Seit dieser Saison wird die Pole-Position in der WTCC in einem Einzelzeitfahren vergeben - Bei den Piloten kommt der neue Modus gut an
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In der WTCC-Saison 2014 ist vieles neu - auch der Kampf um den besten Startplatz. Bis Ende 2013 war die Sache einfach: Das Ergebnis aus dem zweiten Teil des Qualifyings entsprach der Startaufstellung für Rennen 1, die Top 10 starteten in Rennen 2 in umgekehrter Reihenfolge. Während sich an letztgenanntem in diesem Jahr nichts geändert hat, stehen nach Q2 nur die Startpositionen sechs bis zehn für das erste Rennen fest. Den Kampf um Plätze eins bis fünf tragen die schnellsten fünf Fahrer in einem zusätzlichen dritten Abschnitt des Qualifyings aus.
Dann gehen die fünf Piloten allerdings nicht gemeinsam, sondern jeweils nacheinander im Rahmen eines Einzelzeitfahrens auf den Kurs. Nachdem die Boxenampel auf grün schaltet, hat der fünftplatzierte Fahrer 20 Sekunden lang Zeit, um die Boxengasse zu verlassen, bevor die Ampel wieder auf rot schaltet. 30 Sekunden nachdem er seine schnelle Runde begonnen hat, schaltet die Boxenampel erneut für 20 Sekunden auf grün, sodass der nächste Pilot auf die Strecke gehen kann.
Diese Prozedere setzt sich dann noch dreimal fort, bis zuletzt der schnellste Fahrer aus Q2 auf seine Pole-Runde geht. Durch die Festlegung des Fensters, in dem die Fahrer aus der Box fahren dürfen, soll ein kontinuierlicher Ablauf des Einzelzeitfahrens gewährleistet werden. Doch das ging gleich bei der Premiere in Marrakesch schief.
Neuer Ablauf klappt nicht auf Anhieb
WTCC-Neuling Dusan Borkovic, der zur Überraschung der meisten Beobachter als Viertschnellster den Einzug in Q3 geschafft hatte, wurde von seiner Campos-Mannschaft zu früh losgeschickt. Die Boxenampel zeigte noch rot, der Serbe zögerte, fuhr dann aber doch auf die Strecke. Die Konsequenz ließ nicht lange auf sich warten. Die Rennleitung zeigte ihm die schwarze Flagge, Startplatz fünf war die Folge. Am zweiten Rennwochenende der Saison lief das Qualifying in Le Castellet dann allerdings problemlos ab.
Aber was sagen nun die beteiligten Fahrer zu diesem neuen Einzelzeitfahren? WTCC-Rookie Sebastien Loeb findet: "Für die Zuschauer ist es sicherlich aufregender, aber für uns ist es eigentlich kein großer Unterschied." Allerdings ist der Franzose ein solches Format aus seiner langen und erfolgreichen Rallye-Karriere auch gewohnt. Dort hatte er im Kampf gegen die Uhr bei jeder Wertungsprüfung auch nur einen Versuch.
Sein Teamkollege Yvan Muller, der in der vergangenen Jahren in der WTCC ein anderes Qualifying-System gewohnt war, meint hingegen. "Es ist auf jeden Fall anders. Früher wusstest du zwar, dass der neue Reifen auch nur in der ersten Runde richtig schnell war, aber ging dort etwas schief, hattest du noch eine zweite, wenn auch etwas langsamere Runde."
Tarquini: Einzelzeitfahren ist fairer
Diese zweite Chance haben die Fahrer nun nicht mehr. Dies wurde Muller gleich in Marrakesch zum Verhängnis. Nachdem er auf seiner schnellen Runde vor einer Schikane den Bremspunkt verpasst hatte, musste der Franzose geradeaus fahren. So war seine Zeit nur für Platz drei gut. Weil er aus Sicht der Rennleitung abgekürzt und anschließend nicht ausreichend verzögert hatte, wurde seine Zeit allerdings ohnehin gestrichen.
"Ein einziger Fehler, kann dein Qualifying ruinieren", bringt Mullers Teamkollege Jose-Maria Lopez die Sache auf den Punkt. Da jedoch Platz fünf das Minimum ist, hält sich der Verlust in Grenzen. Für Q3 erhalten die Piloten im übrigen einen zusätzlichen Reifensatz, den sie aber im Anschluss gleich wieder zurückgeben müssen und nicht im Rennen verwenden dürfen.
Honda-Werksfahrer Gabriele Tarquini bringt neben der besseren Show für die Zuschauer noch einen anderen Punkt in die Diskussion ein: "Für mich ist der Kampf um die Pole-Position so fairer", meint der Italiener. "In der Vergangenheit war der Windschatten ein großer Vorteil, denn der Abtrieb war nicht so wichtig, weshalb es dich nicht so viel gekostet hat, wie in der Formel 1", sagt er. "Würde die Pole-Position wie im vergangenen Jahr in Q2 vergeben, würde sich bei den drei Citroen der Startplatz durch die Position auf der Strecke ergeben, denn das dritte Auto wäre das Schnellste."
Selbst auf einer Strecke wie Le Castellet, wo der Windschatten keine so große Rolle spiele, können man hinter einem anderen Auto viel Zeit gutmachen: "Man gewinnt leicht drei oder vier Zehntelsekunden", sagt Tarquini. Somit hätte Citroen bei der Beibehaltung des alten Qualifying-Formats die Startaufstellung durch die Taktik beeinflussen können. "Yvan könnte als dritter Fahrer mit einem guten Windschatten einfach auf die Pole-Position fahren, und das ist nicht fair", so Tarquini.