Ein "echtes" Heimrennen haben sie nicht, aber guten Speed: Die deutschen WTCC-Teams mischen vorn mit und erhalten 2013 sogar nochmals Zuwachs
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Welche Rolle spielt Deutschland in der WTCC? Wahrscheinlich eine etwas geringere als noch vor ein paar Jahren. Denn die abgelaufene Saison war die erste seit 2005, in der kein Rennwochenende auf deutschem Boden abgehalten wurde. Ein deutscher Hersteller - BMW war bis 2010 werksseitig in der Meisterschaft aktiv - ist ebenfalls nicht mehr dabei. Wohl aber einige Privatteams. Und das sehr gut.
2011 hatte das Engstler-Team aus Wiggensbach den Sieg in der Privatfahrer-Wertung eingefahren, in diesem Jahr schaffte das Wiechers-Team aus Nienburg gleich zwei Laufsiege. Und Franz Engstler ist bis heute der letzte Sieger eines WTCC-Rennens in Deutschland, weil er 2011 sein ganz persönliches "Sommermärchen" wahr machte und wenige Tage nach seinem 50. Geburtstag erstmals triumphierte.
Das war in Oschersleben. Die WTCC ist mittlerweile nach Salzburg weitergezogen. Auch dort spricht man Deutsch, doch ein echtes "Heimrennen" ist es für die deutschen Teams nicht. Wiechers-Pilot Stefano D'Aste gelang es dennoch, dort an den Erfolg von Engstler anzuknüpfen und seinen ersten WTCC-Sieg einzufahren. Gewonnen hatte er schon 2007 - den Titel bei den Privatiers, mit Wiechers.
2012 lag D'Aste erneut sehr gut im Rennen, musste sich letztendlich aber mit Platz drei begnügen. Immerhin erzielte der italienische Routinier in Suzuka noch einen zweiten Laufsieg. "Das war wichtig", meint Wiechers-Teammanager Dominik Greiner. "Damit konnten wir unsere gute Leistung vom Salzburgring und der laufenden Saison noch einmal bestätigen." Und Wiechers war 2012 besser denn je.
Zumindest in Bezug auf die Einzelergebnisse, denn D'Aste stand gleich mehrfach auf dem Podest. "Stefano war wirklich sehr gut unterwegs", sagt Greiner. "Er war immer konzentriert und hat nur wenige Fehler gemacht. Zu dieser Saison gab es bei uns auch noch ein paar personale Änderungen, die ebenfalls Früchte getragen haben." Die Startaufstellung für Rennen zwei half ebenfalls mit.
Wer nicht punktet, bezahlt den Preis dafür
Gleich viermal ging D'Aste von der Pole-Position in das zweite Rennen, einmal brachte er diese Führung auch über die Distanz. Was Engstler und seiner Mannschaft nicht vergönnt war. Dabei war der zweite WTCC-Sieg schon in greifbarer Nähe. Wie beispielsweise in Sonoma. "Wir lagen mit Franz in Führung", sagt Teammanager Kurt Treml rückblickend. Ein Rempler machte aber alles zunichte.
Ausgerechnet der dreimalige Tourenwagen-Weltmeister Yvan Muller drehte Engstler von der Piste, was die Chancen des einzigen deutschen Stammpiloten der WTCC mit einem Schlag zerstörte. Ein Sinnbild für die Saison 2012? In gewisser Weise, meint Treml. "Wir wurden oftmals unschuldig in Unfälle verwickelt und hatten einfach zu viele Nullnummern." 2011 fand also keine Fortsetzung.
"In der WTCC kannst du es dir halt nicht erlauben, keine Punkte zu holen." Und falls Zähler doch einmal ausbleiben, macht sich dies natürlich in der Gesamtwertung bemerkbar. Dank eines starken Finalauftritts in Macao erzielte Engstler zwar noch den vierten Platz bei den Privatiers (hinter D'Aste), blieb in der WM-Tabelle mit 64 Punkten aber deutlicher hinter Wiechers-Rivale D'Aste (144) zurück.
Man spricht deutsch in der WTCC
Die Gesamtpositionen sieben und zwölf sind trotzdem eine sehr ordentliche Leistung. In einem Jahr, in dem nur das Chevrolet-Werksteam mehr Laufsiege erbeutete als das Wiechers-Team. Und in einem Jahr, das hinter den drei Chevrolet-Piloten einen sehr engen Kampf um die Plätze sah. Die Chancen stehen gut, dass es 2013 noch enger wird. Auch und gerade bei den deutschen Teams.
Neben Engstler und Wiechers wird dann auch der Rennstall von Rene Münnich in der WTCC am Start sein. Die aktuellen GT1-Weltmeister wechseln vom Sportwagen auf den Tourenwagen und setzen ab der kommenden Saison mehrere SEAT-Autos in der WTCC ein. Was Greiner - stellvertretend für die Deutschen im Fahrerlager - sehr begrüßt: "Sie haben gezeigt, dass sie ein absolutes Profiteam sind."
"Der Druck auf uns wird sich dadurch aber nicht erhöhen", meint Greiner. Vielmehr können die drei deutschen Rennställe von dieser Konstellation nur profitieren. Je "deutscher" das Gesamtprodukt, umso größer das Interesse im Heimatland. So lautet zumindest die Theorie. Die Saison 2013 wird zeigen, ob sich das auch in der Praxis bestätigen lässt. Vielleicht als eine Neue Deutsche Welle.