Dank einem besiegten Nürburgring-Fluch kann Ola Nilsson die Meisterschaft bald in trockene Tücher bringen - Ogier gewinnt Legendenwertung, Sainz holt furios auf
© Foto: Volkswagen
Ola Nilsson setzte am Samstag auf dem Nürburgring seinen Siegeszug im Volkswagen Scirocco R-Cup fort. Für den Schweden war es der sechste Erfolg im siebten Rennen. Ebenfalls auf das Podium kletterten Rallye-Hoffnung Kevin Abbring aus den Niederlanden und US-Boy Dennis Trebing. Die Legenden-Wertung entschied dank einer sensationellen Aufholjagd Rallye-Star Sebastien Ogier als Gesamt-Vierter für sich. Die Junioren-Wertung gewann überraschend Michelle Gatting auf dem achten Platz.
Schon im Zeittraining unterstrich Nilsson seine Ausnahmestellung: Der Gesamtzweite des Vorjahres sicherte sich mit nur einer gezeiteten Runde in 1:41.173 Minuten die Bestzeit. Im Rennen fuhr er gleich nach dem Start einen Vorsprung vor den Verfolgern Abbring und Trebing heraus. Einen Schreckmoment gab es in der zweiten Runde für Ogier: Der Franzose wurde vom Polen Jakub Litwin nach dessen viel zu spätem Bremsmanöver von der Strecke geschoben.
Rallye-Legenden begeistern mit sensationeller Aufholjagd
In Offroad-Manier fing Ogier sein Auto ab und nahm das Rennen von Rang zehn wieder auf. Litwin kassierte eine Durchfahrtsstrafe. Eine ebenfalls unglückliche Aktion leistete sich Moritz Oestreich, als er eine Kollision mit Juha Kankkunen verursachte, dann mit seinem schwer angeschlagenen Auto die Boxeneinfahrt verpasste und kurz darauf auf der Strecke stehen blieb.
Ein beeindruckendes Comeback in der zweiten Rennhälfte gelang den Rallye-Assen, allen voran Carlos Sainz. Der zweimalige Rallye-Weltmeister war von Rang 22 in das Rennen gegangen und überholte in der Endphase Konkurrent um Konkurrent. Auch sein Mitstreiter in der Legenden-Wertung, Ogier, pflügte durch das Feld. Im vorletzten Umlauf setzte er zu seinem letzten Überholmanöver an und sicherte sich die Legenden-Wertung.
Kankkunen schuldlos ausgefallen
An der Spitze überquerte Nilsson nach 14 Runden als Erster die Ziellinie vor Gaststarter Abbring und Trebing. Sainz hatte am Ende satte elf Ränge gut gemacht: Rang elf. Die finnischen Rallye-Legenden Markku Alen und Kankkunen beendeten das spektakuläre Rennen auf den Plätzen 19 und 25. Pech hatte dabei der viermalige Weltmeister Kankkunen, als er zwei Runden vor Schluss schuldlos in einen heftigen Unfall verwickelt war und sich nicht mehr ins Ziel retten konnte.
In der Gesamtwertung führt Nilsson mit 350 Punkte vor Adam Gladysz (218) und kann sich schon beim kommenden Rennwochenende in Oschersleben zum Champion 2012 küren. Das Feld der 27 Starter im Scirocco R-Cup wurde auf dem Nürburgring vom Volkswagen Polo R WRC in die Einführungsrunde geleitet.
Nilsson war sehr zufrieden: "Das war für mich wieder ein perfektes Rennwochenende, obwohl ich am Nürburgring in der Vergangenheit nicht meine stärksten Rennen erlebt habe. Dieses Mal hat alles optimal funktioniert. Nach dem Start habe ich Kevin Abbring und Dennis Trebing gut auf Distanz gehalten", berichtet er und lobt die Konkurrenz. "Vor allen Dingen Kevin hat wie schon am Norisring eine starke Leistung gezeigt und ich bin froh, dass er mir nicht zu nahe gekommen ist."
Abbring bleibt Rallyepilot
Dabei musste Nilsson noch nicht einmal sein volles Potenzial ausschöpfen: "Am Ende hätte ich noch zulegen können, denn ich hatte noch Push-to-pass-Ladungen übrig. In der Meisterschaft sieht es drei Rennen vor Schluss natürlich sehr gut aus, aber es ist immer noch nicht entschieden. Daher gehtŽs mit voller Konzentration zur Volkswagen Heimstrecke nach Oschersleben", blickt er voraus.
Abbring war mit seinem Scirocco-Intermezzo ebenfalls glücklich: "Im Vergleich zum Norisring-Rennen habe ich mich nochmal deutlich gesteigert. Ich habe mich im Scirocco fast so wohl gefühlt wie im Rallye-Auto", meint er. "Meine Geschwindigkeit war über die gesamte Distanz gut. Ich bin superglücklich mit dem zweiten Platz. Ob ich jetzt vom Rallye-Sport zur Rundstrecke wechsle? Eher nicht. Einmal Rallyefahrer - immer Rallyefahrer", schmunzelt der Niederländer.
Zu neuen Zielen motiviert hat Trebing sein gelungener dritter Rang: "Ein fantastisches Rennwochenende für mich am Nürburgring. Ich bin sehr glücklich mit dem dritten Platz, den ich jetzt auch in der Gesamtwertung habe", stellt er fest. "Mein Ziel in den letzten ausstehenden Rennen ist es auf jeden Fall, noch Adam Gladysz als Gesamtzweiter zu überholen und den Vize-Titel zu sichern", kündigt er an.
Action lässt Ogier frohlocken
Und auch die Legendenstarter hatten ihren Spaß: "Es war ein actionreiches Rennen für mich. Von Startplatz acht bin ich ins Rennen gegangen, habe in der zweiten Runde dann einen heftigen Rempler bekommen und zwei oder drei Plätze verloren", erzählt Ogier. "Danach habe ich dann nochmal angegriffen und mich auf Platz vier verbessert. Am Ende war es ein großer Spaß, bei so vielen Zweikämpfen und Überholmanövern involviert gewesen zu sein."
Das war für den Franzosen fast aufregender als zu gewinnen: "Vielleicht war es sogar spannender, als vorn an der Spitze einsame Runden zu drehen. Die Fahrer haben eine sehr gute Show für die Zuschauer geboten, und das Leistungslevel ist richtig gut. Für mich war es eine schöne Abwechslung und eine gute Vorbereitung auf die Rallye Deutschland nächste Woche."
Ähnlich viel Spaß hatte auch Sainz: "Nach dem Desaster im Qualifying bin ich mit dem Ergebnis wirklich zufrieden. Von Startplatz 22 am Ende auf Rang elf vorzufahren, ist kein schlechtes Comeback", weiß das Rallye-Ass. "Ich habe das Rennen sehr genossen, vor allem weil ich gegen meine alten Kollegen Juha und Markku fahren durfte. Und auch wenn der Scirocco sich prima fahren lässt, ist es doch immer wieder eine Umstellung von Allrad-Autos auf Frontriebler."
Alen hat Spaß, Kankkunen eine Portion Frust
Eindruck hinterlassen hat der Rundstrecken-Nachwuchs bei Alen: "Das Niveau der jungen Fahrer hat mich sehr beeindruckt. Das Level ist für eine Nachwuchsserie extrem gut. Mir hat das Wochenende einen Riesenspaß gemacht. Zwar war ich trotz meines Personal-Coachs JJ Lehto nicht vorn dabei, aber nach so langer Zeit wieder ein Rennen gefahren zu haben, weckt die Renngefühle wieder auf", sagt er über die Unterstützung seines Freundes und Landsmannes.
"Mein Start war nicht gut, weil ich von ganz hinten die Startampel nicht gesehen habe. Dadurch habe ich gleich zu Beginn den Anschluss verloren. Aber je länger das Rennen gedauert hat, umso besser bin ich mit dem Auto und dem Push-to-pass-Knopf zurecht gekommen", berichtet Alen. "Mit etwas mehr Erfahrung im Auto wäre sicher noch deutlich mehr möglich gewesen - aber ein großer Spaß war es in jedem Fall."
Mit gemischten Gefühlen blickt Kankkunen zurück: "Das Rennwochenende hatte für mich Höhen und Tiefen. Mein Qualifying lief schlecht. Im Rennen habe ich mich dann nach vorn gearbeitet und lag zwischendurch sogar vor Carlos. Damit hatte er bestimmt nicht gerechnet", so der Finne. "Kurz vor Rennende war ich schuldlos in einen Unfall verwickelt. Ich hatte keine Chance, auszuweichen. Schade, dass es am Ende nicht gereicht hat. Der Ausflug in den R-Cup hat aber wieder einmal sehr viel Spaß gemacht."