Totalschaden in Marrakesch: Hondas Wettlauf gegen die Zeit

, 14.04.2014

Nach dem Trainingsunfall von Gabriele Tarquini kämpft Honda beim Neu-Aufbau des Autos gegen die Zeit - Totalschaden wirbelt auch die Testpläne durcheinander

Der Saisonauftakt auf einem engen Stadtkurs in Marokko, das nächste Rennen schon eine Woche später im mehr als 2.000 Kilometer entfernten Le Castellet - nicht wenigen Protagonisten war bei dieser Konstellation am Saisonauftakt der WTCC 2014 unwohl zumute. Und wie befürchtet forderte der Kurs in Marrakesch schon am Samstag sein erstes Opfer. Nach dem Trainingsunfall mit Gianni Morbidelli musste Honda den Civic von Gabriele Tarquini abschreiben, das Rennwochenende war für den Routinier vorzeitig beendet.

Morbidelli hatte das Fahrzeug von Tarquini genau auf Höhe der B-Säule getroffen. Das bewahrte den Honda-Pilot wahrscheinlich vor ernsten Verletzungen, versetzte dem Chassis aber einen "Todesstoß". Nachdem klar war, dass der Schaden irreparabel ist, begann für Honda ein Wettlauf gegen die Zeit. Schnell war klar: Ein Aufbau eines neuen Autos in der JAS-Fabrik in Arluno bei Mailand ist aus Zeitgründen nicht möglich.

Dort stand zwar ein neues Chassis bereit, allerdings nicht alle notwendigen Teile. Dies müssen zum Teil aus dem Wrack von Taruninis Auto ausgebaut werden. "Das neue Chassis ist 'nackt'. Wir hatten es für den Notfall bereitgehalten. Leider wurde unsere Prophezeiung wahr", sagt Hondas Motorsport-Direktor in Europa, William de Braekeleer.

Reparatur in Le Castellet

Also entschied man sich zu einem Rendezvous in Frankreich. "Das neue Chassis ist bereits auf dem Weg nach Le Castellet, wo dieses Auto so bald wie möglich eintreffen wird. Wir werden Gabrieles Auto dort aufbauen", erklärte Teamchef Alessandro Mariani am Samstagnachmittag während der Honda-Presserunde in Marrakesch. "Le Castellet liegt auf dem Weg, daher sparen wir einen Tag Reisezeit. Anders wäre es nicht zu schaffen."

Schon am Samstagnachmittag setzte sich der Truck mit dem Wrack von Tarquinis Auto an Bord in Richtung Le Castellet in Bewegung. Dort wird dann vor Ort aus dem Rohchassis und Bauteilen aus Tarquinis Einsatzauto in Marrakesch ein neues Fahrzeug aufgebaut. Dies geschieht nach Angaben von Honda in der Werkstatt eines "befreundeten GT-Teams". Nach Informationen von 'Motorsport-Total.com' handelt es sich dabei um AF Corse.

Beim Aufbau des Autos muss sich Honda sputen. Der Truck aus Marrakesch wird frühestens am Dienstag in Südfrankreich eintreffen. Am Freitag startet dort schon die Testsession. Somit verbleiben Honda nur rund 72 Stunden. Zum Vergleich: In der Fabrik benötigt Honda zum Aufbau eines Fahrzeugs normalerweise eine Woche.

Vorerst kein Test-Fahrzeug verfügbar

Doch Teamchef Mariani ist zuversichtlich, dass seine Mannschaft diesen Kraftakt bewältigen kann. "Im vergangenen Jahr haben wir Marrakesch mit zwei kaputten Autos verlassen und haben dann am Solvakiaring einen Dreifachsieg gelandet. Hoffentlich gelingt uns das erneut (lacht), denn unser Test in Le Castellet war nicht so schlecht." Die Aktion fordert auch von den Mechanikern des Teams Flexibilität. Anstatt für einen Zwischenstopp nach Hause, fliegen diese direkt von Marrakesch nach Le Castellet, damit sie einsatzbereit sind, sobald das Auto eintrifft.

Weniger zum Lachen sind für Honda allerdings die mittelfristigen Folgen des Unfalls. Das Ersatz-Chassis, welches jetzt für Tarquini verwendet wird, sollte ursprünglich zum Fahrzeug für das Testteam aufgebaut werden. Damit wollte Honda die Weiterentwicklung des Civic vorantreiben. Daraus wird zunächst nichts, denn nun müssen beim Partnerteam JAS gleich zwei neue Chassis gebaut werden: eines für den Testträger und eines als Ersatz bei zukünftigen Unfällen.

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