Einer der kuriosesten Unfälle in der Geschichte des Motorsports ereignete sich am 17. Mai 2009 in Pau: Der Safety-Car-Crash um Tourenwagen-Routinier Franz Engstler
© Foto: xpb.cc
"Ich komme bei Start und Ziel vorbei, sehe das Safety-Car-Schild. Nach der engen ersten Kurve sehe ich dann plötzlich das Führungsfahrzeug, das ganz nach links in meine Linie zieht. Doch da ist kein Platz und ich komme nicht vorbei." So schildert Franz Engstler, was ihm am 17. Mai 2009 passiert ist - der wahrscheinlich verrückteste Unfall seiner langen Karriere. Beim WTCC-Stadtrennen in Pau.
Der damals 47-jährige Engstler hatte beim Start zum zweiten Lauf des Wochenendes in seinem BMW 320si sensationell die Führung übernommen und durfte von seinem ersten WTCC-Rennsieg träumen. Doch dieser Traum währte nicht lange: Aufgrund von Unfällen im Feld ließ die Rennleitung gleich gelbe Flaggen schwenken und wollte das Safety-Car einsetzen, um für Ordnung auf der Strecke zu sorgen.
Engstler reagierte auf die Warnsignale und nahm Tempo heraus, was spätere Untersuchungen bestätigt haben. Was die Nachforschungen aber auch ans Tageslicht brachten: Das Safety-Car mit der lokalen Besatzung um Philippe Cholet und Jean-Pierre Colas hatte eigenmächtig gehandelt. Das Duo war ohne die Freigabe der Rennleitung auf den Kurs gefahren und hatte dabei einfach alles falschgemacht.
Das Safety-Car macht alles falsch
Erst fuhr das Sicherheitsauto am Ende der Boxengasse über die weiße Linie, zog dann aber sehr langsam fahrend auf die Ideallinie. Und das am Ausgang einer unübersichtlichen Kurve, aus der Engstler und Co. zwar mit verringerter Geschwindigkeit, aber eben noch immer recht schnell heranschossen. Die Überraschung bei Engstler war groß, seine Reaktion dennoch sehr gut.
Der deutsche Tourenwagen-Routinier lenkte ein, wollte den drohenden Unfall noch vermeiden, erwischte das Safety-Car aber trotzdem links vorn. Engstler und sein BMW 320si wurden daraufhin nach links in die Leitplanken geschleudert, das ramponierte Safety-Car trudelte nach rechts von der Ideallinie. Glück im Unglück: Verfolger Alain Menu im Chevrolet Cruze konnte rechtzeitig verzögern.
Der mächtige Knall des Crashs hallte Engstler-Teammanager Kurt Treml aber noch lange nach: "Ich hatte einfach nur Angst um Franz und war so erleichtert, als er unverletzt aus dem Auto aus stieg", sagte er damals. Auch die Safety-Car-Crew blieb unverletzt. Aber nur, weil die Schutzengel an diesem Sonntag Überstunden schoben: Hätte Engstler die Fahrertür erwischt, es wäre nicht so glimpflich ausgegangen.
Ein permanenter Safety-Car-Fahrer für die WTCC
Für Engstler und seinen Rennstall hatte der Unfall beim WTCC-Stadtrennen in Pau trotzdem einige schwerwiegende Folgen. Auch finanzielle, denn das Einsatzauto des Allgäuers stand nach dem Crash total verbogen in der Box. "Es war aber ein gutes Gefühl, als die anderen Teams zu uns kamen und uns ihr Bedauern über diesen Vorfall aussprachen", meinte Treml. Das Mitgefühl im Fahrerlager war groß.
Das war aber nicht die einzige Reaktion auf diesen kuriosen Unfall: Die Verantwortlichen der WTCC entschieden sich, künftig auf einen permanenten Safety-Car-Fahrer zu setzen und nicht mehr nur auf lokale Helfer zurückzugreifen. So bekam die WTCC mit Bruno Correia aus Portugal einen ständigen Einsatzmann, der bis heute tätig ist - und sich in all den Jahren vollkommen schadlos gehalten hat.
Und Engstler? Dessen Auto war nur zwei Wochen nach den Ereignissen von Pau wieder fahrtüchtig. Er beschloss die Saison 2009 als Dritter in der damaligen Privatierwertung, allerdings ohne Laufsieg. Diesen, seinen ersten und bisher einzigen in der Tourenwagen-WM, holte er zwei Jahre später bei seinem Heimrennen in Oschersleben nach. Doch das ist schon wieder eine ganze andere Renngeschichte...