Die Entscheidung um die Titelvergabe in der Fahrerwertung ist noch lange nicht gefallen: Wer hat im Saison-Endspurt das beste Nervenkostüm?
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Vier Rennen, drei Piloten und ein großes Ziel: der WM-Titel in der Fahrerwertung der WTCC. Darauf haben es die drei Chevrolet-Piloten Rob Huff, Alain Menu und Yvan Muller im Endspurt der Saison abgesehen. Und in Schanghai könnte am Wochenende bereits eine Vorentscheidung fallen. Denn während Muller und Huff punktgleich vorn liegen, hinkt Menu nach wie vor ein bisschen hinterher.
Einen Fehltritt darf sich der Schweizer nun also nicht mehr leisten. Ansonsten fährt der WM-Zug sehr wahrscheinlich ohne ihn ab. Dessen ist sich Menu aber bewusst: "Es dürfte schwierig werden. Bei nur noch vier ausstehenden Rennen sind 38 Punkte natürlich eine Menge Holz. Ich gebe aber nicht auf. Mein Ziel für China lautet, den Rückstand weiter zu verringern. Ich habe da ja keine andere Wahl."
Wenn er im Titelrennen bleiben wolle, müsse er seinen WM-Rivalen in Schanghai "weitere zehn bis zwölf Punkte" abnehmen, meint Menu. "Sollte mir das gelingen, dann habe ich in Macao noch eine Chance. Und dort kann bekanntermaßen alles passieren." Wie Huff aus Erfahrung weiß. Der Brite siegte 2011 gleich in beiden Läufen auf dem Guia Circuit von Macao, scheiterte aber in der WM.
Deshalb sinnt Huff in diesem Jahr auf Rache: "Yvan und ich sind weiterhin punktgleich. Nach bereits 20 Rennen ist das schon eine sehr knifflige Situation. Ich will ihm den Titel aber abnehmen", erklärt der langjährige Chevrolet-Pilot. "Meine Ausgangslage, um den Sieg davonzutragen, war noch nie so gut wie dieses Mal. Ich bin fest entschlossen, viele Punkte zu machen, damit ich ihn schlagen kann."
Doch Muller lassen diese Kampfgebärden kalt. "Die Situation in der Gesamtwertung ist nach wie vor perfekt - und aufregend. Ich finde das gut", sagt der Franzose, scheinbar unbeeindruckt von seiner teaminternen Konkurrenz. "Es macht die beiden noch ausstehenden Wochenenden nur noch spannender. Und ich denke nicht, dass es schon mal einen so engen Titelkampf in der WTCC gegeben hat."
"Ich will daher in Schanghai einfach nur so viele Punkte wie möglich holen", meint Muller und merkt an: "Es wäre klasse, mit einem Punktevorsprung zum letzten Rennen nach Macao zu reisen. Das würde mir meine Aufgabe einfacher machen." Vor allem, weil Huff als ausgemachter Macao-Spezialist gilt. Seit 2008 hat der Brite jedes Mal mindestens eines der Stadtrennen für sich entschieden.
Und er geizt nicht mit Prognosen zum weiteren Verlauf der Meisterschaft: "Yvan und ich mögen Freunde und Teamkollegen sein, doch an den kommenden Wochenenden werden wir sicher nicht zimperlich miteinander umgehen", sagt Huff. Damit würden die Chevrolet-Piloten ein ganz neues Kapitel aufschlagen. Bisher wurden die teaminternen Duelle nämlich meist sehr zurückhaltend geführt.
"Unsere Fahrer machen das sehr professionell", hatte Chevrolet-Betriebsdirektor Stuart Cowie nach den Rennen in Suzuka betont. Eine falsche Scheu brauchen Muller, Huff und Menu aber trotzdem nicht an den Tag zu legen: "Sie dürfen gegeneinander fahren. Wir wollen aber, dass sie fair miteinander umgehen. Das haben wir 2012 schon zur Genüge gesehen", meint Ron Hartvelt.
"Wir hoffen, das setzt sich bis zum Schluss so fort. Mit dem sauberen Kampf unserer Piloten in Suzuka waren wir sehr zufrieden", sagt der Chevrolet-Projektleiter. Er erwarte allerdings, dass die Titelstreitigkeiten in Schanghai etwas an Fahrt aufnehmen. "Dort können wir mehr Action erwarten, weil es eine komplett andere Strecke ist als Suzuka. Überholen sollte kein Problem darstellen."
Was den Chevrolet-Kommandostand aber möglicherweise in die Bredouille bringt, wenn es die Herren Muller, Huff und Menu etwas zu lebhaft angehen lassen. Doch Hartvelt winkt ab: "Wir haben vollstes Vertrauen in unsere Piloten. Sie sind harte, aber faire Rennfahrer." Man werde es dem Fahrertrio überlassen, die WM auf der Strecke auszufechten. "Sie können frei fahren", erklärt Ray Mallock.
Das Chevrolet-Teamoberhaupt und seine Mannschaft werden in Schanghai und in Macao dafür sorgen, dass alle Drei optimal vorbereitet an den Start gehen können. "Sie erhalten absolut gleichwertiges Material", sagt Mallock. "Es wird sicher ein sehr aufregender Wettbewerb. Und ich glaube, es entscheidet sich erst ganz am Schluss." Also in Macao. Wo einfach alles passieren kann ...