Für mehr Chancengleichheit: Mindeststandzeiten bei den Stopps und GPS-Überwachung des Tempolimits bei gelben Flaggen sollen Fairness garantieren
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Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring wartet in diesem Jahr mit zwei wichtigen Neuerungen im Reglement auf. Diese betreffen erstens eine Mindeststandzeit beim Boxenstopp, die die zur Balance of Perfomance beitragen soll, und zweitens eine GPS-Überwachung zur Einhaltung der so genannten Code-60-Zonen - also den Bereichen, in denen gelbe Flaggen geschwenkt werden und ein Tempolimit von 60 km/h eingehalten werden muss. Die Fahrer zeigen sich im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' erfreut.
Pro im Stint zuvor absolviertem Umlauf auf der Nordschleife müssen die Piloten den aktuellen Bestimmungen zufolge mindestens 17 Sekunden bei der eigenen Crew halten. Gemessen wird an der Boxeneinfahrt und der Boxenausfahrt. Die weiter verbauten Tankrestriktoren in den Autos hatten sich zuvor nicht als effizientes Mittel erwiesen. "Im vergangenen Jahr gab es auch eine Regel - damals hatten die Teams sich darauf geeinigt, den Sprit nicht schneller einzufüllen als vereinbart", erinnert Bas Leinders.
Der Belgier sieht einen Fortschritt: "Jetzt ist die Regel klarer und es ist einfacher zu überprüfen, ob sie auch tatsächlich eingehalten wurde." Dem stimmt Marc Hennerici zu: "Vorher wurde von allen Parteien getrickst", weiß der Porsche-Pilot, der nun "absolute Chancengleichheit" erkennt. Schnelle Stopps sind so kein Qualitätskriterium, meint Sven Schnabel: "Keiner wird etwas gut machen. Aber zuvor wurde eben auch nicht mit offenen Karten gespielt", wägt der Falken-Teamchef ab, ist jedoch einverstanden mit der Novelle.
Keinen Verbrauchswettkampf provozieren
Allerdings wird die neue Regel in den letzten eineinhalb Stunden des Rennes außer Kraft gesetzt. Wahrscheinlich versuchen also alle Mannschaften, ihren abschließenden Stopp exakt bis zu diesem Zeitfenster hinauszuzögern - trotzdem wird sich der Zeitgewinn in Grenzen halten. Hennerici wünscht sich keinen verbitterten Verbrauchswettkampf: "Das ist richtig, wenn man irgendwo hingeht, wo man freie Entwicklung hat wie in Le Mans. Wenn es in Zukunft so wäre, würden alle nur noch Vier- oder Sechszylinder-Motoren bauen. Wir wollen aber Vielfalt in der GT3-Klasse."
Auch die Tempolimit-Überwachung mittels GPS-Signal begrüßen alle Beteiligten: "Sehr gut", findet Marc-VDS-Fahrer und Teamchef Leinders. "Im vergangenen Jahr waren ich und das Team erstmals dabei und wir haben uns genau an gelben Flaggen und die Streckenposten gehalten - dann ist uns aufgefallen, dass wir dadurch eine Menge Zeit verloren haben." Hennerici stimmt zu: "Dieser Schritt musste irgendwann getan werden. Die Situation war mit der zunehmenden Konkurrenz unter den GT3-Autos nahezu unhaltbar geworden."
Wird aus Code 60 bald Code 90?
Im Vorfeld gab es Diskussionen um die zu verbauenden Antennen, die vielen Teilnehmern zu groß, schwer und klobig waren - auf andere Modelle wurde ausgewichen. Unter dem Strich funktionieren sie. Sean Edwards hat schon seine Erfahrungen gemacht: "Es scheint sorgfältig kontrolliert zu werden, schließlich hat Nicki (Teamkollege Thiim, Anm. d. Red.) im Freien Training eine Strafe dafür bekommen. Ich habe mich in der Vergangenheit immer schadlos gehalten und bin langsam gefahren, andere haben sich einen Vorteil verschafft und viel Zeit herausgeholt."
Auch im Qualifying hagelte es Strafversetzungen. Der stets um die Sicherheit auf der Nordschleife besorgte Hennerici ist skeptischer: "In die GPS-Daten haben wir leider keinen Einblick. Sehen wir die aus der offiziellen App, sind sie sehr, sehr ungenau", befürchtet der Timbuli-Mann. "Ich hoffe nicht, dass die Rennleitung auf dieser Basis Entscheidungen trifft und über besseres Material verfügt." Benutzten die Fahrer den Pitlimiter, sollten sie eigentlich auf der sicheren Seite sein, schließlich ist der auf 60 km/h programmiert.
Allerdings sind Flaggen in der Nacht oft schlecht sichtbar, insbesondere wenn schnellere Fahrzeuge von hinten kommen und mit voller Beleuchtung für Ablenkung sorgen. Hennerici kokettiert damit, das Limit zukünftig heraufzusetzen: "Wir sind intern am diskutieren", erklärt der Mayener und setzt auf die Vernunft der Piloten. "Für mich wären 90 km/h deutlich sinnvoller, um die Rückstaus zu verhindern. Wenn irgendwo ein Krankenwagen auf der Strecke ist oder Trümmer herumliegen, dann gehen wir schon aus Eigeninteresse vom Gas."