Ohne Stammplatz, aber trotzdem schnell: Wie die WTCC-Gaststarter um Fredy Barth, Rickard Rydell und Colin Turkington 2012 für Aufsehen sorgten
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Nicht jeder Wunsch geht in Erfüllung. Die Hoffnung stirbt aber bekanntlich zuletzt. Und manchmal zahlt sich Beharrlichkeit einfach aus. Wie im Falle der WTCC-Gastpiloten, die in der vergangenen Saison zwar keinen Stammplatz hatten, aber trotzdem für Aufsehen sorgten. Ganz nach dem Motto: "Hallo, hier bin ich wieder!" Und so manövrierten sich einige Fahrer zurück auf die Überholspur.
Wie zum Beispiel Rickard Rydell beim Saisonauftakt in Monza. Der langjährige SEAT-Pilot, von 2005 bis 2009 als Werksfahrer der Spanier in Aktion, kehrte mit einem Chevrolet Cruze in das Starterfeld der WTCC zurück. Und überzeugte auf Anhieb mit dem fünften Platz im Qualifying sowie mit einem starken vierten Platz in seinem ersten WTCC-Lauf seit 2009 - inklusive der schnellsten Rennrunde.
Deshalb zeigte sich Rydell im Anschluss an sein Comeback sehr angetan von seiner Leistung: "Es ist ein sehr befriedigendes Gefühl, das Auto auf den Punkt hinzukriegen, wenn man als schwedisches Team einen Gaststart in der WTCC absolviert." Dabei blieb es aber auch, denn weitere Rennen in der WTCC blieben Rydell in der Saison 2012 versagt. Das liebe Geld ließ weitere Auftritt einfach nicht zu.
Genau wie bei Colin Turkington, der in Schanghai sein erstes und einziges Gastspiel im Rennjahr gab. Und das mit einem Auto, das er vorher noch nie bewegt hatte: Proteam-Gastpilot Felipe Tedeschi hatte den zweiten BMW 320 TC des Rennstalls in Sonoma in einen Totalschaden verwandelt, was Turkington und seine WSR-Mannschaft vor den Kopf stieß - sie hätten dieses Fahrzeug erhalten sollen.
Turkington erstmals im Fronttriebler
Gemeinsam mit den Weltmeistern von Chevrolet-RML fand man aber eine Lösung und brachte den Nordiren in einem Chevrolet Cruze an den Start, wie ihn auch Rydell in Monza gefahren hatte. Und auch Turkington überzeugte wieder einmal: In Schanghai klassierte er sich auf den Rängen sechs und sieben und holte gleich zweimal WM-Punkte. Wie bei jedem seiner Gaststarts seit der Saison 2010.
Geholfen hat das bisher aber nicht. Denn Turkington hat kaum eigene Sponsoren und deshalb auch nur geringe Aussichten auf einen Stammplatz in der WTCC. Obwohl er sein Talent seit seinem BTCC-Titelgewinn 2009 immer wieder hat aufblitzen lassen. Immerhin hilft ein asiatischer Geldgeber, dass Turkington zumindest einmal pro Jahr zeigen kann, was er in der WTCC zu leisten imstande wäre.
Unter eben diesem Motto stand übrigens auch das Comeback von Fredy Barth in Schanghai und Macao. Der Schweizer kam nach einer Auszeit von fast einem Jahr zurück, um sich wieder auf WM-Niveau zu beweisen - erstmals seit seinem schweren Unfall von Macao 2011. Die "offene Rechnung" mit dem Guia Circuit habe er beglichen. "Ich habe meine Zielsetzung absolut erreicht", meint Barth.
Nykjaer als bester Gastpilot der Saison
Und das, obwohl er in Schanghai keinen ganz runden Auftakt erwischt hatte, weil er eine komplette Trainingssitzung hatte auslassen müssen. In den Rennen fuhr Barth jedoch sofort in die Top 10 nach vorn, einzig eine fragwürdige Strafe wegen Abkürzens (die auch noch weitere Piloten ereilte) hielt ihn vom Punktegewinn ab. In Macao revanchierte sich der Routinier aber mit zwei starken achten Plätzen.
Noch besser war es in Curitiba für Michel Nykjaer gelaufen. Der Däne sprang in Brasilien kurzfristig für den erkrankten Pasquale di Sabatino ein - und kam erst wenige Augenblicke vor dem ersten Freien Training an der Rennstrecke an! Mit Startplatz vier und den Rennpositionen fünf und sechs stellte Nykjaer aber unter Beweis, dass er keinerlei Anlaufschwierigkeiten hat - als bester WTCC-Gastpilot 2012.
"Ich bin hochzufrieden. Es hat sehr viel Spaß gemacht", sagte Nykjaer nach seinem Einsatz bei Bamboo Engineering. Ein ähnliches Urteil dürfte auch Rene Münnich gefällt haben, als er von Japan zurück nach Deutschland reiste - der Teameigner hatte in Suzuka einen Gaststart bei STR absolviert. Und sich dabei offenbar in die WTCC verliebt: 2013 will Münnich mit dem eigenen Team antreten.