Knapp drei Kilometer lang und 1,7 Millionen Euro teuer: Der Stadtkurs von Marrakesch präsentiert sich 2016 im neuen Gewand - Umbau nicht nur für die WTCC
© Foto: Marrakech Grand Prix
Der Rennkalender der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) 2016 enthält zwar die gleichen zwölf Stationen wie im Vorjahr, aber dennoch müssen die Piloten eine Strecke vollkommen neu kennenlernen. Denn wenn die WTCC vom 6. bis 8. Mai ihre Zelte in Marrkesch aufschlägt, erwartet sie dort ein völlig neuer Circuit Moulay El Hassan. An Stelle des bisher mehr als 4,5 Kilometer langen Stadtkurs durch das Hotelviertel der marokkanischen Metropole, fährt die WTCC in diesem Jahr auf einer 2,970 Kilometer langen, semi-permanenten Strecke.
Für den Umbau verantwortlich zeichnet das Büro des bekannten deutschen Rennstrecken-Architekten Herman Tilke. Rennpromoter Aly Horma verspricht aber, dass auch der neue Kurs einen ganz individuellen Charakter haben wird. "Es ist eine einzigartige Strecke, da wir Teile der öffentlichen Straßen verwenden mussten. Die Leute von Tilke konnten also nicht machen, was sie für das Beste hielten", sagt Horma bei einer Präsentation am Rande des WTCC-Rennens in Le Castellet.
Der neue WTCC Kurs von Marrakesch verwendet die gleiche Start- und Zielgrade wie bisher, allerdings wird nun entgegen dem Uhrzeigersinn gefahren. Die bisher letzte Kurve der Strecke wird damit nun zur ersten. Dort biegt der Kurs in Fahrtrichtung gesehen nach links ab und führt in einem Bogen um das Fahrerlager herum. Anschließend folgt eine Gerade, die auch bisher schon befahren wurde.
Kürzere Strecke gleich bessere Show
Dort wo bisher die erste Schikane war, biegt die Strecke nun nach links ab und führt in einem Bogen um ein Hotel herum. Sie mündet dann auf einen Teil der früheren Gegengeraden, biegt dort aber vor der Spitzkehre nach links ab und führt über eine Querverbindung auf die Start- und Zielgerade zurück.
"Indem wir rund um das Fahrerlager fahren, bieten wir den Zuschauern eine bessere Show. Egal wo sie sind, sie sehen immer Autos fahren", ist Promoter Horma überzeugt. "Auf der alten Strecke gab es viele Stellen, an denen es gar keine Zuschauer gab." Diesen Punkt stellt auch WTCC-Pilot Mehdi Bennani heraus. "Die bisherige Streck in Marrakesch war sehr gut, für die Zuschauer aber möglicherweise etwas zu lang. Sie konnten nicht das gesamte Rennen verfolgen."
Die bessere Show für die Zuschauer war jedoch nur ein Grund für den Neubau des Kurses. Durch die neue Streckenführung werden die Anlieger im Hotelviertel der Stadt nun weit weniger in Mitleidenschaft gezogen als bisher. "Bei der alten Strecke dauerte der Aufbau sieben Wochen, der Abbau rund drei Wochen. Sie führte um insgesamt 16 Hotels, fünf oder sechs Nachtclubs und 20 Restaurants herum", listet Horma auf.
Anlieger werden deutlich entlastet
Zehn Wochen Bauarbeiten, eingeschränkte Zufahrtswege und Dreck vor der eigenen Türe kamen bei den Inhabern nicht gut an. "Sie wollten zwar die Veranstaltung nicht verlieren, haben uns aber immer unter Druck gesetzt, damit wir die negativen Auswirkungen verringern, die durch den Auf- und Abbau der Rennstrecke entstehen", sagt Horma. "Nun können wir Rennveranstaltungen durchführen, ohne jemanden zu stören." Dementsprechend positiv seien vor Ort die Reaktionen auf die Umbaupläne gewesen.
Das alles hat allerdings seinen Preis. "Die neue Strecke kostet etwa 1,7 Millionen Euro", sagt Promoter Horma. "Das teilen sich etwa zu gleichen Teilen die Regierung und der Promoter auf. Die Regierung kümmert sich um den südlichen Teil der Strecke, der sich auf öffentlichen Straßen befindet. Wir als Promoter tagen die Kosten des nördlichen Teils rund um das Fahrerlager."
Der Umbau des Circuit Moulay El Hassan kommt nicht nur der WTCC zu Gute. Neben der Rennstrecke für die Tourenwagen-WM entsteht auch eine 1,8 Kilometer lange permanente Variante, bei der es sich im wesentlichen um die Schleife rund um das Fahrerlager handelt. "Dort können wir Tests und Veranstaltungen durchführen und den Motorsport weiterentwickeln", sagt Horma.
Permanente Streck für den marokkanischen Nachwuchs
Von der ersten permanenten Rennstrecke in Marokko überhaupt, verspricht sich der Promoter nicht nur eine Stärkung der lokalen Wirtschaft, sondern auch einen Schub für die Entwicklung des Motorsports in dem Land. "Jungen Fahrern, die so wie Mehdi Bennani werden wollen, mussten wir bisher sagen: Es gibt nichts. Selbst erfahrene Piloten hatten in Marokko keine Trainingsmöglichkeiten", beschreibt Horma den bisherigen Ist-Zustand, der nun durch den permanenten Kurs, der auf eine Kartstrecke enthält, beseitigt wird.
Bei WTCC-Serienchef Francois Ribeiro rannten die Verantwortlichen aus Marrakesch mit ihren Plänen offene Türen ein. "Ich habe Aly schon immer gesagt: Wenn er den Motorsport in Marokko weiterentwickeln und auf ein neues Niveau bringen will, muss er den nächsten Schritt machen. Und der nächste Schritt besteht darin, etwas Permanentes zu bauen, auf dem man das ganze Jahr lang Motorsport-Aktivitäten durchführen kann", sagt er. "Man braucht Trainingsmöglichkeiten für die nächste Generation marokkanischer Fahrer, um Nachfolger von Mehdi Bennani zu finden. Daher freue ich mich über das, was in Marrakesch passiert: Für die WTCC, aber auch für den Motorsport insgesamt."