Gabriele Tarquini kritisiert Honda wegen des späten Zeitpunkts der Trennung und erklärt, warum er einen mehrjährigen Vertrag von Lada abgelehnt hat
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Ende vergangenen Jahres schien die Zeit eines Urgesteins der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) abgelaufen zu sein. Nachdem er von Honda nicht mehr berücksichtigt wurde, sah sich Gabriele Tarquini nach Alternativen außerhalb der WTCC um, ehe er bei Lada eine neue Heimat fand. Der russische Hersteller wollte den Italiener langfristig an sich binden, doch der 54-jährige Tarquini plant lieber von Jahr zu Jahr.
Die Entscheidung von Honda, nach drei Saisons auf seine Dienste zu verzichten, kann Tarquini bei aller persönlichen Trauer nachvollziehen. "In jeder Beziehung gibt es einen Anfang und ein Ende", meint er im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Honda musste etwas verändern, weil die Resultate nicht gestimmt haben." In den vergangenen beiden Jahren war Honda Citroen klar unterlegen, und eine Trendwende war Ende 2015 nicht in Sicht.
Daher hat Tarquini durchaus Verständnis für die personellen Veränderungen, kritisiert aber die Art und Weise, in der sich Honda von ihm getrennt hat. "Das Problem war der Zeitpunkt. Es war sehr spät, sie haben mich erst nach Katar informiert", sagt der Italiener. So stand er nach dem Saisonfinale aus heiterem Himmel ohne Cockpit da, denn Anzeichen für eine Trennung habe es während er laufenden Saison nicht gegeben.
"Ich hätte erwartet, dass sie zu mir kommen und sagen: 'Es ist vorbei, wir müssen etwas verändern.' Aber so war es fast zu spät, um sich etwas anderes zu suchen", sagt Tarquini. Honda bot ihm zwar eine Rolle als Markenbotschafter an, doch Tarquini war noch nicht bereit, den Helm an den Nagel zu hängen. "Ich habe mir zwei Tage Bedenkzeit erbeten, weil die Nachricht (der Trennung; Erg. d. Red.) zu frisch war. Nach dem zwei Tagen haben ich nein gesagt, denn ich bin noch zu jung", lacht der WTCC-Champion von 2009.
"Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht zurücktreten will. Mit solch einer negativen Erfahrung wollte ich nicht aufhören", unterstreicht der 54-Jährige seine Motive für die Fortsetzung seiner Karriere. Da sich im Dezember aber keine Möglichkeit in der WTCC andeutete, sah sich Tarquini in anderen Rennserien um. "Zu dem Zeitpunkt habe ich aber darüber nachgedacht, die Kategorie zu wechseln, zur TCR oder in den GT-Sport."
Doch dann klingelte plötzlich sein Telefon. "Kurz vor Weihnachten hat mich Wiktor (Schapowalow; Lada-Teamchef; Anm. d. Red.) angerufen", erzählt Tarquini. "Sie wollten mich unbedingt haben, aber zu dem Zeitpunkt war noch nicht klar, dass Rob (Huff; Anm. d. Red.) gehen würde." Erst nachdem feststand, dass Huff bei Honda Nachfolger von Tarquini wird, kamen Bewegung in den Fahrermarkt. "Am 6. Januar hat er (Schapowalow; Anm. d. Red.) mich zu Hause in Rom besucht, und nach einer Stunde waren wir uns einig."
Der Lada-Teamchef war von den Qualitäten Tarquinis so überzeugt, dass er ihn langfristig an das Team binden wollte. "Er schlug mir einen langen Vertrag vor, aber ich denke nur an 2016", so Tarquini, der sich mit seiner Forderung nach einem Einjahres-Vertrag durchsetzte. "In meinem Alter denke ich von Jahr zu Jahr. Wenn am Ende der Saison in Katar sie und ich glücklich sind, machen wir vielleicht zusammen weiter", schließt er eine Fortsetzung seiner WTCC-Karriere über das Jahr 2016 hinaus aber nicht aus.