 Supercars Australia wie seine Westentasche kennt, fuhr überragend und stellte in 2:01.567 Minuten einen neuen Rundenrekord auf. Zum Vergleich: Die nächstbeste schnellste Runde eines anderen Fahrzeugs betrug 2:02.467 Minuten.

"Einen großen Dank an das Team, das Auto war einfach das ganze Wochenende über fantastisch!", jubelte der 26-Jährige im Ziel. "Ich wusste, dass der Nissan von hinten kam, aber wir haben es im Griff gehabt und den Abstand verwaltet." Sein Teamkollege Jonathon Webb konnte nur den Hut ziehen: "Das war eine unglaubliche Fahrt vom 'Giz'!"

Boxenstopp unter gelb sorgt für Entscheidung

Die Entscheidung führte aber ein strategisches Manöver herbei: Der McLaren mit der Startnummer 59 hatte nämlich bereits reichlich Zeit verloren, als es in die Schlussphase ging. Zunächst blieb Alvaro Parente noch in der ersten Rennhälfte auf der Start-Ziel-Geraden stehen, weil er keinen Gang mehr einlegen konnte. Ein Reset behob das Problem. Als er für seinen letzten Stint einstieg, fing sich van Gisbergen eine Strafe für zu schnelles Fahren in der Boxengasse ein. Der McLaren entging nur um wenige Sekunden der Überrundung durch den zu diesem Zeitpunkt führenden Nissan.

Das sollte sich noch als wichtig erweisen: Als etwa 80 Minuten vor Schluss die letzte Gelbphase für einen von zahlreichen Reifenschäden (sowohl Pirelli- als auch Michelin-Reifen kamen immer wieder zu Schaden), entschied sich Tekno Autosports zum Boxenstopp, während alle anderen Fahrzeuge davor auf die 60-Minuten-Marke warteten, um nur noch einmal stoppen zu müssen. Van Gisbergen musste dadurch nur noch einen kurzen Splash absolvieren - der kürzere Stopp brachte ihn zehn Sekunden vor Chiyo wieder auf die Strecke. Es war auch ein Sieg für Pirelli gegen die Michelin-Teams.

Das Nismo-Team hielt sich nach dem schwachen Qualifying auch in der Anfangsphase zurück, doch je länger das Rennen andauerte, umso besser kam der GT-R Nismo GT3 in Fahrt. Katsumasa Chiyo brachte die Vorjahressieger zwei Stunden vor Schluss mit einem spektakulären Überholmanöver gegen den bis dahin führenden Laurens Vanthoor im Phoenix-Audi an die Spitze, als er ihn mit zwei Rädern im Gras überholte. Chiyo flog in den letzten Runden um den Kurs, doch es reichte nicht mehr. Der nicht eingelegte Stopp in der letzten Gelbphase und daraus folgende längere finale Stopp rächten sich.

Trost für Audi: Sieg in der Amateurwertung

Als dritter Hersteller durfte Bentley das Podium besteigen: Steven Kane, Guy Smith und Matt Bell fuhren auf die dritte Position, obwohl sie zwischenzeitlich aus der Führungsrunde herausgefallen waren. In der fünften Stunde nahm Kane einmal die Wand mit, was zu einem Reifenschaden führte. Durch Ausnutzen der Gelbphasen gelang es dem M-Sport-Team jedoch, sich wieder in die Führungsrunde hineinzubringen und zwischenzeitlich gar die Führung zu übernehmen. Im Schlussspurt fehlte aber schlicht und einfach der Speed gegen den McLaren und den Nissan, der Rückstand im Ziel betrug 47 Sekunden.

Ähnliches gilt für den Phoenix-Audi von Laurens Vanthoor, Markus Winkelhock und Alex Davison: Lange Zeit hatte der R8 in Führung gelegen, doch in den letzten beiden Stunden konnte Vanthoor nichts mehr nach vorn ausrichten. Den fünften Platz belegte der Mercedes-Benz SLS AMG GT3 von Erebus Motorsport, den sich David Reynolds, Thomas Jäger und Nico Bastian teilten. Sie hatten Pech, als sie kurz vor der letzten Safety-Car-Phase stoppten und dadurch knapp aus der Führungsrunde fielen. Möglicherweise entschied sich Nissan gegen den Stopp unter gelb, um den Mercedes eine Runde unten zu halten.

Auf die sechste Position fuhr der Audi R8 LMS von von GT Motorsport mit den Fahrern Greg Taylor, Barton Mawer und Nathan Antunes, die damit die Amateurklasse gewannen. Die B-Klasse für diverse Porsche-Cup-Modelle ging unter anderem an Le-Mans-Sieger Earl Bamber, der sich den Porsche 997 Cup mit Stephen Grove und Scott McLaughlin teilte. Die Invitational Class, in der sich viele Publikumslieblinge wie ein 700 PS starkes Shelby Daytona Coupe tummelten, gewannen Jake Camilleri, Morgan Haber und Aaron Seton auf einem Ford Focus V8.

Endurance-Charakter in Bathurst

Zahlreiche Favoriten verabschiedeten sich während der zwölfstündigen Hatz aus dem Kreis der Siegkandidaten: Gleich in der Eröffnungsrunde kam es in Griffin's Bend zu einer Kollision, der Mika Salo zum Opfer fiel - sein Maranello-Motorsport-Ferrari wurde von Nick Percat in einem Lamborghini umgedreht, der zum erweiterten Favoritenkreis zählte. Beide Fahrzeuge mussten sofort die Box aufsuchen und waren bereits nach einer Runde raus aus der Entscheidung. "Ich weiß nicht was er sich gedacht hat, er hat nicht einmal seine Reifen aufgewärmt. Wie blöd kann man eigentlich sein?", fluchte Salo stocksauer. "Er hat eingelenkt, als ob ich nicht da gewesen wäre", entgegnete Percat.

Den nächsten Favoriten erwischte es nach 50 gefahrenen Minuten: Rob Bell legte sich im zweiten Tekno-McLaren mit dem Bentley von David Russell an. Bei einer Berührung im Streckenabschnitt The Chase wurde die Radaufhängung des 650S von Bell, Andrew Watson und Will Davison beschädigt. Die anschließende Reparatur kostete vier Runden, die der McLaren nie wieder aufholen konnte. Am Ende blieb Rang neun.

Bei der Zwei-Stunden-Marke kam es zu einem Doppelschlag, als gleichzeitig Warren Luff im Objective-McLaren, der zu diesem Zeitpunkt auf der zweiten Position lag, im Bereich The Dipper in die Mauer einschlug und das Rennen aufgeben musste. Nur wenige Meter später explodierte am Jamec-Pem-Audi von Marco Mapelli, Christopher Mies und Christopher Haase der rechte Hinterreifen auf der Conrod Straight. Die nächsten beiden Favoriten waren aus dem Rennen. Nach diesen beiden Vorfällen blieb es für zwei Stunden grün, sodass sehr schnell nur noch eine einstellige Zahl von Autos in der Führungsrunde lag.

Kaum zu glauben, aber wahr: Die Teamkollegen Steve McLaughlin, Rene Rast und Garth Tander fielen demselben Ereignis zum Opfer: Der Reifenschaden an ihrem Audi war aber auf eine Berührung mit einem Konkurrenten zurückzuführen. Anders als das Schwesterfahrzeug konnten sie aber weitermachen und wurden noch Achte. Reifenschaden war auch der Grund für einen heftigen Unfall des zweiten Mercedes SLS AMG GT3 von Erebus Motorsport von Maro Engel, Bernd Schneider und dem erst 17 Jahre alten Austin Cindric, der zu diesem Zeitpunkt am Steuer saß. Er knallte mit Vehemenz in Griffins Bend in die Bande, blieb aber unverletzt.

Nach etwa einem Drittel des Rennens führten sogar beide Bentleys das Rennen an, doch das Rennen sollte für den zweiten Continental GT3 nicht nach Plan verlaufen: Das Fahrzeug von Andy Soucek, Maxime Soulet und David Russell wurde in eine Reihe von Vorfällen verwickelt, wodurch bereits reichlich Tape den Luxus-GT3 zierten. Dieses tat aber nicht immer seinen Job und ein davonfliegendes Teil traf beinahe Alvaro Parente. Der Bentley verlor bei der Reparatur vier Runden und belegte letztlich den siebten Platz.

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