Honda-Teamchef Alessandro Mariani spricht über die Entwicklungsarbeit am neuen Civic, erklärt die Situation der Kundenteams und bewertet sein Fahrerduo
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Mit etwas Verspätung, aber der neue Civic rollt: Honda hat im Januar 2014 die Testarbeit mit dem neuen WTCC-Fahrzeug aufgenommen und arbeitet seither fieberhaft daran, den zeitlichen Rückstand auf Citroen wettzumachen. Im Interview spricht Teamchef Alessandro Mariani über die Fortschritte seiner Mannschaft und erklärt, wie sein Fahrerduo Tiago Monteiro und Gabriele Tarquini dem neuen TC1-Auto Beine macht. Mariani spricht aber auch über die Situation der Honda-Kundenteams.
Frage: "Alessandro, wie schwierig war es, den Civic an die neuen Regeln anzupassen, nachdem die vorherige Version des Fahrzeugs zuvor über eineinhalb Jahre hinweg entwickelt worden war?"
Alessandro Mariani: "Am anspruchsvollsten war sicherlich, dass wir seit Februar 2012 mit Vollgas am Design, der Entwicklung und der Konstruktion der WTCC-Autos gearbeitet haben. Aufgrund des Wechsels zum neuen TC1-Reglement gab es keine Verschnaufpause für uns. Dies stellt aber zugleich auch eine neue Herausforderung dar, die uns auch frische Motivation beschert. Das hilft dabei, die Müdigkeit zu vergessen, die sich bei einem zweijährigen und ständigen Engagement allmählich einstellt."
Frage: "Statt zunächst mit einem Hybridauto zu testen, hat sich Honda dazu entschieden, erst mit dem komplett fertigen neuen Auto auf die Strecke zu gehen. Weshalb?"
Mariani: "Wir haben uns durchaus überlegt, ein Testauto zu bauen - nur, um damit die neuen 18-Zoll-Räder auszuprobieren. Weil es allerdings lange dauerte, bis die Regeln finalisiert waren, haben wir beschlossen, erst dann zu testen, wenn das neue Fahrzeug bereit sein würde."
"Das war die einzige Möglichkeit, um schnellstmöglich und rechtzeitig zum Saisonstart zwei Werksautos und zwei weitere Autos für unsere Kundenteams fertiggestellt zu haben. Unsere Kunden spielen eine wichtige Rolle im WTCC-Programm von Honda. Wir können uns bei der Auslieferung der Autos keine Verzögerung erlauben. Es ist gut, wie es gelaufen ist. Denn der neue Civic befindet sich schon nach den ersten Testsessions auf einem guten Niveau."
Zufriedenheit bei Honda über die Tests
Frage: "Kannst du ein bisschen näher auf eure Beziehung zu den Kundenteams Proteam und Zengö eingehen?"
Mariani: "Wir stellen ihnen das Auto, einen Referenz-Techniker und sämtliche Setup-Daten zur Verfügung. Wir unterrichten sie außerdem über jede technische Verbesserung. Honda verfügt über eine sehr kundenorientierte Politik. Wir bei JAS teilen diese Sichtweise. Und das macht sich auch bezahlt, wie wir im vergangenen Jahr beim Sieg von Michelisz in Suzuka gesehen haben."
Frage: "Die neuen Autos sind leistungsstärker, schneller und sehen aggressiver aus. Sind sie auch schwieriger zu unterhalten und zu betreuen?"
Mariani: "Beim Chassis sind die Autos einfacher zu betreuen, weil es bei der Aufhängung weniger strenge Richtlinien gibt. Priorität hat in jedem Fall die Zuverlässigkeit. Wenn dein Auto nicht zuverlässig ist, dann kannst du nicht ordentlich testen. Das kann zum Problem werden, wenn du ohnehin einen straffen Zeitplan hast. Wir hatten ein paar Schwierigkeiten, konnten sie aber rasch beheben."
"Es ist uns auch gelungen, einige unterschiedliche Optionen bei der Entwicklung zu untersuchen. Das zeigt: Das Auto ist solide und reagiert immer so, wie wir es erwarten. Das Testen ist von entscheidender Bedeutung. Wir haben lange nach Citroen damit begonnen, aber noch vor den weiteren Wettbewerbern. Alles in allem sind wir zufrieden. Denn das Auto entwickelt sich zügig weiter. Wir konzentrieren uns nun darauf, das Setup feinzutunen, damit wir das Fahrzeug homologieren können."
Lob für ausgewogenes Fahrerduo
Frage: "Ein weiterer wichtiger Faktor sind die Fahrer, ihre Fähigkeiten, ihre Erfahrung sowie ihre Beziehung zueinander. Wie schätzt du dein Fahrerduo Tarquini und Monteiro ein?"
Mariani: "Es ist wichtig, dass der Testfahrer gut ins Team passt. Da haben wir bei Gabriele ein großartiges Gefühl. Denn wir verstehen, ob eine Lösung gut ist oder schlecht, indem wir ihm am Funk zuhören. Das beschleunigt die Entwicklung doch ganz erheblich."
"Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, wie die Fahrer miteinander auskommen. Da befinden wir uns in einer glücklichen Position, denn Gabriele und Tiago sind eng befreundet. Außerdem geht es natürlich um die technische Beziehung der beiden. Ihre Fahrstile unterscheiden sich. Wir wissen aber: Wenn Gabriele das Auto einstellt, kann es Tiago mit nur wenigen Änderungen an seinen eigenen Fahrstil anpassen. Das ist ein großer Vorteil."