Die sichere Titelverteidigung vor Augen, schenkt Jose-Maria Lopez seinem Teamkollegen Yvan Muller den Sieg im Hauptrennen der WTCC von Motegi
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"Jose-Maria Lopez ist der Ayrton Senna der Tourenwagen" - mit diesen Worten hatte Tom Chilton den nun dreimaligen Tourenwagen-Weltmeister im Mai dieses Jahres nach seinem Doppelsieg auf der Nürburgring-Nordschleife geadelt. Und seit dem gestrigen Sonntag trifft dieser Vergleich noch etwas besser zu. Im Hauptrennen der WTCC lag Lopez lange klar auf Siegkurs, ging dann aber zwei Runden vor dem Rennende in der Gewissheit, dass auch ein zweiter Platz die vorzeitige Titelverteidigung perfekt machen würde, vom Gas und überlies seinem Teamkollegen Yvan Muller den Sieg.
Eine vergleichbare Geste hatte die Motorsportwelt schon einmal 1991 beim Grand Prix von Japan in der Formel 1 erlebt. Damals führte Ayrton Senna das Rennen an, und wie gestern wusste auch der Brasilianer damals, dass ihm Platz zwei zum dritten WM-Titel reichen würde. Also stieg Senna in die Eisen und schenkte seinem McLaren-Teamkollegen Gerhard Berger den Sieg.
"Solch eine Geste erlebt man im Motorsport nur selten", ist sich Muller der Bedeutung des Moments bewusst. "Ich glaube das zeigt, welcher Teamgeist bei Citroen herrscht." Doch war es nun Teamgeist oder vielmehr Teamorder? Denn durch den Platztausch feierte Muller nicht nur seinen ersten Saisonsieg, sondern zog im Kampf um Platz zwei in der Meisterschaft auch mit Tiago Monteiro (Honda) gleich.
Muller stellt jedoch klar: "Es war keine Teamorder. Und selbst wenn es so gewesen wäre, sehe ich darin kein Problem, denn wir sind nun einmal Fahrer des Teams." Auch Lopez seinerseits versichert. "Das war meine Entscheidung, die aber nicht einfach war", so der WTCC-Champion des Jahres 2016. Zum einen wehrte sich der Wettkämpfer in ihm gegen den Verzicht auf einen Sieg. "Es fiel mir nicht leicht, einen Sieg herzuschenken. Ich wollte gewinnen und meine Nationalhymne auf dem Podium hören."
Weiterhin war sich Lopez der Tatsache bewusst, dass er dadurch Einfluss auf den Verlauf der Meisterschaft nimmt, zumal Monteiro unmittelbar hinter Muller fuhr. "Ich wusste, dass sie um die Position in der Meisterschaft kämpfen und wollte mich dort nicht einmischen." Doch schlussendlich siegte in ihm der Wunsch, Muller für die gemeinsamen Jahre bei Citroen zu denken.
"Es war in erster Linie eine Geste Yvan gegenüber. Ich wollte ihm damit meinen Respekt erweisen. Er ist ein großartiger Champion und ein toller Teamkollege", erklärt Lopez. "Für mich ändert sich dadurch nichts, und ich weiß nicht, wie oft ich noch die Möglichkeit habe, mich auf diese Weise bei ihm zu bedanken. Das sagt mehr als ein Wort."
Allerdings war sich Lopez nicht ganz sicher, ob seine Geste auch wie erwartet beim Franzosen ankommt. "Ich hoffe, er versteht es nicht falsch. Deswegen fiel mir die Entscheidung schwer, ich dachte, er könne es als respektlos auffassen." Doch das tat Muller nicht. "Das war eine nette Geste, hoffentlich macht er das noch öfter", lacht er. "Wir haben im Laufe des Wochenendes über diese Möglichkeit gesprochen. Manchmal ist es auch anders herum. In Argentinien hatte ich entschieden, ihm zu helfen. Diese Hilfe wollte er mir nun danken."