Eurosport wollte ein "zentralisiertes System", Marcello Lotti war von diesem Ansatz "nicht besonders begeistert": Wie es zum Wechsel an der WTCC-Spitze kam
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Mit dem neuen Reglement wollte Marcello Lotti die WTCC in die Zukunft führen. Doch die Umsetzung der ab 2014 gültigen Regeln erlebt Lotti nicht mehr in der Rolle des Serienchefs mit. Denn just vor der zehnten Saison hat der Italiener sein Amt geräumt. Weil er und Eurosport keine Einigung erzielten hatten, welchen Weg die Meisterschaft künftig beschreiten soll. Und so zog Lotti seine Konsequenzen.
"Wir haben drei Monate lang diskutiert. Sie haben Veränderungen vorgeschlagen, die ich nicht akzeptiert habe. Am Ende fanden wir keinen Kompromiss", erklärt der frühere Serienchef der WTCC bei 'Autosport'. "Ich habe meine Vorstellung davon, wie eine Meisterschaft zu leiten ist, sie haben ihre eigenen Ideen. Und sie haben sich dazu entschlossen, dass es auch ohne eine klare Nummer eins geht."
Ab sofort steht Francois Ribeiro der Meisterschaft vor, der ehemalige Chevrolet-Sportchef Eric Neve soll ihn in beratender Funktion unterstützen. Diese Umstrukturierung sei Eurosports "gutes Recht", meint Lotti. "Genau so, wie ich mich dazu entschieden habe, auszuscheiden. Das ist ein ganz natürlicher Prozess. Auch wenn das Ausscheiden an sich natürlich ein gewisser Schock ist."
Ein bisschen Wehmut schwingt mit
Und ein bisschen Wehmut schwingt mit, wenn Lotti an seine Arbeit der vergangenen Jahre zurückdenkt. Unter ihm hat sich eine ursprünglich nationale Rennserie erst zur EM und später zur WM entwickelt. "Aber du weißt halt nie", sagt Lotti und merkt an: "Vor allem nicht, wenn es nicht dein Unternehmen ist. Vor langer Zeit war es einmal meine Rennserie. Und damals konnte ich alles entscheiden."
Nun, da Eurosport an den US-amerikanischen Discovery Channel verkauft wird, sei eine große Kursveränderung eingetreten. "Aus diesem Grund haben sie sich wohl dazu entschlossen, die Struktur zu verändern", sagt Lotti. "Es war eine strategische Entscheidung. Und wir hatten unterschiedliche Ansichten. Gemeinsam mit Eurosport habe ich dann beschlossen, aufzuhören."
"Ich bin nicht enttäuscht oder dergleichen. Ich wünsche der Meisterschaft und den Fahrern alles Gute", meint der scheidende Serienchef. Und ganz "ohne" will er nicht sein, wie er hinzufügt: "Ich liebe den Motorsport. Er ist mein Leben. Ich hoffe also, ich kann dem Sport erhalten bleiben. Auch wenn die vergangenen Jahre nicht nur Spaß waren." Eine Erfahrung, die nun vielleicht auch seine Nachfolger machen.
Eurosport ist nicht neu in diesem Geschäft
Doch Ribeiro glaubt nicht, dass der Übergang holprig wird. "Bitte nicht vergessen: Eurosport macht das nun schon seit zehn Jahren", sagt er bei 'Autosport' und erklärt: "Seit 2005 hat Eurosport sein Engagement in der WTCC Jahr für Jahr ausgebaut. Ausgehend von den TV-Übertragungen bis hin zu Medienrechten und nun auch Verhandlungen mit Strecken, Sponsoren, Teams und Fahrern."
"Eurosport ist also nicht neu in diesem Geschäft. Wir kamen einfach an einen Punkt, an dem Eurosport ein zentralisiertes System haben wollte. Und Marcello war nicht besonders begeistert von dieser Idee", meint Ribeiro, der seinerseits auch in der Rallye-EM (ERC) federführend agiert. Wie er sich aber als Nachfolger von Lotti als WTCC-Serienchef macht, das kann nur die Zukunft zeigen.